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5 Stunden in Frankfurt

Als Leipzigerin und damit auch Buchmesse-Fan kannte ich Frankfurt vor allem so: Business-Leute, Geld und ein großer Flughafen … achja, drumherum ist immer Stau. Ich hatte nie das definierte Bedürfnis, mir diese Stadt einmal anzuschauen. Nun hatte ich aber ein wenig Wartezeit rumzubringen und war in der Nähe, da schien es mir dann doch, als könnte ich die Zeichen nicht länger ignorieren. Also hopp in die S-Bahn gestiegen und auf Richtung Frankfurt am Main Hbf. 

    (ACHTUNG! Da man sich die regionalen Verkehrsbetriebe ungefähr wie „Deutschland im Mittelalter“ *O-Ton einer Bahnangestellten* vorstellen kann, in der jeder sein eigenes macht, ist es an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass man in den S-Bahnen des RVG keine Fahrkarten kaufen kann! Lieber ein paar Extraminuten bei der Zugverbindung einplanen für den Kartenkauf oder die App nutzen … apropos Internet – am WLAN haben die Verkehrsbetriebe nicht gespart!) 

Aus der Bahn und aus dem Bahnhof raus fühle ich mich in all meinen Vorurteilen bestätigt und sogar die wenigen positiven Erwartungen werden enttäuscht – das Bahnhofsviertel wie auch der Bahnhof sind nun wirklich kein Genuss für irgendeinen meiner fünf Sinne. Dafür sind die Damen in der Touristeninformation sehr freundlich und sagen mir glücklicherweise auch gleich, wie ich am schnellsten aus diesem Viertel des Zentrums raus und ins „neue alte Stadtzentrum“ komme.

Einfach entlang der Kaiserstraße und zwischen den gläsernen Hochhäusern hindurch, schon bin ich an der alten Wache. (Wer also nicht unbedingt am Bahnhof aussteigen muss, dem empfehle ich, erst hier den U-Bahn-Schacht zu verlassen.) Dabei wird die Stadt mit jedem Meter schöner, auf der Straße wird ein Blumen-Feinkost-Imbiss-Markt aufgebaut (es ist 8 Uhr morgens an einem Donnerstag) und nach ca. 10 Minuten erreiche ich die Wolkenkratzer, passend hält neben mir ein Porsche und ich sehe das Panorama, das ich erwartet hatte. Die Sonne und die Schäfchenwolken spiegeln sich im Glas der Türme und im Metall der abstrakten Statuen vor mir auf der Wiese. Ein Zeitungskiosk verkauft die Wirtschafts-Journale der Woche. Es mag nicht jedermanns Sache sein, aber das Bild ist in sich stimmig.

Hier ist auch der „Main Tower“, der mit einer Aussichtsplattform und auch einem Restaurant an seiner Spitze lockt, als ich später am Tag dafür zurückkomme und den Ansturm von Touristen sehe, verkneife ich mir allerdings die fünf Euro Eintrittsgeld für die Plattform. Wer da also hoch will, sollte Wartezeit einplanen und eventuell auch unterschiedliche Zeiten ausprobieren. 

Ich habe für Februar ungewöhnlich Glück mit dem Wetter und vor allem den Temperaturen – zwischendurch will ich mich aber doch kurz aufwärmen … und wo geht das besser als umgeben von Büchern und mit einem Zimtkaffee in den Händen? Frostbeulen-Städtereise-Tipp von mir ist Hugendubel.

Weiter geht’s in Richtung Zentrum – vorbei am Steigenberger Hotel und mehreren Starbucks zur Alten Wache. Die ist ein Restaurant und Café und liegt auf einem Platz direkt neben der Einkaufsstraße „Zeil“. Futuristische Architektur beherbergt hier alle Läden von Hugendubel bis H&M, von Conrad bis C&A. Da will ich jetzt aber nicht hin, sondern ich biege nach rechts ab in Richtung Paulskirche. Die Pappeln auf dem Platz davor sind gestutzt und ihre Äste, die in Keulen enden, geben einen hübschen Kontrast zur schmucklosen Paulskirche. Diese beeindruckt nicht durch die häufig in Kirchen gesehene Opulenz und Protzigkeit, sondern mit ihrer verantwortungsschweren  Vergangenheit: Hier wurde 1949 von der Frankfurter Nationalversammlung die sogenannte „Paulskirchenverfassung“ erstellt, als Verfassung für den Bundesstaat Deutschland – auch wenn sie dann nicht in Kraft trat, ein gigantischer Schritt für die Demokratie. Drinnen ist eine Ausstellung zur Geschichte der Gemäuer und einmal die Treppe hoch kann man auch den Plenarsaal ansehen. 

Daneben der „Römer“, wie die Eingeborenen ihr Rathaus nennen, und ihm gegenüber Justizia, die mit verbundenen Augen und mit Schwert und Waage bestückt die Demokratie symbolisiert. Ab hier kann man erkennen, warum es eine „neue Altstadt“ ist. Die im Krieg zerbombten Häuser wurden rekonstruiert und das mit Erfolg. Hier fühle ich Fachwerk-Narr mich wohl. Entlang der bunten Häuser laufe ich über den Marktplatz in Richtung Mainkai. Vorbei an mittelalterlichen Häusern aus rotem und gelben Backstein (eins davon beherbergt das Historischen Museum) zwischen die sich ein gläserner Bau schmiegt, der zur Evangelischen Akademie gehört. Ein Künstler bietet niedliche Figuren feil, die er aus Besteck geformt hat. 

Dann steige ich schon die Stufen zum „Eisernen Steg“ hinauf, eine – wer hätte es gedacht – eiserne Fußgängerbrücke über den Main, von der man einen wunderbaren Blick über die wechselhafte Silhouette der Stadt hat … direkt am Ufer sind die Mittelalterbauten, dahinter die gläsernen Wolkenkratzer und mittendrin blitzen die Spitzen und Kuppeln von Kirchen hervor. All das und der Main und natürlich die Vorhängeschlösser, die Liebespaare überall ans Geländer gehängt haben, glitzern im Licht der Februarsonne …  

Am anderen Ufer wird samstags ein hübscher kleiner Flohmarkt aufgebaut.  

Weiter gehts ans östliche Ende der neuen Altstadt zum Dom – man kann für fünf Euro den Turm erklimmen und hat einen schönen Blick über die Stadt, gerade in dem Moment, in dem ich davor stehe, geht das aber leider nicht. 

Nicht tragisch, denn langsam meldet sich mein Magen und ich mache mich lieber auf die Suche nach Nahrung. Eine Freundin empfiehlt das „Bitter&Zart“, aber mir ist jetzt erstmal nach etwas Herzhaften. Vom Dom aus in Richtung Zeil (niedlicherweise heißt die Straße „Hasengasse“) bieten sich mir ein paar vielversprechende Optionen: Der Naschmarkt am Dom zur rechten, ein paar Fischrestaurants und -imbisse, dann sogar ein Markthalle, wie ich sie in Frankreich so liebe und zu guter Letzt springt mir eine Neueröffnung ist Auge: Paolo macht italienische Spezialitäten. Von Lasagne bis Espresso ist alles da – zum Mitnehmen kann man sich frittierte Bälle bestellen – gefüllt mit Mozarella, mit Bolognese, mit Ricotta und Spinat – und die sind ein Gedicht! Ich komme überhaupt nicht mehr davon los. 

Zu guter Letzt will ich mir hier noch das MMK ansehen – das Museum für Moderne Kunst. Ich bin weiß Gott kein großer Kenner und gebe zu, dass mir manchmal der Zugang fehlt, aber was dort gerade präsentiert wird, ist absolut sehenswert. In die große Ausstellung mit Werken von Cady Noland muss ich mich erst hineinfinden, es erschließt sich mir nicht alles von Anfang an, aber mit jedem Stockwerk und jedem Kunstwerk lerne ich ein wenig mehr über die Künstlerin und je tiefer ich einsinke, desto eindrucksvoller finde ich die Installationen.  

Gegenüber ist das Zollamt, auch dort ist ein Ausstellung, deren Besichtigung im Ticket inbegriffen ist. Hier stellt zur Zeit Bunny Rogers aus. Allein die Location ist der Wahnsinn und optimal genutzt. Da es nur ein Raum ist, will ich hier nicht zu viel darüber verraten – eine Reaktion kann ich euch aber nicht vorenthalten: Eine Gruppe von Grundschülern bekommt eine Führung und ein Junge ruft auf einmal „Ich dachte das wäre hier eine logische Ausstellung!“ 

Das waren meine fünf Stunden in Frankfurt – einige Klischees wurden erfüllt, mit all den hübschen Ecken und ganz einfach der schöpferisch-inspirierenden Grundstimmung, kann ich doch nicht bereuen, mir das hier mal angeschaut zu haben. Ich würde sogar behaupten, dass jeder mal hinfahren sollte. 

Nachtrag: Am nächsten Wochenende habe ich eine kleine „Wanderung” unternommen – fünf Kilometer durch Grünanlagen und zwischen den noblen Wohnungen im Europaviertel immer auf die Glastürme zu – wer Sonne und Zeit hat, dem kann ich das empfehlen!

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