An einem Regentag durch Potsdams Parks, Schlösser und Gärten
Die Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin stehen seit 1990 auf der UNESCO-Welterbeliste. Hier haben die bedeutendsten norddeutschen Architekten und Landschaftsgärtner des 18. und 19. Jahrhunderts (von Knobelsdorff, von Gontard, Schinkel, Lenné) ein künstlerisch herausragendes Ensemble von Architektur und Landschaftsgartenbau geschaffen. Zusammen mit fantasievollen Bildhauern, Malern, Handwerkern, Bauarbeitern und Gärtnern wurden Sanssouci, der Neue Garten, der Park Babelsberg und weitere Anlagen im Potsdamer Umland als Gesamtkunstwerk von hohem europäischen Rang und internationalem Ansehen erschaffen. Die Havellandschaft mit ihren Flüssen, Seen und Hügeln, Parks und Gebäuden wurde im Zeitraum von 1730 bis 1916 in die heutige Kulturlandschaft verwandelt und bildet ein einzigartiges künstlerisches Ensemble. Das Welterbe wurde in der Vergangenheit um weitere Schlösser und Parks in Potsdam und Berlin erweitert. Zur Einstimmung hier ein kleines Video und hier weitere digitale Angebote.
Ich habe am Rand des Parks am Neuen Palais übernachtet und gestern Abend einen wunderschönen Sonnenuntergang erlebt.
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Park Sanssouci
Schloss Sanssouci soll um 9:00 Uhr öffnen und nach meinem Kaffee am Parkrand beginnt es zwar leicht zu nieseln, ich begebe mich aber gut gelaunt auf den Weg. Welch eine fürstliche Umgebung, in der ich hier stehe. Unter dem Triumphbogen ziehe ich meine Regenjacke über. Zu dieser frühen Stunde habe ich den Park für mich alleine, nur ein paar Gärtner, Uniangestellte und Hunde-Gassi-Geher begegnen mir. Heute, wo nicht das Sonnenlicht und die Farbenpracht alles überstrahlen, treten die Verzierungen und Figuren viel mehr in den Vordergrund. Im leichten Sommernieselregen entfaltet die Parklandschaft ihren ganz eigenen Reiz. Ich gehe auf der Hauptverbindungsachse nach Sanssouci und der schnurgerade lange Weg ist immer wieder unterbrochen durch einen Blickfang, eine Statue oder ein Tempelchen und stelle mir vor, wie sich wohl die feinen Gesellschaften hier im Park vergnügt haben.
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Rechts und links des Weges entdecke ich immer neue Schönheiten. Vor dem grauen Himmel sieht das chinesische Haus besonders wirkungsvoll aus. Auf alle Fälle haben sie ihre Schlösser schon in Szene zu setzen gewusst. Die Rhododendronblüte ist gerade vorbei, aber auf allen Wiesen blühen Sommerblumen. Ich komme aus dem dichten Wald in den Garten von Sanssouci und schon wird es wieder verspielter und es öffnet sich der Blick auf die Weinterrassen.
Schloss Sanssouci
Und dann stehe ich auch schon an der Info, bekomme mein Ticket und einen Audio-Guide, der mich kurzweilig durch das Sommerschloss Friedrichs des Großen führt. Neben seinen Regierungsgeschäften war das Schloss dem Genuss der Musen, Musik, Literatur und interessanten Abendgesellschaften gewidmet. Das Weinbergschlösschen wurde von Knobelsdorff ab 1745 in nur zwei Jahren erbaut. Es war das Refugium des Preußenkönigs und die wenigen Besucher, die mit mir die Räume durchstreifen, stehen ebenso staunend und beeindruckt wie ich in den herrlich, vielseitig und harmonisch ausgestatteten und dekorierten Räumen. (hier gibt es weitere Impressionen). An den Wänden erzählen Bilder von Antoine Watteau vom schönen Leben in der Natur und meine amüsante Runde wird untermalt mit Musik und Episoden über den alten Fritz.*
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*Übrigens durften schon zu seinen Lebzeiten die ganz normalen Leute, sofern sie ordentlich und sauber gekleidet waren, während seiner Abwesenheit das Schloss besichtigen.
Siedlung Alexandrowka
Als ich Sanssouci verlasse, regnet es richtig. Ich knüpfe meinen Regenmantel fest zu und stiefele los nach Alexandrowka, der Siedlung der russischen Sängersoldaten Friedrich Wilhelms III. Der Regen tropft von den Bäumen auf meine Kapuze, aber ich bin passend angezogen und laufe munter weiter – Schlösser und Parks bei Sonnenschein bewundern kann schließlich jeder. Zu den dunklen Holzblockhäusern passt das Wetter irgendwie. Es duftet es nach Tschai und russische Lieder klingen aus dem Restaurant. Dort gibt es Pelmeni und Bœuf Stroganoff. Ich kann einen Blick über die Hecken in den Obstgarten mit den kleinen Apfelbäumen und dem Klatschmohn werfen. An der Straße blühen die Kastanienbäume.
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Belvedere
Bis zum Belvedere auf dem Pfingstberg, dem Aussischtsschloss Friedrich Wilhelms IV, geht es, begleitet vom Vogelgesang, bergauf durch den Wald. Hier oben steht auch ein kleiner Tempel, Schinkels erster Entwurf. Wegen der tief hängenden Wolken spare ich mir den Eintritt zu den schönen Aussichten.
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Neuer Garten
Nach einer kurzen Verschnaufpause begebe ich mich weiter in Richtung Neuer Garten. Ich komme zunächst an der alten Meierei vorbei, die heute ein Brauhaus beherbergt. Und wie ich gerade so denke, das erinnert mich an das Wörlitzer Gartenreich, lese ich, dass der Neue Garten unter Friedrich Wilhem III., dem Nachfolger Friedrich des Großen, vom Wörlitzer Landschaftsarchitekten angelegt wurde. Der Neue Garten ist ein typischer Landschaftspark, groß und weitläufig, mit herrlichen alten Bäumen, dazwischen immer mal ein Hingucker versteckt, zum Beispiel die Pyramide oder die Borkenküche.
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Cecilienhof
Jüngere Geschichte wurde in Cecilienhof, dem Wohnsitz des Kronprinzen Wilhelm im englischen Landhausstil, dem Ort des Potsdamer Vertrages vom August 1945, geschrieben. Die Blumenpracht vor dem Schloss überstrahlt den Regen.
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Mittlerweile hat es sich eingeregnet und es ist keine Besserung in Sicht. So wandere ich mit meiner Kapuze über dem Kopf durch die stillen Parks, die heute besonders romantisch sind. Alle 500 bis 700 m lang entdecke ich eine neue Sehenswürdigkeit mal ein Tempel oder eine Grotte, ein schön angelegter Blumengarten. Und die Speicherkarte füllt sich.
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Marmorpalais
Das Marmorpalais, errichtet durch Friedrich Wilhelm III., war mir noch nicht bekannt und überrascht mich deshalb umso mehr. Für ein Foto des schönen Schlosses hat jetzt sogar der Regen aufgehört.
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Resümee
Am Schloss Sanssouci schließt sich meine Runde. Ich erfreue mich noch einmal an der Schönheit dieser Schlossanlage auf dem Weinberg. Ein letzter Schwenk über die bunten Blumenrabatten, dann ist es Zeit, den Heimweg zum neuen Palais, Dobbys Standplatz, anzutreten.
Nach 25 km auf den Spuren der Friedrich Wilhelms und Besichtigung des Schlosses des feinsinnigen Friedrich II. komme ich, trotz des nicht gerade idealen Wetters, mit hunderten bunter Bilder und vielen Eindrücke glücklich und zufrieden bei Dobby an. Geschichtliche Ereignisse über einen Zeitraum von 200 Jahren haben diese Kulturlandschaft geschaffen und geprägt und Sanssouci, Belvedere, das russische Dörfchen Alexandrowka bis hin zu Cecilienhof erzählen davon. Lebendige Geschichte zum Anfassen.
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Ich habe heute nur einen Bruchteil dessen durchstreift, was man im UNESCO Welterbegebiet Schlösser und Parks von Berlin und Potsdam erleben und bestaunen könnte. *
Hier kann man schon während eines einzigen Spaziergangs viele verschiedene Schloss- und Gartenanlagen durchstreifen und einen Geschichtszeitraum von zweihundert Jahren, über mehrere Generationen eines Fürstengeschlechts, nacherleben. Die wunderschön gestalteten und gepflegten Anlagen, die bunten Blumengärten, die englischen Parks, die vielfältigen Schlösser – das alles lädt (bei fast jedem Wetter) ein, besucht und bestaunt zu werden.
*Den gesamten Flyer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gibt es hier zum Download und ein weiterer interessanter Artikel ist dieser.
Tipp:
Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour durch den Norden Deutschlands ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.
Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende).
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