Kulturlandschaft des romantischen Historismus (Tentativliste)- Update – Welterbe seit 2024!
Seit 2015 steht das Schweriner Residenzensemble auf der deutschen Welterbe-Vorschlagsliste. Als letzter großer europäischer Residenzbau ist der Komplex um das Schweriner Schloss ein herausragendes Beispiel für die ausgehende Blüte höfischer Kultur der deutschen Kleinstaaten im 19. Jahrhundert und stellt einen Höhepunkt der historizistischen Schlossarchitektur in Europa dar. Die Schlossanlage ist ins Stadtgebiet durch weitere Bauwerke wie Hoftheater, Gemäldegalerie, Justiz- und Verwaltungsgebäude erweitert und verbunden .
Der Regierungssitz Schwerin hat eine jahrhundertealte Tradition. Bereits im 10. Jahrhundert befand sich hier eine slawische Festung. Diese wurde später zu einer germanischen Festung umgebaut, die sich im 14. Jahrhundert zur Residenzburg der Herzöge von Mecklenburg entwickelte. Das heutige Schloss, zwischen 1825 und 1883 unter den Großherzögen Friedrich Franz I., Paul Friedrich und Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin gebaut, repräsentiert in idealtypischer Weise einen Fürstensitz des 19. Jahrhunderts im Stile des romantischen Historismus. An seiner Planung und Gestaltung waren mehrere renommierte Architekten beteiligt, darunter Gottfried Semper. Das Schloss als politisches und kulturelles Zentrum des Landes beinhaltet alle für die Residenz des regierenden Großherzogs wesentlichen architektonischen und symbolischen Aspekte und ist ein charakteristisches Spiegelbild seiner Zeit, die vom Vertrauen auf die Macht der Geschichte und Legitimation der Monarchie geprägt war. Inspiriert von dem Loire-Schloss Chambord verwendeten die Baumeister Elemente der französischen Renaissance, um den Anspruch des Großherzogs auf eine königsähnliche Stellung unter den Herrschern Europas zu unterstreichen.
Heute beherbergt der Schlosskomplex neben Museen und Kultureinrichtungen auch einen Teil der Landesverwaltung von Mecklenburg-Vorpommern.
Schlosspark
Mein Tag hat, wie es in Mecklenburg sein sollte, mit einem Bad im See und einem Kaffee mit Blick auf das Wasser begonnen und nun steht Dobby am Hinterausgang des Schlossparkes (beides park4night). Ich bin zu dieser frühen Stunde fast alleine unterwegs, noch ist der Sonnenschein erträglich. Schon sehe ich das Schloss vor mir und drehe meine erste Runde durch den wundervollen Garten. Es ist ein Märchentraum und ich begebe mich begeistert auf die Suche nach dem perfekten Fotostandort. Wenngleich ich kein Anhänger der Monarchie bin – sie haben schon wunderbare Bauwerke und Gartenanlagen geschaffen. Heute bräuchte ich ein Boot, um die Spiegelung im Wasser einzufangen. Ich versuche es stattdessen mit einem Run auf die benachbarte Landzunge, bevor die Wellen kommen, den Spiegel- Blick auf das Schloss zu erhaschen.
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Altstadt
Vorbei am Theater und Museum gelange ich ins hübsche Zentrum mit engen Gassen und dem bunten Marktplatz. Um mich herum starten Gruppen von Paddlern und Radfahrern. Die Info hat so früh noch geschlossen, doch die ersten Cafés öffnen. Schwerin ist auf Besucher eingestellt, der Stadtrundfahrtbus steht schon parat. Ich streife durch enge Fachwerkgassen und vertreibe mir die Zeit, bis der Dom und auch das Museum öffnen, mit einem Bummel durch die Altstadt. Kultur und Kunst werden hier gerade hochgefahren, der Open-Air-Festspiel-Sommer beginnt. Durch die Straßen hallen die unterschiedlichsten Klänge und die altersschiefen Fachwerkhäuser beherbergen Kultur- und Kreativitätszentren. Schwerin ist unkonventionell, fröhlich und lebhaft.
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Pfaffenteich und Fürstengruft
Am Pfaffenteich steht das riesige ehemalige kurfürstliche Arsenal, heute Sitz des Innenministeriums. Hier schließt sich wieder der Kreis zwischen gestern und heute. Hinter den Gebäuden der kurfürstlichen Baumeister, Verwaltung und Schulen steht die Schelfkirche. In dieser Barockkirche befinden sich die Fürstengräber. Heute wird für ein Konzert geprobt, deshalb gelange ich nicht bis zur Fürstengruft. Neben dem Eingang gibt es aber eine gute Foto-Dokumentation darüber.
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Dom St.Marien und St.Johannis
Als ich den Dom betrete, lacht mir das Schild -Turmbesteigung 2 € entgegen. Heute ist der erste Tag, an dem der Turm geöffnet ist. Ich brauche einen Schnelltest, den hole ich mir am Pfaffenteich , besichtige den Dom und steige dann glücklich die 214 Stufen auf einer extrem steilen Wendeltreppe zum Turm hinauf. Der Ausblick zum Schloss, Pfaffenteich und Marktplatz ist fantastisch und ich genieße ihn alleine, nur untermalt vom viertelstündlichen Glockengeläut.
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Schloss
Höhepunkt meines heutigen Tages ist natürlich der Besuch im Schloss. Ein Großteil der über vierzig fürstlichen Gemächer ist bereits restauriert und wir wenigen Besucher können erahnen, wie damals gelebt und gefeiert wurde. Beim Rundgang erfahren wir in Gemälden und Skulpturen von der Vergangenheitsverherrlichung, dem Streben nach Idealismus. Im Thronsaal mit seiner überbordenden Ausschmückung kann sich kaum einer der Besucher ein -Oh- verkneifen kann. Ein Lächeln in der Ahnengalerie über die Herren in ihren Rüstungen oder Strumpfhosen holt mich in die Gegenwart zurück. Alle Räume sind wundervoll rekonstruiert und ausführlich auf kleinen Tafeln beschrieben. Wir haben Zeit, alles zu studieren und zu bewundern und das Aufsichtspersonal ist sehr auskunftsfreudig und offensichtlich froh, dass es wieder Gäste begrüßen darf. Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick in den schönsten Plenarsaal Deutschlands, der sich im Anschluss an die an Galerie befindet.
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Leider ist die Schlosskirche noch nicht zu besichtigen, sie hat auch eine interessante Geschichte. Im Zusammenhang mit der Reformation war sie das erste evangelische Gotteshaus in Mecklenburg.
Resümee
Wieder mal ein Märchenschloss, das auf die Welterbe-Liste möchte? Mitnichten. Schloss Schwerin ist zwar ein Märchenschloss und von wunderschönen Anlagen umgeben. Doch das Residenzensemble wird auch heute noch, wie seit vielen hundert Jahren, für den gleichen Zweck genutzt – nicht von Rittern oder Kurfürsten, aber dafür vom Parlament. Im gesamten Altstadtbereich ist man erfolgreich bemüht, die alten Bürger- und Fachwerkhäuser zu erhalten und individuell zu nutzen. Ich wünsche dem Schweriner Schlossensemble, dass es den Titel und dadurch die Anerkennung und Unterstützung bekommt, die für den Erhalt dieser einmaligen Anlagen erforderlich ist. So wie die wunderbaren Parks und Gärten durch die Radfahrer, die Muttis mit den Kinderwagen und die auswärtigen Besucher wie mich, die Kirchen und Höfe durch Konzerte, die Paläste durch Museen, Kunst, Kultur und die Landesverwaltung genutzt und damit in ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung fortgeführt werden – verstehe ich Herrschaftssitz gestern und heute als übergreifendes Motto dieses Welterbekandidaten.
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Ich verabschiede mich und begebe mich auf die Fahrt nach Norden und wünsche dieser sympathischen Stadt alles Gute. Am Abend sitze ich bereits in Wismar am Ostseestrand.
Tipp:
Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour durch den Norden Deutschlands ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.
Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende).
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