Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – S – Radiosender Grimeton in Varberg

Funksignale um die Welt mit Museumstechnik

Der Langwellensender Grimeton in der Gemeinde Varberg in Südschweden wurde 1922–24 erbaut und steht als außergewöhnlich gut erhaltenes Denkmal der frühen drahtlosen transatlantischen Kommunikation seit 2004 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Radiostation besteht aus der Sendeanlage mit dem ursprünglichen Alexanderson-Sender inklusive seiner Antennenanlage, Kurzwellensendern mit ihren Antennen, Funker- und Personalgebäuden, der alten Tankstelle und dem Kriegsbunker. Das Hauptgebäude wurde im neoklassizistischen Stil erbaut. Als Sendeantenne diente eine Alexanderson-Antenne mit zwölf 2,2 km langen Kupferdrähten, die an sechs riesigen, wie Hochspannungsmasten aussehenden Türmen aufgehängt sind. Mit 127 m Höhe und 46 m Breite der Querarme waren die Antennentürme damals die höchsten Bauwerke Schwedens. Der Standort Grimeton liegt an der schwedischen Westküste innerhalb eines Kreises ohne Hindernisse für Funkwellen um New York, dem Knotenpunkt des transatlantischen Sendesystems. Der Sender wurde ursprünglich zur Kommunikation zwischen Grimeton Radio und Radio Central in Long Island, USA benutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden interkontinentale Funkverbindungen zunehmend über Kurzwellenverbindungen aufgebaut und der Langwellensender durch das schwedische Militär zur Kommunikation mit seinen U-Booten genutzt. Der Sender in Varberg ist ein Zeugnis für den Beginn einer neuen Ära der Kommunikation und ein herausragendes Beispiel für die Entwicklung der Telekommunikation. Grimeton ist die einzige erhaltene große Sendestation auf der Grundlage vorelektronischer Technologie – und – als einzige ihrer Art noch voll funktionsfähig. Hier gibt es ein Video zur Einführung.
Zu besonderen Anlässen, wie dem Alexanderson-Tag der offenen Tür im Sommer jeden Jahres wird der Sender zur Abstrahlung einer kurzen Morsebotschaft in Betrieb genommen und auch zu Weihnachten gehen Morsegrüße um die ganze Welt – die von den Hobbyfunkern dann per Email beantwortet werden.

Nach 200 km auf vollen Autobahnen, die ich gar nicht mehr gewöhnt bin, weist das Schild Radiosender Varberg 10 km durch kleinste Dörfer, dann stehe ich auf dem Feld mit dem freien Blick nach Amerika. Die Reihe der hohen Sendemasten ist beeindruckend.

Im Welterbebüro bekomme ich eine Chipkarte um den Hals und fühle mich gleich ein bisschen zugehörig. Damit habe ich Zutritt zu den einzelnen Gebäuden und kann sie in Ruhe und meistens ganz alleine erkunden.

Und was ich da zu sehen bekomme, haut mich doch wirklich um. Ein Radiosender ohne Microchips umfasst ein ganzes Haus. Ich komme mir vor, wie im Physik-Kabinett meiner alten Schule. Die umfangreichen Informationstafeln, Funktionsschemata und Filme verdeutlichen, was hier einmal war und wie die einzelnen Komponenten funktionieren.

Ich sehe die Morsegeräte an den Funker-Arbeitsplätzen und kann mir förmlich vorstellen, wie das gewesen sein muss, als die Anlagen in Betrieb waren, die Morsetasten klickten, die Maschinen liefen und die Funken sprangen. Ich lese, schaue und staune. Auf den Weltkarten sind die Empfangsstationen für die Telegramme aus Schweden verzeichnet – welch ein riesiger Fortschritt für die damalige Zeit. Hier ist mein kleines Video.

Zum Abschluss möchte ich am liebsten noch eine Weile an den großen Antennen entlang laufen und meinen Gedanken nachhängen, da sehe ich auf der einen Seite des Himmels schwarze Wolken und höre ein Gewitter aufziehen, die ersten Blitze zucken bereits über die Felder.

Resümee

Dieses Welterbe ist sehr speziell und hochinteressant. Am Beispiel dieses Senders kann man erfassen, welche riesige Entwicklung in den letzten Jahrzehnten vonstatten gegangen ist. Mehr, als in dem ganzen Haus und den riesigen Antennentürmen untergebracht ist, liegt heutzutage in unseren Händen oder steckt in der Tasche. Was vor 100 Jahren hier begann, ist heute fast ein Spielzeug und selbstverständlich. Ein Morsetelegramm kostete einen Tageslohn, heute vesenden wir dank Flat unsere Fotos. Ich erinnere mich noch an die Erzählungen und die Begeisterung meines Vaters, wenn er mir als Kind Worte in Morsezeichen übersetzte. In Grimeton ist Technik-Geschichte sichtbar und lebendig und die wahnsinnig rasante Entwicklung greifbar. Ich habe auf der Weiterfahrt viel zum Nachdenken.

Grimeton war mein letztes Welterbe in Schweden und ich steuere die Fähre nach Dänemark an.

Es ist wieder schönes Wetter und ich habe einen guten Blick auf das Hamlet -Schloss. Es sieht in der Nachmittagssonne aus wie gemalt. Hier ist mein Video.

Tipp: Die gesamte Nord-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

Schreibe eine Antwort