Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – UK – besondere Landschaften

Wir sind als Backpacker mit dem Zug und einem Interrail-Ticket durch England, Schottland, Wales und Nordirland unterwegs gewesen. Eigentlich gehörte der Giants Causeway auch unter die Kategorie der außergewöhnlichen Landschaften, aber wegen seiner Bedeutung für Nordirland habe ich ihm einen eigenen Beitrag gewidmet. Die folgenden Welterbestätten umfassen jeweils große Gebiete, die eigentlich eher zur Erkundung mit dem Auto oder aber zu Wanderurlauben geeignet wären. Wir haben uns bei unserer Rundreise deshalb nur einige repräsentative Orte in diesen besonderen Landstrichen ausgewählt, die wir mit der Bahn erreichen konnten.

Aus Nordirland zurück kommend, haben wir für einige Tage unsere Zelte im hübschen Newcastle upon Tyne aufgeschlagen und von hier aus die Welterbestätten in der näheren und weiteren Umgebung besichtigt. Unser erstes Ziel war Windermere, ein hübsches Städtchen im Lake District und ganz nebenbei die Wahlheimat von Beatrix Potter (sicher einigen bekannt durch ihre Häschenbücher).

Der Lake District ist ein in sich geschlossenes, landschaftlich besonders schönes und harmonisches Berggebiet im Nordwesten Englands. Seine engen, vergletscherten Täler mit ihren steilen Hängen und schlanken Seen gehen von einem Zentralmassiv aus. Die traditionelle agropastorale Landnutzung in der Berglandschaft (gemeinsame Weidewirtschaft relativ unabhängiger Landwirte) basiert auf lokalen Schafrassen. Die von Steinmauern umgebenen Felder und schroffen Wirtschaftsgebäude in der spektakulären Naturkulisse zogen seit dem 18. Jahrhundert Künstler und Besucher an und erzeugten einen Zustrom von Naturliebhabern und Romantikern. In der Folge entstanden prächtige Villen, romantische Gärten, aber auch neue Ideen über die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Die Verbindung der Wertschätzung einer malerischen Landschaft, die Fantasie, Kreativität und Geist fördert mit der Erkenntnis ihrer verschiedenen Bedrohungen führte zur Entwicklung des Naturschutzes und zur Gründung der National Trust-Bewegung, die sich vom englischen Lake District auf viele Länder ausbreitete und letztlich zur Entstehung des modernen Konzepts gesetzlich geschützter Landschaften beitrug. Der englische Lake District steht seit 2017 auf der UNESCO-Welterbeliste und damit unter besonderem Augenmerk und Schutz.

Schon vom Zug aus sind vor dem Hintergrund der Berge die vielen Schafherden auf ihren mit Steinmauern eingezäunten Weiden zu sehen. Bereits am Bahnhof von Kendal sehen wir Plakate von der schönen Landschaft, die uns erwartet.

Wir wandern vom Bahnhof in Windermere durch eine blühende Gartenhaussiedlung zum See. Von nobel bis romantisch verwunschen, die Gärten erstrahlen in Frühlingsblütenpracht.

Um den See führt ein Wanderweg durch den Wald, eine kleine Fähre bringt die Besucher an die andere Uferseite. Wir kommen vorbei am Bootsmuseum sowie die Beatrix Potter- Ausstellung. Man kann Paddelboote ausleihen und am Hang mit Blick auf den See trohnt die herrschaftliche Villa.

Die Ortsmitte um den kleinen Hafen zeugt von alter Tradition und über hundert Jahren romantischem Tourismus. Obwohl es noch Vorsaison ist, sind auf den Straßen und Plätzen viele Besucher unterwegs, drängen in den Boutiquen oder sitzen vor den Restaurants und Cafés in der Sonne.

Wir besuchen die kleine alte, schön bemalte Kirche und gönnen uns Cornische Pasteten mit Blick auf den See. In der schmalen Kirchgasse entdecken wir die ehemalige Postpferdestation.

Die Pensionen entlang der Straße Richtung Bahnhof strotzen vor englischer Gemütlichkeit und wir vermuten, gleich Miss Marple mit ihrem Hütchen aus einer der Türen treten zu sehen. Hier ist unser kleines Video.

Eine Fahrt in den Lake District garantiert ein romantisches Naturerlebnis. Schon ein Tagesausflug nach Windermere ist Balsam für die Augen und die Seele. Wer individuellere Möglichkeiten des Reisens hat, sollte auf jeden Fall hier mehr Zeit verbringen und wandern gehen und die Annehmlichkeiten der Ausflugsorte oder die Ruhe der Dörfer genießen. Die “Welt der Beatrix Potter” soll ein wunderbares Familienmuseum sein.

Wer träumt nicht davon, einmal selbst an den Schauplätzen der Rosamunde-Pilcher-Filme zu stehen?

Aber eigentlich waren es nicht die malerischen Klippen, die diesen Küstenabschnitt zum Welterbe machten, sondern die Fossilien, die darin gefunden wurden (hier gibt es ein Einführungsvideo).

Die Küste von Dorset und East Devon steht seit 2001 auf der UNESCO-Welterbeliste. Sie beherbergt eine große Anzahl geologischer und geomorphologischer Aufschlüsse und Fossilfundstellen als Zeugnisse aus etwa 185 Millionen Jahren Erdgeschichte. Dieser Küstenabschnitt wird seit über 300 Jahren geowissenschaftlich untersucht und gilt bis heute unter Geologen und Geomorphologen als einer der bedeutendsten Lehr- und Forschungsstandorte der Welt.

Da wir mit dem Zug reisten, waren wir an dessen Strecke gebunden und hatten unsere Ziele in Dorset und Cornwall dementsprechend ausgewählt.

Schon die Fahrt entlang der Küste war ein Erlebnis, denn die Schienen führen teils unmittelbar am Ufer entlang.

Wir hatten uns für einige Nächte in einer Campinghütte in Dawlish Warren eingemietet.

Dawlish Warren ist ein typischer Sommerurlaubsort mit Strand, Rummel und einer roten “Hausklippe”.

Unser Ausflug führte uns nach Weymouth zur Jurassic Coast.

Die Klippen selbst waren zu Fuß zu weit entfernt, aber die Chesil Beach gut mit einer Wanderung entlang der Küste erreichbar.

Chesil Beach ist ein 29 km langer, etwa ist 200 m breiter und 15 m hoher Kieswall, der ab der Isle of Portland zunächst an den Klippen verläuft und später bei Weymouth die Lagune The Fleet vom Meer abtrennt (s.Karte). Die Kiesel sind von erbsengroß bis zur Größe einer Orange. Laut geomorphologischen Untersuchungen von 2009 entstand diese Formation durch eine Eiszeit vor etwa 125.000 Jahren, die den Meeresspiegel sinken und das Geröll ablagern ließ. Als der Meeresspiegel später wieder stieg, weil das Eis zurückging, konnte der entstandene Wall kaum noch abgetragen werden. Heute befindet sich hier ein Naturreservat und im Info-Pavillon wurden verschiedene Tierbeobachtungstouren angeboten.

Wir haben eine wunderbare, wenn auch recht anstrengende Wanderung auf der Kieslandschaft unternommen, zwischen Blumen und Bienen, im Hintergrund die hohen Klippen. Ein Ort, an dem man buchstäblich die Seele baumeln lassen kann.

Zum Abschluss bummelten wir dann durch die hübsche Hafenstadt und entdeckten nicht nur ein altes Forts am Hafen, sondern entlang des Strandes einige schöne Zeitzeugen aus den Anfängen des Seebadtourismus. (Video)

Auch wenn der wissenschaftliche und erdgeschichtliche Wert der Küste von Dorset für die Besucher eher im Verborgenen oder auch in den Museen liegt, so ist die Landschaft doch ganz besonders reizvoll. Auf der einen Seite die Klippen, auf der anderen Eiszeit-Zeugnisse wie Chesil Beach oder aber aus jüngerer Geschichte die altehrwürdigen Seebäder, locken zurecht jedes Jahr viele Touristen an. Hier gibt es genug Gelegenheiten, ganz nach den persönlichen Vorlieben in die Landschaft einzutauchen. Sei es als Film-Fan, als Wanderer, Tierbeobachter oder Fossiliensucher – in Dorset findet jeder etwas, woran er sich zu Hause gerne erinnern wird.

Mehr zu unserem Interrail-Trip gibt es in Kürze hier und die gesamte UK-Welterbetour ist hier zusammengefasst.

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