Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – D – Bergpark Wilhelmshöhe

Auf meiner Rückfahrt aus Thüringen lege ich einen Stopp in Kassel ein. Der Bergpark Wilhelmshöhe hält genug Interessantes für einen ganzen Besuchstag vor -Entdeckerlust und gute Kondition vorausgesetzt. Ich habe das Glück, im letzten Jahr die Wasserspiele gesehen zu haben, die in diesem Jahr leider außer Betrieb sind. So beschränke ich meine heutige Runde auf das, was ich beim letzten Mal noch nicht gesehen, erlaufen oder bestiegen habe und bin trotzdem wieder zwanzigtausend Schritte und sechzig Stockwerke unterwegs.

Schon von weiten thront der Herkules über der Stadt, die Hauptstraße ist direkt darauf ausgerichtet, so dass ich eigentlich nur dem Blick nach fahren muss. Die Stadt ist voll, die Straßen schmal, aber Parkplätze gibt es unten am Schloss und oben am Herkules (kostenlos). Dobby bekommt einen Platz im Schatten und ich begebe mich bei 30 Grad auf meine sportliche Tour*.

*Im Info-Center liegen Flyer mit Plan aus, heute ist die einzige für mich noch verständliche Sprache französisch. Die Karten zieht man sich einfach aus dem Automaten am Octogon – es sind, das möchte ich hier einmal positiv vermerken, die mit Abstand preiswertesten meiner bisherigen Welterbetour.

Der Bergpark Wilhelmshöhe wurde 1689 von Landgraf Carl von Hessen-Kassel um eine Ost-West-Achse begonnen und bis ins 19. Jahrhundert fertiggestellt. Den Welterbetitel trägt er seit 2013 als herausragendes Beispiel europäischer Gartenkunst. Nirgendwo gibt es einen Park mit so gewaltigen Wasserspielen und teilweise sind hier die 300 Jahre alten Wasserleitungen noch in Gebrauch. Zum Welterbe gehören neben den Wasserspielen das Oktogon mit der Herkulesstatue, die Löwenburg und das Schloss Wilhelmshöhe. Die Größe des Ensembles aus Wasserspielen und hoch aufragender Herkules-Statue drücken die Ideale der absolutistischen Monarchie aus. Zugleich zeugen sie von der Ästhetik des Barock und der Romantik. (Genaueres hier und der Beitrag zum diesjährigen digitalen Welterbetag kommt hier und viele Details erfahrt ihr hier)

Oktogon mit Herkules-Statue

Der Aufstieg auf die Pyramide ist die erste Herausforderung des heutigen Besuchs. Wie wuchtig und gewaltig das Bauwerk ist, bemerkt man erst, wenn man drin steht. Gerade wird an einigen Stellen gebaut und ich frage mich, wie die Bauarbeiter das vor dreihundert Jahren bewältigt haben. 308 Stufen sind es bis zur oberen Plattform. Da die Abstandsregeln durchgesetzt werden, bin ich fast alleine und habe freie Sicht nach allen Seiten – welch ein fantastischer Ausblick.

Löwenburg

Ich habe mich von oben orientiert und möchte zur Löwenburg, die hatte ich beim letzten Besuch ausgelassen. 555 Stufen sind es vom Beginn bis zur letzten Kaskade. Wieder unten im Wald ist die Orientierung in dem riesigen Park schwerer als von oben gedacht, doch dann sehe ich die romantische Burg schon hinter der Wiese in der Sonne liegen. Sie wird zur Zeit restauriert und ist nur teilweise geöffnet. Aber schon allein von außen ist der Reiz der künstlichen Ritterburg groß. Die Löwenburg wurde ab 1793 als Lustschloss und privater Rückzugsort erbaut und beinhaltet barocke Räume, eine Rüstkammer und eine Burgkapelle.

Im Wald an der Burg ist ein Kneipp-Becken – eine herrliche Abkühlung und Wohltat für die Füße und Arme.

Schloss und Orangerie

Ab 1786 wurde das Schloss Wilhelmshöhe gebaut. Heute beherbergt es u.a. es die Gemäldegalerie Alte Meister und eine Antikensammlung sowie das Schlossmuseum.

Was ist ein Landschaftspark ohne eine Orangerie – das habe ich in Wörlitz gelernt. Der filigran aus Eisen und Glas gestaltete Gewächshauskomplex in Wilhelmshöhe wurde ab 1822/23 zur Kultivierung kostbarer tropischer Pflanzen errichtet.

Wasserspiele

Das Highlight des Bergparks sind die phänomenalen Wasserspiele, ein damaliges Meisterwerk der Wasserbaukunst und heute noch original. Das Wasser fließt vom Fuß des Oktogons insgesamt 2,3 Kilometer über Kaskaden zu Tal, füllt romantische Becken und speist schließlich die große Fontaine mit bis zu 50 Metern Höhe.

Tempel, Grotten und mehr

Natürlich gehören zum Ensemble des Landschaftsparks auch kleine Tempel, Pagoden, Grotten, Teiche, eine Pyramide und sogar ein, der damaligen Mode entsprechendes, chinesisches Dorf. Wo man auch entlanggeht, hinter jeder Ecke gibt es Neues zu entdecken.

Resümee

Der Bergpark Wilhelmshöhe bildet auch heute noch, und zwar für alle Besucher, so wie damals für die Gäste des Grafen konzipiert, ein absolut gelungenes Ensemble von Kultur, Natur, Unterhaltung und Entspannung. Hier kann man einen ganzen Tag verbringen und immer wieder Neues entdecken. Wer es mag, kann auf den zu überwindenden etwa 250 Höhenmetern seine Kondition testen, wer nicht, geruhsam durch die schönen Anlagen flanieren und ihren Reiz genießen oder der Kultur frönen – und ganz nebenbei daran denken – das alles hier ist vor mehr als dreihundert Jahren erdacht, angelegt und gebaut worden und funktioniert und fasziniert uns heute noch ebenso.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour durch Thüringen ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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