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Kurzentschlossen an die Ostsee

Auch in Corona-Zeiten steht der Sommerurlaub an. Die heißeste Woche des Jahres war angesagt und ich habe eine Dachgeschosswohnung. Mir kam nur ein Gedanke: nichts wie weg! Doch wohin? Nach einigem hin und her, abwägen, was erlaubt sein, sich preislich rechnen und mir eine schöne Zeit mit meinem Hund bescheren würde, ergab sich die polnische Ostsee.

Wir fanden auf booking ein nettes Zimmer in Laufentfernung zum Strand mit Küchenbenutzung. Genau das wollten ich. Nicht mehr raus müssen, wenn man nicht möchte, abends auf dem Balkon sitzen können, zwischendurch mit Emma an den Strand und sehen, was sie zum Meer sagen würde. 900 Kilometer sind es, also plane ich einen Zwischenstopp an der polnischen Grenze. Das ist als Einstieg vielleicht nicht schlecht.

Nach einem holprigen Start, weil ich noch einiges zu erledigen hatte, diverses vergessen und es irgendwie nicht rund lief, kamen wir am Abend in Gryfino an. Ein kleines Zimmer in einer Unterkunft etwas außerhalb, eigentlich wahrscheinlich für Monteure und Durchreisende, aber mir sollte es recht sein. Keine Extrakosten für Emma, auch nett.

Das Frühstücksbuffet gab es von 06.00 bis 08.00 Uhr, dann eine Runde mit dem Hund zum krummen Wald. Eine Attraktion hier in der Nähe, die ich über tripadvisor gefunden habe. Leider gab es nur eine polnische Beschilderung, aber was gemeint ist, war offensichtlich. Dann nochmal kurz über die Grenze ein paar Besorgungen machen.

Es war unheimlich heiß und ich beschloss, noch eine Wanderung im Oder-Delta zu machen. Hier gibt es ein riesiges Naturschutzgebiet, den Nationalpark Unteres Odertal, und ich erhoffte mir, das Urlaubsgefühl zu finden. Also auf komoot gesucht und was schönes gefunden. Der Parkplatz war mitten im Wald und erwartungsgemäß war alles voller Mücken. Also eine Menge Autan drauf, Komoot-App angeschmissen und los ging es. Schon nach wenigern hundert Metern wurde klar – statt Autan wäre Sonnencreme besser gewesen. Die Wanderung ging durch eine wunderbare Landschaft. Wollgras, kleine Brücken über winzige Flussarme, hohes Schilf, Bienen an blauen und gelben Blumen, dazwischen kahle Bäume. Schließlich gab es eine Rast auf einer Bank auf dem Deich. Wirklich eine tolle Wanderung, die ich sonst sicher nicht entdeckt hätte.

Am nächsten Morgen begeben wir uns auf die Strecke Richtung Meer. Durch Stau und Baustelle an Baustelle zieht sich die Strecke und auch hier ist das heißteste Wochenende des Jahres angesagt. Scheinbar will ganz Polen ans Meer. Irgendwann kommen wir an, werden herzlich von Krys in der Willa Wik empfangen. Nach dem Ausladen geht’s ab gen Meer. Hier kommt der erste Schreck. Meine Vorahnung, dass ganz Polen angreist ist, scheint sich zu bestätigen. Der Strand ist gepflastert mit Handtüchern, Menschen, aus der Strandbar dröhnt Diskomusik. Na das kann ja heiter werden. Ich bin genervt, gehe immer weiter stadtauswärts. Als die Bezahlparkplätze aufhören und der Zugang zum Strand durch den Wald und nicht mehr über gepflasterte Wege führt, wird es ruhiger und ich bin wieder ausgesöhnt. Leer ist es zwar immer noch nicht, aber ich traue mich, dem Hund das erste Mal das Meer zu zeigen. Sie stürmt rein, schwimmt, ist ausgelassen – das war es wert. Wir spielen und schwimmen und dann geht es zurück. Nach der Dusche ein schneller Einkauf. Es kommen Erinnerungen aus meinem Erasmus-Jahr auf und ich schwelge in polnischen Spezialitäten. Dann wird gekocht und wir genießen den Sonnenuntergang auf dem Balkon.

Das Frühstück ist wunderbar. Alles ist gedeckt, coronabedingt gibt es kein Buffet. Es fehlt an nichts und ich werde jeden Tag mit neuen Genüssen überrascht. Es ist eine polnische Pension, die anderen Gäste sind Polen, entsprechend gibt es Wiener oder Eier mit Curryketchup, Rührei oder körnigen Frischkäse mit Zwiebeln zum Frühstück. Die Portionen sind riesig und machen für den ganzen Tag satt.

Wir implementieren unsere Routine für die nächsten Tage. Zum Sonnenaufgang geht es zum Strand. Wir sind fast die einzigen und es ist wunderschön. Mal joggen wir, mal gehen wir, mal wird geschwommen und mal nur geguckt. Danach gibt es Frühstück, eine Runde lesen oder ein bisschen schreiben im Zimmer und dann gehe ich alleine zum Strand. Es ist zu heiß für den Hund und ich kann mich mit meinem Buch auch zwischen die vielen Leute legen. Am Nachmittag geht es dann in die andere Richtung. Hier ist es deutlich ruhiger, erst recht nach dem Wochenende. Es gibt eine hohe Felswand, die Schatten spendet und Emma genießt es. Hier starten die Paraglider. Abends kann man am Strand zurück laufen, es ist wunderschön und erholsam.

Als der Urlaub halb vorbei ist, gibt es ein besonderes Spektakel am Himmel zu verfolgen. Die Perseiden, der “Sternschnuppenregen”, sind zu beobachten und es ist fantastisch.

An einem Tag plane ich eine Wanderung. Im nächsten Ort Niechorze sind ein schöner See und ein Leuchtturm zu besichtigen. Die Tour soll 12 km lange sein, doch ich bin derart zugeparkt, dass wir direkt los gehen und gut 6 km zusätzlich laufen. Es ist aber toll. Die Tour geht entlang der Gleise der historischen Bahn. Der See ist bewachsen mit Schilf und der strahlend blaue Himmel spiegelt sich im Wasser. Der rote Leuchtturm sieht fantastisch aus und wir wandern gemütlich unsere knapp 19 km mit Pausen und am Ende gibt’s ein lohnendes Bad im Meer.

Wir erkunden natürlich auch die Stadt: niedlich ist sie, mit kleinen Häusern, einer schönen Kirche, vielen Restaurants und natürlich auch vielen Unterkünften, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Im Zentrum ist es auch kein Problem auf Englisch zu bestellen und sicher auch gewohnte Speisen zu bekommen.

Einmal möchte ich die andere Richtung erkunden, der Radweg sieht gut aus und ich schnappe meine Inlineskates und düse los. Leider ist nicht der gesamte Weg so glatt asphaltiert, so dass es streckenweise eher mühsam ist. Dennoch sind die kleinen Orte, die Waldabschnitte dazwischen und die Zeit für mich fast meditativ und nach 20 km bin ich glücklich zurück und genieße mit Emma das kühle Wasser.

Viel zu früh ist es auch schon wieder vorbei und vor uns liegen 900 km Rückweg. Vor Abfahrt mache ich noch einen Großeinkauf bei Biedronka, dem Supermarkt meiner Wahl, um mir noch ein bisschen Urlaub mit nach Hause zu nehmen.

Wir starten relativ zeitig, um die Möglichkeit zu haben, auch die gesamte Strecke durch zu fahren. Es lässt sich gut an, wir kommen gut voran. Doch etwa zwei Stunden vor dem Ziel kündigt sich ein Stau an. Wir entscheiden uns um und finden über die park4night App einen wunderschönen, ruhigen Stellplatz. Ich breite die Luftmatratze im Kofferraum aus und wir schlafen ein paar Stunden.

Am Ende ist es auch wieder schön, zu Hause zu sein.

Fazit:

Ein toller Urlaub mit kleinem Budget. Wer keine Angst hat, auch mal mit Händen uns Füßen zu kommunizieren, neue kulinarische Erfahrungen zu sammeln und sich seine Freizeit selbst zu gestalten, der ist hier absolut richtig. Wer sich lieber auf Englisch unterhält und deutsches Essen bevorzugt, aber auch. Gerade für Familien mit Kindern oder Haustieren ist das “Urlauben” bei den unkomplizierten Polen einfach schön, nicht zuletzt auch, weil manche Späße hier einfach deutlich preiswerter sind.

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