Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – UK – Industriestandorte des 18. und 19. Jahrhunderts

Es liegt nahe, dass wir auf der Welterbetour im Ursprungsland der industriellen Revolution und im Land der großen Ökonomen und Vordenker auf verschiedene besondere und interessante Industriestandorte gestoßen sind.

Wir haben England, Schottland, Nordirland und Wales mit Zügen und einem Interrail-Ticket bereist. Nach einigen Tagen in London sind wir nach Schottland gefahren und haben danach verschiedene alte Industrieansiedelungen im Vereinigen Königreich besucht.

Die 1785 gegründete Muster-Textilindustrie-Siedlung New Lanark war ein Meilenstein in der Sozial- und Industriegeschichte und steht seit 2001 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Grundlage für die bahnbrechenden Veränderungen, die in den letzten zweihundert Jahren einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft hatten, bildeten die moralischen, sozialen und ökologischen Werte des utopischen Idealisten Robert Owen (1771-1858). In seiner Modell-Siedlung wandte Owen erstmals seine Form des wohlwollenden Paternalismus in der Industrie an und formulierte seine utopische Vision von einer Gesellschaft ohne Kriminalität, Armut und Elend. Die Siedlung bot eine Antwort auf die Herausforderungen der Industriegesellschaft und war der Prüfstand für Ideen, die darauf abzielten, die Lebensbedingungen der Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern. New Lanark lieferte den Beweis, dass die Schaffung von Wohlstand nicht automatisch die Degradierung seiner Produzenten mit sich bringt. Die von Wasserrädern angetriebenen Baumwollspinnereien waren von 1786 bis 1968 in Betrieb und um die Wende zum 19. Jahrhundert bildeten sie einen der größten Industriestandorte der Welt. Die von Owen entwickelten sozialen und wirtschaftlichen Systeme galten zu seiner Zeit als radikal, doch New Lanark inspirierte andere wohlwollende Industrielle, seinem Beispiel zu folgen. Die imposanten Mühlengebäude, die geräumigen und gut gestalteten Arbeiterunterkünfte sowie das Bildungsinstitut und die Schule sind noch immer erhalten und zeugen von Owens Humanismus. Hier ist das Einführungsvideo.

Wir haben New Lanark von Edinburgh aus besucht und dabei eine ordentliche Wanderung vom Bahnhof und später steil hinunter bis ins Mühltal zurückgelegt.

Dort umfing uns dann eine bestens erhaltene und auch aus heutiger Sicht sehr lebenswerte Siedlung. Am Fluss entlang, der die Mühlen speiste, führt ein Naturlehrpfad zum Wasserfall.

Dem Fluss folgend gelangten wir zum großen Mühlrad, das sich wie in alten Zeiten leise und beständig dreht. Hier ist unser kleines Video.

Die ehemaligen Fabrikgebäude beherbergen heute das Welterbezentrum, Ausstellungen, ein Café und ein Tagungshotel. Alle Gebäude und technischen Einrichtungen sind gut beschrieben, so dass sich der Rundgang sehr interessant gestaltet.

Die Häuser sind bewohnt und werden so, wie die umliegenden Plätze, zweckentsprechend genutzt. Dadurch entsteht eine gelungene Mischung von Nutzung zu Wohn- und Arbeitszwecken und Ausstellung. Das ist sicher einer der Gründe, warum sich die alte Fabriksiedlung so nahezu perfekt präsentiert.

Interessant fand ich an den Plätzen der nicht mehr vorhandenen Gebäude die Beschreibungen und historischen Fotos.

Robert Owens Mustersiedlung stand durch Zufall am Beginn unserer Tour zu den Welterbestätten der historischen Industriestandorte. Dadurch haben wir gleich zu Anfang den Ausgangspunkt der beispielgebenden Ideen anschauen können. Wer sich für diese Thematik interessiert, sollte Lanark unbedingt besuchen und auf jeden Fall ausreichend Zeit mitbringen, um nicht nur den Standort an sich erleben, sondern auch die vielen Informationen und Einblicke, die es hier gibt, in Ruhe mitnehmen zu können.

Mit diesem Zitat verabschieden wir uns, gut eingestimmt auf die weiteren frühen Industriestädte in England und Wales, von der schottischen eindrucksvollen Siedlung des Vordenkers Robert Owen.

In Kürze geht es an dieser Stelle weiter mit den folgenden zum Welterbe zählenden Industriestandorten:

Das Industriedorf Saltaire ist ein herausragendes Beispiel für die Ideen des philanthropischen Paternalismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dafür steht es seit 2001 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Textilfabriken am Fluss Aire, die öffentlichen Gebäude und Arbeiterwohnungen sind in einem harmonischen Stil von hoher architektonischer Qualität erbaut worden und sind bis heute sehr gut erhalten. Das Ensemble besteht aus den außergewöhnlich großen und einheitlichen Salts Mill-Gebäuden und der New Mill, den Arbeiterunterkünften, der Kongregationskirche, dem Krankenhaus, der Schule, den Armenhäusern und Roberts Park. Saltaire lieferte das Vorbild für ähnliche Entwicklungen nicht nur Vereinigten Königreich, so z.B. in Crespi d’Adda in Italien. Die hier entwickelten Stadtplanungs- und sozialen Ideen hatten Einfluss auf die internationale Gartenstadtbewegung des 19. Jahrhunderts. Darüber hinaus zeugt Saltaire vom Stolz und der Macht grundlegender Industrien für die Wirtschaft Großbritanniens im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Hier geht es zum Einführungsvideo.

Wir haben Saltaire von Newcastle upon Tyne aus besucht. Schon auf dem Weg vom Bahnhof zur alten Fabrik kamen wir an einigen interessanten Gebäuden vorbei. Hier ist alles aus gelbem Sandstein und sieht dadurch besonders freundlich aus. Ein Hingucker ist die runde Kirche.

Der Kanla, der damals die Wasserkraft für die Mühlräder lieferte, gab sich heute morgen eher idyllisch, einige bunte Kähne lagen oder fuhren darauf und die Enten und Gänse waren erstaunt über uns frühe Besucher.

Über das Wehr hingegen schoss das Wasser noch wie damals. Die schmucken, in der Morgensonnen golden strahlenden Fabrikgebäude spiegelten sich im Wasser. Ein Teil von ihnen wird heute als Krankenhaus genutzt, ein anderer als Kunstgalerie und Shoppingcenter. In dieser Morgenidylle war schwer vorstellbar, dass hier einmal laute Produktion stattgefunden hat.

Gleich nebenan liegt Roberts Park, eine ebenso gepflegte und romantische Anlage und damals wie heute der “Park für die Bevölkerung”. Die bunten verzierten Bänke und der kleine Pavillon luden nicht nur uns zum Verweilen ein. Gegenüber spiegelte sich das alte Bootshaus im Wasser.

Auf unserer Runde durch die ehemaligen Wohnsiedlungen kamen wir an bunten Läden und später am Shipley College und der Victoria Hall vorbei. An den Häusern spürte man, wie überall in Saltaire, dass die Menschen offensichtlich gerne hier leben.

Die Victoria Hall, ein außen wie innen repräsentatives Bauwerk, steht auch heute allen Bewohnern des Stadt zur Verfügung, gerade fanden Seminare und Sportkurse statt.

Interessant waren ebenfalls das alte Krankenhaus und die benachbarte stilvolle, begrünte und gehobenere Wohnanlage. Hier ist mein kleines Video.

Bei einem Besuch von Saltaire erfährt man nicht nur eine große Menge Industriegeschichte und Vieles über soziales Engagement, sondern lernt gleichzeitig eine wunderschöne historische Gartenstadt kennen. Alle Gebäude und Einrichtungen in Saltaire sind genauso gut beschrieben, wie erhalten und genutzt. Und sowohl der Park, als auch ein Spaziergang am Kanal entlang, lohnen einen Ausflug nach Saltaire doppelt.

Und hier kommen später auf unserer Runde die weiten Industrie-Welterbestätten:

Wir hatten in Wales die historische Stadt Conwy mit ihrer mittelalterlichen Burgfestung besucht. Von dort unternahmen wir einen Tagesausflug nach Blaenau Ffestiniog, einem der repräsentativen Orte für den Schieferabbau.

Die Schieferabbaugebiete im Nordwesten von Wales stehen als jüngstes britisches Welterbe seit 2021 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die sechs dafür ausgewählten Industriestandorte wurden zwischen 1780 bis 1940 maßgeblich durch den Schieferabbau geprägt und dominierten mit einem Anteil von 33% die Weltproduktion von Dachschiefer und Architekturplatten. Der hier gewonnene hochwertige Schiefer wurde nicht nur für den Bau von Wohnhäusern und Fabriken, sondern vor allem in der Elitearchitektur, darunter an vielen der bedeutendsten herrschaftlichen Bauwerke in London, verwendet. Die großen Steinbrüche und Minen in der Region umfassen Bergwerke mit tiefen Gruben und höhlenartigen unterirdischen Kammern sowie riesigen Kaskadenhalden für den Abraum. Hier wurden neue Technologien entwickelt und angewendet, wie ausgeklügelte Wassersysteme zur Nutzung von Wasserkraft oder auch die erste bekannte Kreissäge zum Schneiden von Stein. Die Steinbrüche und Verarbeitungsstandorte wurden durch innovative Massentransport-Schmalspurbahnen mit den eigens dafür errichteten Exporthäfen an der Küste oder mit den Fernbahnen verbunden. All diese hier entwickelten Technologien fanden in der Folge internationale Verbreitung und Anwendung. Die Schieferproduktion veränderte die Landschaft, die Arbeit und das Leben. Es entstanden prächtige Anwesen der führenden Industriellen im Gebiet, aber vor allem Arbeitersiedlungen mit ihren charakteristischen Häusern, Kapellen und Kirchen, Schulen, Bibliotheken und Versammlungsstätten, die ihre Tradition und Sprache bewahrten.

Wir kamen mit dem Zug von Llandudno Junction und sahen gleich am Bahnhof ein Relikt der Vergangenheit – eine historische Schmalspurbahn, die heute Besucher zum Hafen Llandudno bringt und eine der Attraktionen von Blaenau Ffestiniog ist. Interessant war, die Schienen der beiden Spuren nebeneinander zu sehen. Die Reisenden saßen bereits, gut versorgt mit lokalen Sandwiches vom kleinen Bahnhofskiosk, in den histoischen Wagen und in der Lok brannte schon das Feuer, bis sie kurze Zeit später dampfend und pfeifend den Ort verließ. Es gibt mehrere schöne alte Loks, wie wir den Plakaten am Bahnhof entnehmen konnten.

Für uns hieß es erst einmal, durch den Ort und den Berg hinauf zum alten Bergwerk zu wandern, wo wir bei Zip World eine Führung durch die historischen Stollen gebucht hatten.

Hier am Steinbruch Llechwedd bietet der Veranstalter einige, meist sportliche oder Abenteuer-Events an, wie Seilbahnen über den Steinbruch oder die Adrenalin-Seilrutsche in die Tiefe.

Wir hatten die Deep-Mine-Tour gebucht, die mit einer Führung durch den Bergbau der Vergangenheit und einer Fahrt mit der steilsten Grubenseilbahn Europas warb. In der Wartezeit sahen wir uns bei einem Kaffee auf dem Grubengelände um – Schiefer, soweit das Auge reicht, historische Geräte und die Seilbahnen für den Besucherspaß.

In einer informativen Ausstellung bekamen wir Helme und Instruktionen, bevor es 150 m steil nach unten in die Tiefe ging. Eine Information brachte uns zum Schmunzeln – in Blaenau Ffestiniog regnet es täglich (das war auch der Grund, warum hier größtenteils mit Wasserkraft gearbeitet werden konnte) – bis auf drei Tage pro Jahr, von denen wir heute einen erwischt hatten.

In den nun folgenden 90 min konnten wir nicht nur die riesigen unterirdischen Hallen bestaunen, sondern sehr anschaulich viel darüber erfahren, unter welchen Bedingungen hier gearbeitet und mit welchen Werkzeugen, und zum Teil zum selbst probieren, im Laufe der Zeit der Schiefer gebrochen wurde.

Den Abschluss bildete eine Lichtshow in einer der großen Hallen, und zwar begleitet, was uns besonders berührt hat, von den Worten eines damaligen Bergmannes an seinen Sohn und einem Bergmannslied.

Ein stimmungsvoller, dem Ort angemessener Abschluss mit viel Respekt vor denen, die das alles hier geschaffen haben.

Auch der kleine Ort war einen ausführlichen Rundgang wert – Schieferhäuser und -mauern, alte Kirchen, im Hintergrund die Berge und Halden und überall viele Erinnerungen an die Zeit des Bergbaues.

Unser Besuch in Blaenau Ffestiniog hat unsere Erwartungen mehr als übertroffen. Die Führung durch die Mine war höchst informativ, zugleich unterhaltsam und stimmungsvoll sowie ungemein respektvoll vor den Leistungen der Bergarbeiter. Der kleine Ort selbst ist ebenfalls interessant und für alle, die ausreichend Zeit mitbringen, empfiehlt sich entweder ein Adrenalin-Kick am Steinbruch oder eine Wanderung durch die Berge oder auch eine gemütliche Fahrt mit der historischen Schmalspurbahn.

Die Schieferlandschaft von Wales gehört ganz oben auf die Must-See-List! Hier ist unser kleines Video.

Nach unserer Runde durch Wales besuchten wir in der Nähe von Birmingham den historischen Ort Ironbridge.

Das Ironbridge-Tal steht seit 1986 als Wiege der industriellen Revolution auf der UNESCO-Welterbeliste. Nachdem Abraham Darby I. hier im rohstoffreichen Tal des Flusses Severn 1709 die Technik des Schmelzens von Eisen mit Koks entwickelt hatte, begann die große Eisenrevolution des 18. Jahrhunderts. Noch heute sind die Überreste von zwei Hochöfen, den Bedlam Furnaces, die 1757 erbaut wurden, zu sehen. 1779 wurde von Abraham Darby III. die berühmte Brücke, die der Gemeinde ihren Namen gab, errichtet. Die Brücke über den Severn war die weltweit erste Brücke aus Eisen und beeinflusste daraufhin Architektur und Technologie. Das Tal von Ironbridge bietet heute mit Überresten von Bergwerken, Fabriken, Unterkünften von Eisenmeistern und Arbeitern und Transportsystemen umfangreiche Zeugnisse und einen eindrucksvollen Einblick in die Ursprünge der industriellen Revolution. In den Archiven lagern wichtige Informationen zu den Personen, Prozessen und Produkten, die die Entwicklung beeinflusst haben. Hier geht es zum Einführungsvideo.

Ironbridge ist ein Touristenzentrum. Vom nächstgelegenen Bahnhof fahren im Prinzip regelmäßig Busse, doch leider wurden wir hier Opfer eines der wenigen Fahrtprobleme auf unserer Rundreise. Dadurch hatte sich unsere Besuchszeit ungeplant reduziert und wir haben unseren Besuch auf die Ironbridge konzentriert. Gesehen haben wir einiges, aber leider nicht alles, was der Ort für seine Besucher zu bieten hat.

Auf unserem Weg vom Bus-Stop steil hinunter ins Tal lagen bereits einige sehenswerte Gebäude am Wege.

Unten am Fluss entdeckten wir das alte Bootshaus.

Und dann kam auch schon die imposante Brücke ins Blickfeld. Wir bemühten uns, einen Standort zu finden, von dem man sie unversteckt und in Gänze fotografieren konnte. Aber auch die Details waren mehr als einen genauen Blick wert.

Auf der anderen Seite befindet sich das Museum.

Der Ort liegt am Hang und ist mit historischen Gebäuden, bunten Läden und Pubs und weiteren Museen auf seine Besucher bestens vorbereitet. (Video)

Ironbridge ist ein spannender historischer Industriestandort, in dem neben der beeindruckenden Brücke noch Vieles zu entdecken ist. Es gibt neben den historischen Standorten zwei Museen im Ort und zusätzlich das Open Air Museum Blists Hill Victorian Town, in dem das Leben in einer viktorianischen Stadt präsentiert wird. Leider ist der Ort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gut erreichbar und bei aller Mühe, die sich der Ort mit der Präsentation seiner Geschichte gibt, ist der Blick auf die imposante Ironbridge durch private Grundstücke am Ufer ziemlich verbaut.

Trotz alledem, wer in Birmingham und Umgebung unterwegs ist und ein wenig Industriegeschichte erfahren möchte, sollte Ironbridge nicht auslassen.

Und ganz nebenbei bemerkt – Birmingham hat einen der schönsten Bahnhöfe!

Da wir mit dem Zug reisten, waren wir an dessen Strecke gebunden und hatten unsere Ziele in den flächenhaften Welterbestätten von Dorset und Cornwall dementsprechend ausgewählt.

Schon die Fahrt entlang der Küste war ein Erlebnis, denn die Schienen führen teils unmittelbar am Ufer entlang.

Wir hatten uns für einige Nächte in einer Campinghütte in Dawlish Warren eingemietet.

Unser Ausflug an die wunderschöne Küste von Dorset war ein Erfolg, doch der in die Bergbaulandschaft von Cornwall war einerseits von Regen überschattet, andereseits für einen Besuch mit öffentlichen Verkehrsmitteln denkbar ungeeignet.

Die Bergbaulandschaften von Cornwall und West-Devon stehen seit 2006 auf der UNESCO-Welterbeliste. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden hier Kupfer (zwei Drittel der weltweiten Produktion) und Zinn abgebaut. Die hier entwickelte innovative Technologie, die in Hochdruckdampfmaschinen und anderen Bergbaugeräten zum Einsatz kam, wurde in die ganze Welt exportiert, zeitgleich kamen Minenarbeiter in die traditionellen kornischen Bergbaugemeinden. All das führte zu tiefgreifenden technischen und sozialen Veränderungen. Die Welterbestätte umfasst zehn Gebiete mit vielfältigen Zeugnissen aus der Zeit von 1700 bis 1914, wie Überreste von Minen, Maschinenhäusern, Kleinbauernhöfen, Häfen, Kanälen, Eisenbahnen, Straßenbahnen und mit dem Bergbau verbundenen neuen Städten und Dörfern. Hier gibt es ein interessantes Einführungsvideo.

Wir hatten uns mit der Planung Mühe gegeben und den Ort Gunnislake mit einigen alten Minen und dem Tamar Valley Center als geeigneten Standort an der Bahnlinie gewählt.

Schon die Ankunft in Gunnislake ließ nichts Gutes erahnen.

Wir zogen also die Regenjacken fester zu und wanderten zur Hingston Down Mine, wo wir klitschnass ankamen und dies entdeckten.

Das Landschaftszentrum, in dem wir Informationen und einen Platz zum Trocknen erhofften, hatte trotz Öffnungszeit geschlossen. Daneben befand sich, recht zugewachsen, die alte Drakewells Mine.

Da es im Ort kein Restaurant o.ä. gab, verbrachten wir die Wartezeit auf den Zug im Supermarkt der Tanke, bei einem heißen Kaffee und vor dem Stand mit den warmen Gerichten.

Die kornischen Bergbaustandorte sind sicher ein interessantes Welterbe für speziell Interessierte, für alle anderen eher die Suche nach Lost Places oder romantisch verwunschenen Ruinen. Schade, dass es offenbar kein Infocenter gibt und auch Wegweiser entlang der Straße fehlen. Wenn man sie einmal gefunden hat, sind die einzelnen Standorte dann vor Ort recht gut beschrieben, so dass man sich erschließen kann, was sich hier einst befand. Aber auch ohne Regen sollte jeder, der dieses Welterbe umfassender anschauen möchte, unbedingt mit dem Auto unterwegs sein und vorher seine Karte mit genauen Standorten präpariert haben.

Von Bath aus, wo wir mehrere Tage verbrachten, unternahmen wir einen Abstecher zurück nach Wales ins Bergbaugebiet von Blaenavon. Der Ort ist mit Bahn und Bus erreichbar, doch die Fahrt dauert recht lange, da der Bus alle Dörfer auf der Strecke in die Berge anfährt. So hatten wir zwar vor Ort nicht viel Zeit, der Besuch hat sich trotzdem gelohnt.

Die Landschaft um Blaenavon steht seit 2000 auf der UNESCO-Welterbeliste. Sie ist ein außergewöhnliches Zeugnis der Eisenherstellung und des Kohlebergbaus im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, deren parallele Entwicklung eine der dynamischen Kräfte der industriellen Revolution war. Die wichtigsten bis heute erhaltenen Stätten sind die Blaenavon-Eisenhütte (von ca. 1789), die die wichtigsten Impulse für den Bergbau und die Besiedelung in der Region lieferte, und Big Pit, das letzte hier in Betrieb befindliche Tiefkohlebergwerk. Der Komplex von Blaenavon beherbergt daneben alle Komponenten des Industrialisierungsprozesses: Kohle- und Erzbergwerke, Steinbrüche, ein primitives Eisenbahnsystem und einen Kanal, Hochöfen, Arbeiterunterkünfte, die Schule und die soziale Infrastruktur der frühen Industriegemeinde. Die Stadt Blaenavon ist die am besten erhaltene Eisenstadt ihrer Zeit im Vereinigten Königreich und spiegelt eindrucksvoll die besondere Kultur wider, die sich in den Eisenverarbeitungs- und Kohlebergbaugebieten der South Wales Valleys entwickelt hatte. Zu den bemerkenswerten Gebäuden gehören die St. Peter-Kirche (1804 von den Eisenmeistern erbaut), die Blaenavon Workmen’s Hall (1894 durch Arbeiterbeiträge finanziert) und die St. Peter’s School (1816 von Sarah Hopkins, der Schwester des Eisenmeisters, gegründet). In der Schule entstand dann auch das erste Welterbe-Interpretationszentrum des Vereinigten Königreichs. Die Landschaft von Blaenavon ist eines der besten Gebiete der Welt, in dem der gesamte soziale, wirtschaftliche und technologische Prozess der Industrialisierung durch die Eisen- und Kohleproduktion untersucht und verstanden werden kann. Hier geht es zum Einführungsvideo.

Vom Bus aus sahen wir die Stadt zwischen den Bergen liegen und Hinweise auf die alten Industriestätten.

Unser erstes Ziel war die alte Eisenhütte. Was uns hier auffiel, war der Stolz auf die Industriedenkmäler der Gegend, die erhaltenen Auszeichnungen und den Welterbetitel.

Auf dem Gelände der Hütte sind die alten Anlagen zu besichtigen, alles ist gut beschrieben. Hier haben wir sehr bedauert, nicht ausreichend Zeit für eine Führung gehabt zu haben.


Es gab hier auch einige Arbeiterunterkünfte zu besichtigen.

Ein echtes Highlight im Ort ist das Welterbezentrum, das in der alten Schule untergebracht ist. Hier gibt es eine umfassende, interessante und spannende Ausstellung mit Filmen, Modellen, Mitmachaktionen, Zeitstrahlen und Beschreibungen der Komponenten des Industriestandortes, der bedeutenden Personen und der verschiedenen Aufgaben in der Eisen-Stadt.

Viel zu früh hieß es dann, noch einige Blicke auf die bedeutsamen Gebäude im Ort zu werfen und sich von diesem interessanten Ort zu verabschieden.

Wenn man sich mit der Industriellen Revolution in England beschäftigen möchte, gehört ein Besuch von Blaenavon ganz oben auf die Liste. Hier gibt es interessante Industrie- und Bergwerksanlagen zu besichtigen und im Welterbezentrum werden die Grundlagen und Zusammenhänge spannend und anschaulich vermittelt. Man sollte auf jeden Fall einen Tag für die Besichtigung einplanen. Für uns war der Besuch in Blaenavon eine echte und sehr positive Überraschung.

Mehr zu unserem Interrail-Trip gibt es in Kürze hier und die gesamte UK-Welterbetour ist hier zusammengefasst.

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