Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – NL – Eise Eisinga Planetarium

Erstaunliches in einer kleinen friesischen Stadt


Das Royal Eise Eisinga Planetarium in Franeker steht seit 2011 auf der UNESCO-Welterbe-Vorschlagsliste. Es ist das älteste noch funktionsfähige Planetarium der Welt. Das Modell des Sonnensystems ist im originalen Zustand und in Betrieb. Entworfen und gebaut wurde es zwischen 1774 und 1781 von Eise Eisinga, einem friesischen Wollkämmerer und autodidaktischen Amateur-Mathematiker und -Astronomen (1744-1826). Er war kein Wissenschaftler, sondern ein kreatives Genie. Eisinga konstruierte das Modell unseres Sonnensystems aus Eigeninitiative, um zeitgenössische Prophezeiungen, dass die Welt kurz vor dem Ende stehe, wissenschaftlich zu widerlegen. Er baute das Planetarium in seinem eigenen Haus, es befindet sich an der Decke des Wohnzimmers. Die Zahnradkonstruktion im Dachboden wird von einer Pendeluhr gesteuert und von zusätzlichen Gewichtszügen angetrieben. Die Planeten bewegen sich in Echtzeit an langen Fäden, die von der Decke hängen.

Das Planetarium ist seit jeher für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich und hat bereits 1783 wissenschaftliche Anerkennung erhalten. Alle Bücher und Schriften von Eisinga sind erhalten und im Museum im Eisinga-Haus zu sehen.

Ich komme vom Wattenmeer aus nach Franeker, fahre über schmale Brücken und Kanäle mit sich spiegelnden Booten. Nun gut, das erwartet man ja in Holland. Aber dann empfängt mich ein ganz historisches Städtchen mit einem altersschiefen Torhaus, einem reich verzierten Rathaus, einer imposanten Backsteinkirche und wunderschönen Häusern aus dem 17. Jahrhundert.

Mittendrin das moderne Leben – Läden, Boutiquen, Restaurants.

Bis ich das Eisinga-Haus besichtigen kann, muss ich wegen der Corona-Beschränkungen eine Weile warten. Ich gehe am Kanal entlang und bin an jeder Ecke neu erstaunt. Vom verspielten Rathaus tönt das Glockenspiel.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, ich schaffe es gar nicht, alles zu fotografieren, was es in der Umgebung des Museums zu sehen gibt. Hier ist mein kleines Video.

Die Grachtenstadt Franeker , später auch Universitätsstadt, wurde im 11. Jahrhundert gegründet. Ich lese nach und muss als Sächsin schmunzeln – Der deutsche Kaiser Maximilian I. besetzte Ende des 15. Jahrhunderts Friesland und übertrug dem Herzog von Sachsen, Albrecht dem Beherzten, die Erbstatthalterschaft. Dieser setzte seinen Sohn Heinrich den Frommen als Statthalter ein und Franeker wurde seine Residenz. Nach Streitigkeiten um die Abgaben überließ Heinrich die Herrschaft über Friesland seinem Bruder Georg dem Bärtigen.

Das Museum mit dem Planetarium übertrifft bei Weitem meine Erwartungen. Es berichtet in Originalatmosphäre über das Leben und Schaffen des Woll-Fabrikanten und do it yourself Mathematikers und Astronomen. Die Vitrinen zeigen neben einer wertvollen Sammlung von Himmelsdarstellungen, Karten und Büchern auch seine Werke, historische Fernrohre und Instrumente.

Das Planetarium befindet sich im Wohnzimmer der Familie Eisinga, in dem es noch die Originaleeinrichtung mit Bett und kleiner Kochstelle gibt. Ich kann mich mit eigenen Augen überzeugen – das Planetarium funktioniert, zeigt das richtige Datum, Wochentag und die lokale Uhrzeit an. Zum Herz- und Räderwerk führt das schmale, mit holländischen Kacheln verkleidete, originale Treppenhaus hoch ins Dachgeschoss.

Zum Museumskomplex gehört außerdem noch der Salon des späteren Besitzers, eines Kaffeerösters, mit verschiedenen astronomischen Instrumenten und Modellen und Eisingas Wollfärberei.

Resümee

Mein Besuch in Franeker war für mich eine echte und große Überraschung. Hand aufs Herz – wer hat schon mal ein Planetarium an einer Wohnzimmerdecke gesehen? Ich bin nach Franeker gefahren, habe es mir angeschaut und bin begeistert – ein Must See in meinen Augen.

Das Museum erzählt die spannende Geschichte eines leidenschaftlichen Astronomen und bietet unterhaltsames Wissen über Mathematik und Astronomie, Orientierung am Himmel und ihren Einsatz, z.B. in der Schifffahrt. Die authentische Atmosphäre des alten Hauses unterstützt die Freude am Rundgang durch die Räume. Last but not least ist das kleine Städtchen Franeker einen Besuch und einen ausgedehnten Rundgang wert.

Tipp: Die gesamte Benelux-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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