Nachdem ich in Sighișoara das Geburtshaus des berüchtigsten Unholds Transsilvaniens besucht habe, folge ich weiter den Spuren der Siebenbürger Sachsen.
Im Ausland bin ich bereits im dänischen Christiansfeld auf eine deutsche Siedlung gestoßen und beim Honigkuchenbäcker mit den Herrnhuter Sternen eingekehrt. Auch in Siebenbürgen stehen deutsche Namen auf den Ortsschildern. Da ich in Sachsen-Anhalt geboren bin, hätte es mir gefallen, Landsleute in Rumänien anzutreffen. Aber die Bezeichnung Sachsen, so lerne ich, rührt nicht von ihrer Herkunft her. Die ursprünglichen Siedler stammten nämlich aus dem rheinischen Gebiet und der Begriff Sachsen bezeichnete ihren Adels- bzw. Ritterstand am ungarischen Hof. Deshalb erleichterten ihnen ihre klassischen Adelsrechte in Handel und Handwerk, Weinbau oder Viehzucht ihre Ansiedelung und Stadtgründung in Siebenbürgen (Link). Bis heute spricht man hier Deutsch und für mich war es recht angenehm, beim Besuch zweier rumänischer Welterbestätten recht heimisch mit den Einwohnern zu plaudern.
Die sieben zum UNESCO-Welterbe aus dem Jahr 1993/ 1999 zählenden Dörfer mit ihren befestigten Wehrkirchen, die von den Siebenbürger Sachsen gegründet wurden, vermitteln bis heute ein lebendiges Bild der Kulturlandschaft im Süden Transsilvaniens, denn sowohl die Organisation der Familienhöfe, als auch die Siedlungs- und Landnutzungsmuster sind seit dem Spätmittelalter erhalten geblieben. Die Wehrkirchen als dominierendes Element der Dörfer stammen aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Diese Kirchenburgen wurden zur Verteidigung gegen Türken und Tataren erbaut und die Bewohner fanden innerhalb der Festungsmauern Zuflucht und Schutz. Zum Welterbe gehören die sieben Dörfer Biertan (Birthälm), Câlnic (Kelling), Dârjiu (Ders), Prejmer (Tartlau), Saschiz (Keisd), Valea Viilor (Wurmloch) und Viscri (Deutsch-Weißkirch). Das Einführungsvideo gibt es hier.
Viscri (Deutsch-Weißkirch)
Ich habe im Schutz der Festung des Grafen Dracula übernachtet und koche am Morgen im Regen Kaffee. Über Kopfsteinpflaster geht es zunächst zum Dörfchen Weißkirch. Hier scheint wahrhaftig die Zeit stehengeblieben zu sein.
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Gerade starten die Störche zum Frühstücksausflug. Ich wandere den Berg hinauf zur Kirchburg, die ich schon von Weitem gesehen hatte.
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Das Kloster hat noch geschlossen und ich umrunde die dicken Mauern, begleitet vom Hofhund. Von außen würde man nicht vermuten, dass sich innerhalb der Doppelmauern Kirche und Kloster befunden haben. (Video)
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Saschiz (Keisd)
Der Regen hat nachgelassen. Das zweite Dorf, das ich ansteuere, ist schon in heller Aufregung und Vorbereitung eines festlichen Konzerts in der Kirche.
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Ich parke neben dem imposanten Uhrturm und werde sofort eingeladen.
Doch zunächst drehe ich meine Runde entlang der Dorfstraße. Keisd ist wesentlich größer als Weißkirch, sieht vom Stil her sehr ähnlich aus. (Video)
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Die Kirche ist ganz offensichtlich neueren Datums und das Konzert findet zugunsten der Orgelsanierung statt.
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Es gibt hier ein Museum mit interessanten Informationen über diese ehemals bedeutendste und die umliegenden Kirchgemeinden. Die Tafeln sind auf deutsch und ich lese darauf, dass viele der damaligen Pastoren in Wittenberg studiert haben. Die Verwalterin der Kirche schließt mir die Treppe zum Dachboden auf und ich kann hier oben zwischen dem Dachgebälk einen beeindruckenden Rundgang machen.
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Dann steige ich die vielen Stufen hinauf auf den imposanten Wehr-, Glocken- und Uhrturm. Schießscharten an einem Kirchenglockenturm sind aus meiner Sicht befremdlich, aber ich lerne bei meinem nächsten Wehrkirchenbesuch mehr über die historischen Zusammenhänge. Vom Turm aus habe ich einen tollen Blick über das Dorf.
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Valea Viilor (Wurmloch)
Die kleinen Kirchenburgen, das lerne ich bei meinem ersten Besuch in Valea Viilor, haben nicht täglich für Besucher geöffnet. Beim ersten Anlauf an einem Sonntag stehe ich vor der verschlossenen Tür, beim zweiten habe ich mehr Glück.
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Der Hüter der Kirche wird extra geholt und ich bekomme eine private Führung mit vielen Erläuterungen und Geschichten. Die Kirche stammt aus dem elften Jahrhundert ist die einzige der Welterbe-Kirchen, die noch nicht renoviert wurde, ich sehe sie also in originaler Schönheit. Die Restaurierung ist für nächstes Jahr geplant und nötig, denn wenn es regnet, drückt das Wasser durch die alten Holzdielen.
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Wir umrunden die Kirche und ich bekomme den Festungsplan erklärt. Das Innere der Kirche, in dem sich Frauen und Kinder während der Belagerungen aufhielten, wurde durch ein schweres Eisengitter geschützt. Vor den Nischen in der Mauer befanden sich ehemals die gemauerten Vorratsräume und daneben der Speckturm, in dem die Bauern geräucherte Speckschwarten aufhängten.
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Schließlich steige ich noch die 88 Stufen auf den Glockenturm hinauf und habe von hier einen tollen Blick über das Dach der Kirche hinunter auf das Dorf. Die alten Glocken werden noch von Hand geläutet und die 17-köpfige Gemeinde trifft sich aller zwei Wochen in der Kirche zum Gottesdienst. Hier ist mein kleines Video.
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Câlnic (Kelling)
In Kelling stehe ich an einem Montag vor den verschlossenen Türen der Kirchburg. Eine imposante Anlage, ich hätte sie gerne besichtigt. Ich umrunde die wehrhaften Mauern und mache einen kleinen Spaziergang durch das Dorf.
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Resümee
Die Kirchenburgen in Siebenbürgen liefern einen sehr authentischen Ausflug in die Geschichte. Die umgebenden Dörfer haben eine charakteristische Struktur und auch hier fühlt man sich in der Zeit zurück versetzt. Man sollte unbedingt versuchen, eine der alten Wehrkirchen zu besichtigen und mit etwas Glück auch einige Erläuterungen oder gar eine kleine Führung zu bekommen, denn dabei erfährt man Vieles über das Leben damals wie heute und die noch immer gelebte Tradition der Siebenbürger Sachsen.
Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa – Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download
Die gesamte Tour go-south 2.0 ist hier beschrieben. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt. Der Umbau meines Dacia Dokker als Minicamper ist hier detailliert nachzulesen. Dobbys nach und nach angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch in diesem megaheißen Sommer bewährt. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die zusammengefassten Länderkarten gibt es hier.
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