Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – D – Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg

Kaum etwas hat Mitteldeutschland so bekannt gemacht wie das Wirken des großen Reformators Martin Luther. Ich beginne meine Runde in Eisleben, seiner Geburts- und Sterbestadt. Eine zweite Tour führt mich nach Wittenberg, wo er jahrelang gelebt und gewirkt, an der Universität gelehrt, in den Kirchen gepredigt und seine Thesen veröffentlicht hat.

Die Wirkungsstätten Martin Luthers gehören seit 1996 zum UNESCO-Welterbe. Die Denkmäler in Eisleben und Wittenberg stehen als authentische Schauplätze der Reformation und damit für historische Ereignisse und Entscheidungen, die das gesamte Leben der westlichen Welt über Deutschlands Grenzen hinweg beeinflussten. Eine ausführliche Beschreibung gibt es hier und zwei Videos vom diesjährigen digitalen Welterbetag sind hier zu sehen. In Eisleben stehen die Häuser, in denen Luther geboren wurde (1483) und starb (1546) und seine Taufkirche, im nahegelegenen Mansfeld das Haus seiner Eltern, in dem er aufwuchs. In Wittenberg befinden sich die Wohnhäuser von Martin Luther und seiner Frau Katharina von Bora, das Haus seines Freundes und Reformkollegen Philipp Melanchthon sowie die Ortskirche und die Schlosskirche, in der Luther am 31. Oktober 1517 seine berühmten 95 Thesen veröffentlichte und damit den Beginn der Reformation und einer neuen Ära in der religiösen und politischen Geschichte einläutete.

Lutherstadt Eisleben

Marktplatz von Eisleben

Eisleben ist ein wunderhübsches historisches Städtchen und seit Alters her mit dem Kupferbergbau verbunden. Darüber erfahren wir mehr in Luthers Geburtshaus.

Luthers Geburtshaus

Das kleine Haus unweit der “Bösen Sieben”, in dem Luther am 10. November 1483 geboren wurde, beherbergt eine Ausstellung zu Luthers Wurzeln und Entwicklung. Die Präsentation beginnt mit dem Kupferbergbau und der Tätigkeit seinens Vaters, berichtet über seine strenge Erziehung und Luthers spätere Meinung dazu, über die Ansichten seines Vaters zur Kirche, Luthers Ausbildung und die Entscheidung, Mönch zu werden und den daraus erwachsenden Konflikt mit seinen Eltern bis zur späteren Aussöhnung. Der Stammbaum verrät, was aus Luthers Kindern geworden ist und originale Handschriften und Kupferstiche vervollkommnen das Bild.

Im historischen Gebäude ist die Wohnung der Eltern nachempfunden, Luthers Taufstein aus der nahegelegenen Kirche und weitere interessante Dinge , wie z.B. seine Laute oder die Entstehung seines Siegels, der Lutherrose, sind zu sehen. Auch über die spätere Nutzung des Hauses als Schule und der Aufbau des Museums wird berichtet.

Luthers Sterbehaus

Mit Luthers Ansichten über den Tod und seinem letztem Weg beschäftigt sich die Ausstellung in Luthers Sterbehaus. Ein interaktiver Einstieg vermittelt zunächst einen Einblick in den Glauben der Menschen im Mittelalter – vor allem zum Sterben und zur Allgegenwärtigkeit des Todes, bevor in Luthers Reformationsgedanken eingeführt wird.

Neben vielen Büchern und Gemälden ist ein Nachbau von Luthers Sterberäumen zu sehen, auf den in einem weiteren Teil der Ausstellung in einer Zeitreihe näher eingegangen wird. Eine Abteilung widmet sich dem Wirken seiner Frau und auch dem Kampf um die Anerkennung seines Testamentes, in dem er der örtlichen Gesetzgebung zum Trotz alles ihr vermachte, ohne einen Vormund einzusetzen.

Knoblauchkönig und mehr

Auch wenn Eislebens Blütezeit mit dem Wegzug des Bergbaues und nach der Wende lange und sichtbar vorbei ist, lohnen sich ein Besuch der Lutherhäuser und ihrer gelungenen Ausstellungen, ein Gang durch die Altstadt, ein Blick aufs Lutherdenkmal vor dem Rathaus und das kleine Relief des “Knoblauchkönigs” an dessen Seite. Hübsch sind einige kleine Details nahe der Bösen Sieben, ein flüsternder Garten oder auch eine behäkelte Brücke. Unweit des Knappenbrunnens kann man übrigens kostenfrei parken.

Ich habe Eisleben noch als kulturelle und lebendige Stadt erlebt und würde mir von Herzen wünschen, dass meine Geburtsstadt ein paar mehr Besucher und Werbung von Wittenberg ab bekäme und sich dadurch rund um den Markt in den schönen historischen Gemäuern adäquate Läden, vielleicht Künstler oder Mittelalter-Boutiquen aus der Umgebung und Ähnliches ansiedeln könnten, die Touri-Info, die Eisdielen und Cafés wieder da und auch geöffnet wären …

Hin und weg

Unterwegs gibt es auch noch einiges zu sehen – vom Westen kommend das weithin sichtbare Kyffhäuserdenkmal, das dem Kaiser “Barbarossa” gewidmet ist, die Schlackenhalden, die vom blühenden Kupferbergbau im vergangenen Jahrhundert künden sowie den hübschen Süßen See, auch ein Überbleibsel dessen, mit seinem Schloss und den umgebenden Obstfeldern und Weinbergen.

Lutherstadt Wittenberg

Auf Luthers Spuren besuchen wir die bekanntere Schwester der Lutherstädte – Wittenberg. Hier ist man auf Touristenströme eingestellt, rings um das Zentrum gibt es ausreichend und hinter dem Stadtgraben und Luthergarten auch kostenfreie Parkplätze. Wer länger in der Gegend ist und sich die Welterbe in der Umgebung anschauen möchte, für den lohnt sich die Welterbe-Card.

Marktplatz von Wittenberg

Wittenberg empfängt uns mit dem, mit Bäumen aus aller Welt bepflanzten, Luthergarten, weithin sichtbar der imposante Turm der Schlosskirche. Touristen gibt es noch wenige, aber sie sind da und geführte Gruppen durchstreifen die Stadt.

Universität und Melanchthon-Haus

Unweit der alten Universität, der Leucorea, in deren Innenhof man gehen und die Namen der bedeutenden Persönlichkeiten studieren kann, befindet sich das Haus von Luthers Wegbegleiter und Unterstützer, dem Genie und großen Humanisten Philipp Melanchthon. Die Ausstellung beschäftigt sich mit seinem Lebenslauf, seinen besonderen Talenten und der Universitätslaufbahn, aber auch seiner Arbeitsweise und seiner Familie. Die Einrichtung ist nicht mehr vorhanden, dafür stehen schematische Möbel. Im Obergeschoss sind in den Studentenzimmern noch die Wappen erhalten und wir erfahren über ihr Leben und den Uni-Alltag.

Handschriften und Bücher zeugen von Melanchthons vielen Interessen und seinem unermüdlichen Schaffen, Büchernischen in den Wänden, wo er seine Schätze aufbewahrte. Sein Studierzimmer ist authentisch eingerichtet und im Garten des Hauses liegt der Kräutergarten mit seinen unbeschreiblichen Gerüchen, die Wasserleitung plätschert wie in alten Zeiten. Die Ausstellung wird abgerundet durch Bilder und Plastiken, wie man Melanchton sah und sieht.

Lutherhaus

In Luthers Wohnhaus in seinem ehemaligen Kloster und der Wirkungsstätte seiner Frau Katharina von Bora, empfängt uns ebenso keine Möblierung, dafür aber eine spannende und anschaulich dargestellte Geschichte seines gesamten Lebensweges. Viele Schriften, Bücher, Gemälde und einige Gegenstände, wie z.B. seine Kutte oder seine Kanzel, untermalen dieTexte. Anhand von Modellen wird die Nutzung der Zimmer dargestellt und man erfährt über die Umbauten des Hauses, das Wirken seiner Frau, deren Aufbau und Leitung des Familienunternehmens mit Landwirtschaft, Bierbrauerei und Vermietung an Studenten.

Im Obergeschoss befindet sich das originale Lutherzimmer, in dem man förmlich den Tischgesprächen lauschen kann. Die Ausstellung berichtet ebenso über Luthers Unterstützer, Mäzene und Wegbegleiter, die junge Universität und letztlich die technische Erfindung, die die Verbreitung seiner Lehre erst möglich machte, den Buchdruck.

Kirchen

Ein Höhepunkt des Wittenberg-Besuches sind natürlich die Kirchen. Zunächst die Stadtkirche, die Mutterkirche der Reformation, in der Martin Luther und Johannes Bugenhagen viele Jahre und auf deutsch predigten. Die sonst schlicht ausgestattete Kirche beherbergt als Schatz den Reformationsaltar von Lucas d.Ä. und d.J..

Die Schlosskirche, von Friedrich dem Weisen, Luthers Landesherren, errichtet und 1503 geweiht, diente ab 1507 als Universitätskirche. Hier hielt Philipp Melanchton seine Antrittsrede und am 31. Oktober 1517 soll Martin Luther seine 95 Thesen an die damals hölzerne Tür angeschlagen haben, um die Diskussion über den Ablasshandel zu eröffnen. In der Kirche befinden sich u.a. die Gräber von Luther und Melanchton. Sie ist nicht mehr in ihrer ursprünglichen Ausstattung zu sehen, auch die Thesentür wurde durch eine bronzene ersetzt. Eine Austellung im Schloss informiert über die Geschichte.

Marktplatz

Der Marktplatz mit den Denkmälern für Luther und Melanchton, dem Renaissance-Rathaus, dem Brunnen und den bunten Bürgerhäusern ist das Schönste der Altstadt.

Eine Anmerkung in eigener Sache – Eine Entäuschung an diesem informativen und schönen Besuch der Stadt ist uns leider nicht erspart geblieben. Obwohl die Öffnungszeiten coronabedingt reduziert waren (wir konnten z.B. nach 16 Uhr nicht mehr auf den Turm der Schlosskirche), wurden sowohl in der ganzen Innenstadt, als auch in den Sehenswürdigkeiten die Regeln weitgehend ignoriert. Es wurde hier sogar informiert, dass ein Mundschutz in den Innenräumen nicht notwendig sei. Hoffnung gab immerhin, dass sich zumindest einige Touristen freiwillig an die Corona-Regeln gehalten haben.

Resümee

Ein Besuch der Lutherstätten ist eine tage- und kopffüllende Aufgabe. Alle vier Austellungen in den Häusern berichten interessant und jeweils unter anderen Gesichtspunkten über die geschichtliche Zusammenhänge, die Wurzeln und Entwicklungen, die neuen Erkenntnisse und ihre Verbreitung. Deshalb möchte ich unbedingt empfehlen, ausreichend Zeit einzuplanen und nicht nur Wittenberg, sondern auch Eisleben und seine Umgebung zu besuchen, da dort die Ausstellungen mit so viel Liebe gestaltet wurden und gerade das Sterbehaus die Geschichte besonders greifbar darstellt, sodass es sehr schade wäre, wenn sie nicht gesehen würden.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour durch Sachsen-Anhalt ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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