Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – N – Vegaøyan – Vega-Archipel

Frauen-Power am Polarkreis

Der Vega-Archipel ist ein Flachwassergebiet an der Helgelandküste kurz südlich des Polarkreises. Er besteht aus einer Küstenlandschaft mit unzähligen Inseln, Inselchen und Schären. Fischer und Jäger lebten seit mehr als 10.000 Jahren auf den Inseln Vega und Søla, deren Gipfel fast 800 m aus dem Meer ragen. Der Vega-Archipel steht heute als Zeugnis für Menschen, die einzigartige, einfache Möglichkeiten entwickelt haben, in der Natur nachhaltig zu leben und mit ihr zu interagieren. Er zeugt von einer unverwechselbaren, sparsamen Lebensweise der Fischer-Bauern in einer unwirtlichen Umgebung, die auf dem Fischfang und der Ernte der Daunen von Eiderenten beruht. Die Pflege der Eiderenten durch die Frauen wurde zum Mittelpunkt ihrer Lebensweise. Diese Tradition ist bis heute lebendig. Der Vega-Archipel trägt den Welterbetitel seit 2004. Hier ist ein Video zur Einstimmung.

Tag 1

Ich bin zeitig von meinem Pass gestartet und fahre durch die Berge, nehme dann die Küstenstraße und setze mit der Fähre über. Die Sonne scheint, die Nebel heben sich, jeden Morgen fasziniert mich dieses Schauspiel. Ab und an sehe ich ein Haus entlang der Straße und mir wird heute so richtig bewusst, wie dünn besiedelt dieser Landstrich ist.

Die Fahrt hält einige Überraschungen für mich bereit, einen 11 km langen Tunnel und eine Brücke, die in einer 90°-Kurve auf einem Damm endet. Dann komme ich an die wunderschöne Helgeland-Küste, Schafe laufen über die Straße, Kühe sitzen auf den Wiesen daneben und rings um mich die kleinen Schären. 

Noch liegt der Nebel über dem Wasser, aber ich hoffe auf schönes Wetter heute auf der Insel. Schon bin ich an der Fähre nach Vega. Leider ist sie voll und wir müssen zweieinhalb Stunden auf ihre Rückkehr warten. Das Dörfchen ist vorbereitet, im Supermarkt gibt es Plunderteilchen und Kaffee und ich kann frisches Wasser auftanken.

Während der Überfahrt hat sich der Himmel völlig zugezogen und auf Vega beginnt es zu nieseln. Ich fahre zum Welterbezentrum, einem modernen Bau mit einer informativen und mit Liebe zusammengestellten Ausstellung über Leben und Arbeiten auf den Inseln und natürlich – die Eiderenten. Durch den Bau kleiner Häuschen und den Schutz des Geleges können die Entendaunen geborgen werden, sobald das Nest leer ist und die Enten ihre Wanderung angetreten haben. Das haben die Frauen hier erfunden und mit den besten und teuersten Daunen der Welt das Überleben auf den Inseln gesichert.

Es hat sich eingeregnet, im Auto ist es warm und trocken und ich beginne eine Rundfahrt über die Insel. Den einen oder anderen schönen Fotoblick kann ich aber trotzdem einfangen.

Dann steuere ich den Wanderparkplatz am Fuß des höchsten Berges an und versuche, einige Zeit auszuharren und zu hoffen, dass die Wolken sich heben. Doch mir ist das Wetter heute nicht hold, außer ein paar Metern am Strand entlang ist es zu nass und die Berge zeigen sich nur für Minuten. Deswegen mache ich es mir im Dobby mit warmem Essen und Hörbuch gemütlich und hoffe auf morgen.

Tag 2

Es hat die ganze Nacht geregnet, doch als ich am frühen Morgen aus dem Fenster schaue, sehe ich den Felsen hinter mir. Schnell Zähne geputzt, einen Kaffee, ein Rusk und auf zur Vega Treppe. Als ich die ersten 100 Treppenstufen genommen habe, fällt mir auf, dass sie alle privat finanziert sind, überall gibt es kleine goldene Schildchen mit den Namen der Spender.

Nach 500 Stufen habe ich meinen Rhythmus und auch meine Atmung gefunden – Pole Pole. Die Treppe ist 1363 Stufen hoch. Das sind gut und gerne 3-4 deutsche Kirchtürme. Aber der Ausblick lohnt die Anstrengung. Viele der kleinen Schären sind zu sehen, das grünlich-türkise Wasser rings um, die kleinen Häuschen, die darauf stehen. Ich mache hier oben eine ausgiebige Pause und natürlich dieses kleine Video. Der Abstieg ist nicht minder anstrengend, als ich unten bin, habe ich Gummibeine.

Dann drehe noch eine ausgiebige Runde bei besserem Wetter über die Insel zu den einsamen Bauernhöfen und durch die kleinen Dörfer. Als ich eine junge Bäuerin mit ihren zwei kleinen Kindern und einem Milchkännchen zum anderen Bauernhof wandern sehe, mache ich mir so meine Gedanken, wie sehr man doch mit sich, der Welt und seinem Leben mit der Natur im Einklang sein muss, um hier als Bauer zu leben.

In der Mitte der Insel gibt es den einzigen Supermarkt und eine Tanke. Die Fährüberfahrt zum Festland dauert jeweils eine Stunde. Wie muss man da sein Leben organisieren beziehungsweise mit wie wenig kann man auskommen.

Resümee

Die Welterbezuerkennung für den Vega-Archipel basiert u.a. darauf, dass hier auf den Inseln die Tradition noch gelebt wird. Ich habe das in den kurzen Stunden meines Besuchs gespürt bzw. sogar selbst erlebt – ich denke, das Vega-Treppenprojekt ist auch ein Teil dessen. Ich möchte auf jeden Fall zu einem Besuch der Helgeland-Küste und zu einer Überfahrt auf diese interessante Insel raten. Bei besserem Wetter lohnt sich auch ein Ausflug auf eine der benachbarten kleinen Inseln, wo die Eiderenten in ihren Häuschen zu sehen sind.

Mit der Fähre geht es in südlicher Richtung zurück zum Festland.

An der Helgeland-Küste entlang zu fahren ist Zeit-, Fähren- und auch Maut-intensiv, aber dafür wird man nach jeder Kurve mit neuen fantastischen Blicken belohnt. Ich möchte viel öfter anhalten, als Möglichkeiten vorhanden sind.

Nachdem ich das Land der Tausend Inseln verlassen habe, schlägt Norwegens Landschaft wieder gigantisch zu – Felsen, Serpentinen, große Seen. Etwa 100 km vor Trondheim ist es Zeit, meinen Übernachtungsplatz an der Badestelle eines kleinen Ortes anzufahren.

Tipp: Die gesamte Nord-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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