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Südafrika – Johannesburg im Winter

Botanischer Garten

Ich sitze im Internetcafé in Johannesburgs hippigem Stadtbezirk Melville, draußen scheint die Wintersonne und ich lasse mich mit all den Leckereien verwöhnen, die  hier wie an jeder Ecke der 7th Street angeboten werden oder aus den Restaurants duften. Hier im Stadtbezirk der Studenten der beiden benachbarten Universitäten spürt man nichts von der Hektik, dem Verkehr und den Problemen der riesigen Millionenmetropole. In der Umgebung gibt es nette kleine Pensionen, in denen man für wenig mehr Geld als im deutschen Hostel charmant wohnen (wir sind bei Somayya im “Old World Charm in the City”) und sich abends nach dem Besuch eines der Restaurants oder Bars mit dem (Uber-)Taxi nach Hause bringen lassen kann.

Vorab eine kurze Bemerkung zu meinen Afrika-Berichten:  Ich schreibe rein aus meiner Sicht als Touristin und über meine ganz persönlichen Eindrücke und Erlebnisse  eines kurzen Streifzugs   –  deshalb gibt es hier auch keinen allgemeinen Abschnitt über Land und Leute.

Erlebnisfaktor: 😎 😎 😎 😎 😎

Kostenfaktor: € € €

Anreise und Übernachtung: Flüge nach Johannesburg oder Kapstadt findet ihr in der Größenordnung von 500-600€ (hin und zurück) bei skyscanner.de. Von Johannesburg nach Kapstadt könnt ihr auch interessant und preiswert mit dem Zug reisen (Shosholoza-Train). Über booking.com oder airbnb bekommt ihr Unterkünfte in jeder Preiskategorie – Südafrika ist nicht ganz billig, aber für einen sehr moderaten Preis übernachtet ihr wie die alten Kolonialherren. Die Menschen  hier sind interessiert und freundlich, die Küche fantastisch – lasst euch also verwöhnen und den netten Kellnern ein ordentliches Trinkgeld da, sie leben  davon.  Ein Tipp hier in der Umgebung ist der Pub “Thunder Gun”. Aber – ihr werdet es in eurem Wohngebiet selbst sehen – alle Häuser sind hoch und sicher eingezäunt – achtet beim spazieren gehen ebenso auf eure Sicherheit. Ich bin jetzt besonders froh, meine Baubax-Jacke mit den vielen Taschen mit und so alles sicher “an der Frau” zu haben. Ich erwähnte es bereits – Uber-Taxi ist das sichere und preisgünstige Fortbewegungsmittel (ich erheitere die Fahrer regelmäßig durch meine Bemerkung, dass bei und rechts gefahren wird … ) – es gibt natürlich auch Busse, Zug und Metro, Kleinbusse oder TukTuks, aber da müsst ihr euch schon selber gut zurechtfinden.

Tipp: Ladet euch schon zu Hause die Uber-App auf euer Smartphone und verknüpft sie mit verschiedenen Zahlungsoptionen, dann  seid ihr bereits am Flughafen bei der Ankunft für diesen  bargeldlosen Service vorbereitet. Es gibt auch genügend Hotspots, so dass ihr euch überall ein Taxi rufen könnt.

Unsere Tour beginnt in Johannesburg, genauer gesagt in meinem Außenbezirk mit einem kleinen Streifzug durch das Zentrum von Melville:

Das Wetter ist toll, lasst uns dem Botanischen Garten einen Besuch abstatten. Die Bäume sind noch kahl, aber die Rosen stehen in voller Blüte. Heute ist Wochenmarkt und die Musik schwingt durch die Luft und vermischt sich mit den Rufen der Vögel. Johannesburg hat eine Menge schöner  Parks und soll wohl eine der grünsten Großstädte sein. Vom Park meines Wohngebietes erhasche ich gegen Abend einen Blick über die Skyline.

Mein Laptop lässt mich im Stich, ich muss also für Ersatz sorgen – zum Glück kann man in anderen Ländern auch sonntags einkaufen. Viele große und extrem schicke Einkaufszentren (das größte und modernste ist die Mall of Afrika zwischen Joburg und Pretoria) mit all den Marken, die meinen, auf der ganzen Welt vertreten sein zu müssen, warten auf Besucher. Ich fahre ins Cresta Shopping Center und werde auch schnell fündig. Wenn ihr in Melville seid, solltet ihr unbedingt den Boutiquen in den 27 Boxes – umgebauten Containern – einen Besuch abstatten. Natürlich gibt es auch den Straßenhändler oder den kleinen einheimischen Laden an der Ecke, aber sonst werben Spar und Pick n Pay mit großem Angebot um die Käufer (wenn ihr mal keine Lust auf Restaurant habt oder unterwegs seid – die Auswahl an frisch zubereitetem Essen, Backwaren und Obstsalaten übertrifft die zu Hause!)

Heute habe ich mir einen Besuch des Johannesburger Zoos vorgenommen. Es ist morgens noch kalt, ich bin einer der wenigen Besucher und habe die Tiere für mich, kann ihnen beim füttern zusehen.  Nicht alle Tiere sind schon draußen – die Pandas haben in ihrer großen Höhle eine Rotlichtlampe und auch die Krokodile schlafen in der Wärme.  Mit der Sonne kommen die Elefanten und Giraffen aus ihren Häusern. Ich mache eine  Safari zu Fuß durch das riesige Gelände, die Tiere leben hier quasi in ihrer natürlichen Umgebung, Pfauen und Streifenhörnchen sind überall dazwischen. Trotz des trennenden Gitters bekomme ich einige schöne Blickkontakte und Fotos (ich bin froh, meine Reisezoomkamera in der Jackentasche zu haben) und beschließe meinen Zoobesuch mit einem Capuccino in der Sonne vor der malerischen Kulisse der Schimpansenwelt.

Mein heutiger Ausflug führt mich nach Soweto – in die wohl berühmteste Straße Johannesburgs,  wo die Häuser zweier Friedensnobelpreisträger in unmittelbarer Nachbarschaft stehen. Während das Mandela House heute ein kleines Museum beherbergt, gehört das von Bischof Tutu seiner Familie und ist nur hinter einer hohen Mauer erahnbar. Dieser Abschnitt der Vilakazi Street ist von Händlern und Restaurants okkupiert, schade, aber verständlich. Es ist noch zeitig, ich habe Muße, fast alleine durch das Museum zu gehen, bevor der Ansturm der Gruppen in die kleinen Zimmer drängt – so klein das Haus und unscheinbar das Museum auch ist, scheint es doch ein Wallfahrtsirt zu sein. Nr. 8115 Orlando West ist trotzdem aber mehr eine Hommage an Winnie Mandela und ich sinne, während ich die Fotos und Gegenstände betrachte, den Erinnerungen aus meiner Jugend an diese Zeit nach. Um ein bisschen authentischeres Soweto zu sehen, verlasse ich den Touri-Abschnitt der Straße und gehe den Berg hinauf, von dem ich mit einem Panorama-Blick belohnt werde. Vor meinen Füßen liegt ein Stück Weltgeschichte und auf der Rückfahrt in meinen hübschen Stadtteil durchquere ich Ecken, die deutlich machen, dass dieser Abschnitt noch lange nicht zu Ende ist.

Heute ist der große Tag meines Aufenthaltes hier – an der Universität werden die Doktortitel verliehen. Der Campus der WITS ist auf die große Feier vorbereitet, Kostüme werden verliehen und überall stehen festlich gekleidete Familien mit ihren jungen Doktoren, an jeder Ecke klicken die Fotoapparate.  Die Zeremonie ist erhebend, der Rektor spricht, die Lehrkräfte begleiten, ebenfalls in bunten Kostümen, die Zeremonie und singen die Nationalhymne sowie “gaudeamus igitur” Wir haben die einmalige Gelegenheit, die Verleihung der Ehrendoktorwürde an den obersten Richter des Landes und seine Rede zu erleben. Die Dekane der Fakultäten stellen ihre Doktoranden vor (in diesem Jahr sind es 136), sie bekommen vom Rektor persönlich den Titel verliehen und dann feierlich, begleitet  je nach Herkunft und Stammeszugehörigkeit vom Jubel und  schrillen Schreie im Publikum, die Schärpe umgelegt und den Doktorhut.  Nach fast vier Stunden geht die Feier zu Ende und ich habe Universitätsleben erlebt, wie es leider am meiner heimischen Uni verloren gegangen ist.

Weltkulturerebe-Tag an der Wiege der Menschheit: Wir fahren nach Sterkfontein und bekommen eine äußerst interessante Führung durch die Höhlen, in denen die 2,8 Millionen Jahre alten fast vollständigen Skelette der frühen Hominiden “Mrs. Ples” und “Little Food” gefunden und über 15 Jahre ausgegraben wurden. Das große Besucherzentrum in Maropeng widmet sich eindrucksvoll mit Exponaten, Filmen, einer Bootsfahrt und interaktiven Stationen der Geschichte der Erde und der Entstehung der Menschheit und hält als absolutes Highlight nicht nur die abenteuerliche Ausgrabungsgeschichte, sondern auch die  Originalskelette der “Homo naledi” aus der Rising Star Höhle bereit.  Ich habe viel Neues gesehen und viel Stoff zum nachdenken – ein Besuch der “Cradle of Humankind” ist meine absolute Empfehlung! Nach dem Besuch schaue ich lange über die Ebene der Wiege der Menschheit und der Wind trägt den Hauch der Geschichte herüber. Den Film der National Geografik seht ihr hier.

Hier draußen vor den Toren der Großstadt trifft man natürlich auch die Tiere -wir fahren einige Kilometer weiter zum “Rhino and Lion Reserve” und trinken im Thatch Café einen Capuccino – mit Blick auf die Tiere an der Wasserstelle.

Winterwanderung vor den Toren der Stadt: Wir fahren nach Magaliesburg, 60 Kilometer von Joburg entfernt und sind auf dem Hiking Trail der Hennops Farm unterwegs. Wir wandern einige Stunden durch wundervolle afrikanische Landschaft, klettern auf Berge, an einem romantischen Fluss entlang, den wir mit einer Seilbahn oder auf Hängebrücken überqueren und haben das Glück, Affen, Zebras, Kakadus und Dassies zu sehen. Zum Abschluss grillt uns die Farmersfrau hausgemachte Wurst mit Chakalaka. Ein wundervoller Nachmittag unter strahlend blauem Himmel und mir wird der Abschied schwer. Ich habe in den letzten Tagen Johannesburgs schöne Seiten genießen dürfen und bin dankbar für die vielen Eindrücke und Einblicke in diese große Stadt und ihre wundervolle Umgebung.

Damit verabschiede ich mich- heute geht es nach Hause (mein Koffer ist schwer, habe mich mit Rusks eingedeckt) – ich habe viele schöne Seiten von Johannesburg und noch lange nicht alles gesehen und einen Blick in die Geschichte werfen dürfen. Aber ich habe auch die immense Kluft zwischen Arm und Reich und die Probleme dieser Stadt erahnen können.

Trotzdem, wenn ihr auf eurer Afrika-Reise hier landet, nehmt euch einige Tage, schaut euch die interessanten Stätten an und genießt die Freundlichkeit der Menschen hier.

P.S. Weitere Afrika-Berichte folgen und mein Afrika-Tagebuch gibt es hier. (Und mit dem Kindle-Cloud-Reader kann man die E-Books auf jedem Computer lesen.)

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