Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – S – Kirchenbezirk Gammelstad Luleå

Lebendige Tradition in Nordschweden

Die bemerkenswerte Kirchstadt Gammelstad in Luleå an der Spitze des Bottnischen Meerbusens wurde 1996 als das am besten erhaltene Beispiel für einen einzigartigen Siedlungstyp, der einst in ganz Nordskandinavien verbreitet war, auf die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Aus Handelsniederlassungen entwickelten sich Kirchstädte in Nordschweden zum Mittelpunkt religiöser Bräuche und weltlicher Treffen für die weit verstreuten Bauerngemeinden in dieser dünn besiedelten Region. Die Kirchstädte entstanden wegen der großen Entfernungen als Übernachtungsmöglichkeiten für den pflichtmäßigen Kirchbesuch und auch für den Bedarf der Kaufleute an solchen. Später traf man auch zusammen, um Märkte und Gerichtsverhandlungen zu besuchen oder Freunde zu treffen. Gammelstad wurde um 1600 erstmals als Kirchstadt erwähnt, Gottesdienste gab es hier seit Beginn des 14. Jahrhunderts. Neben den Kirchenhütten, die als kurzfristige Unterkünfte für Gläubige genutzt wurden, lebten Angestellte und Kaufleute in größeren, konventionelleren Häusern dauerhaft in der Siedlung. Heute gibt es im Kirchenbezirk Gamelstadt insgesamt 520 geschützte Gebäude, darunter 404 Kirchenhäuser und 116 andere. Die Häuser sind um die Kirche aus dem späten 15. Jahrhundert gruppiert. Die Kirche ist das einzige Steingebäude und zeugt durch ihre Größe und Ausschmückung vom Wohlstand der Region. Andere bemerkenswerte Gebäude sind die Bethelkapelle, das Separatistenhäuschen, das Pfarrhaus, der Gemeindespeicher, die Höfe des Bürgermeisters und des Hauptmanns und das Gasthaus. Der Handel in Gammelstad wurde in die neue Stadt Luleå verlegt, weil der ehemalige Hafen infolge der Landhebung nicht mehr nutzbar war. Gammelstad fungiert heute immer noch als Kirchstadt und ist die älteste, vollständigste und am besten erhaltene Siedlung dieser Art.

Mein Tag beginnt mit einer stürmischen Autobahnfahrt. Ein Abstecher zu den kleinen Fjorden am Meer bringt schöne Ausblicke auf Fischerdörfer und natürlich Lupinen.

Der Horizont wird weiter und ich komme durch die großen Wälder. Erstes Ziel ist der Storforsen. Das sind die größten Stromschnellen Skandinaviens. Hier wälzen sich durchschnittlich 250 m³ (in den Sommermonaten bis 870 m³) Wasser pro Sekunde über eine Fallhöhe von 60 m talwärts. Bei dem Sturm heute bin ich auch nicht böse, 90 km ins Landesinnere fahren zu können. Der Nadelwald hier steht auf Sandboden. Die Felder leuchten in der Sonne und im Hintergrund sehe ich die Berge.

Storforsen

Ich fahre schon kilometerweit neben einem großen Fluss entlang, bis der Storforsen ausgewiesen ist. Rings um die Stromschnellen ist ein Naturreservat angelegt, es sind Stege und Ausgucke gebaut, so dass jeder Besucher das Schauspiel von allen Seiten betrachten kann. Hier gibt es mein kleines Video.

In Schweden ist es wohl eher wie in Amerika, überall sind Picknicktische und Barbequeues für die Besucher eingerichtet. Es brutzelt um mich herum und ich muss schnell zum Dobby zurück, mein Magen macht sich bemerkbar.

Gammelstad

Knapp 100 km trennen mich vom nördlichsten Punkt meiner Tour am Bottnischen Meerbusen. Sie sind schnell gefahren. Schon an der Autobahn stehen große Hinweisschilder auf das UNESCO-Welterbe. Und dann sehe ich auch schon die imposante Kirche aus den großen Natursteinen mit dem weißen Kirchturm daneben.

Das kleine Kirchenstädtchen besteht aus winzigen roten Holzhäuschen, sie sind größtenteils original eingerichtet, so, wie sie damals an die Besucher vermietet wurden. Im Visitor-Center bekomme ich einen kleinen Stadtplan und erfahre neben den wichtigsten Informationen Interessantes zu den geschichtlichen Hintergründen und dem Leben in der Kirchstadt.

Das Städtchen hat eine lange Geschichte und Tradition und neben dem Freilichtmuseum werden einige Häuser auch noch heute ganz normal bewohnt. Alles ist perfekt in Schuss.

Die Nederluleå-Kirche beeindruckt nicht nur von außen, sondern auch von innen mit dem wunderschönen Flügelaltar und der kräftig bunten Kanzel. Über dem Altar die Decke ist mit Kalkmalerei verziert. Die Kirche ist hell fröhlich, nicht bedrohlich oder Respekt einfordernd. Um sie zu besichtigen, musste ich eine Zeremonie abwarten, die Kirchenstadt lebt also auch heute. Hier ist mein kleines Video mit Glockengeläut.

Resümee

Gammelstad war für mich ein Ausflug in eine andere Zeit und eine andere Welt, den ich genossen habe. Dieser kleine Ort passt absolut hier in die Landschaft und das Gefühl, das man beim durchfahren bekommt. Es hat mich sehr beeindruckt, dass die Häuser, die Einrichtung und die Tradition über viele hundert Jahre bewahrt wurden und der Ort auch heute noch seine Funktion hat. Er ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes. Für alle Städter ist es immer wieder ein Lehrstück, die Kontinuität des ländlichen Lebens zu spüren. Doch davon soll ich auf meiner weiteren Fahrt in den Norden noch mehrmals zu sehen und zu erleben bekommen.

Während einer kurzen Regenhusche schaue ich auf meine Karte. Ich habe heute schon viele Kilometer zurückgelegt, doch ich nehme mir vor, noch ein Stückchen Richtung Lappland nach Nordwesten zu fahren.

Ein Highlight hält die Strecke am Abend noch für mich bereit: Ich überquere den Polarkreis.

Tipp: Die gesamte Nord-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

Schreibe eine Antwort