Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – NL – Kolonien der Barmherzigkeit

Einblicke in ein interessantes soziales Projekt


Die Kolonien der Barmherzigkeit sind das neueste Welterbe der Niederlande, sie wurden 2021 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Sie widmen sich einem soziales Experiment, um der Armut zu begegnen, die die napoleonische Unterdrückung hinterlassen hatte. 1818 wurde die erste Kolonie in Frederiksoord gegründet, dort befand sich auch der Sitz der Gesellschaft der Wohltätigkeit. Hier wurden kleine Bauernhäuschen errichtet und den armen Städtern zur Verfügung gestellt, um das umliegende Land urbar zu machen und zu bewirtschaften. Eine weitere Kolonie wurde im benachbarten Wilhelminaoord errichtet, zwei spätere in Veenhuizen und im belgischen Wortel. Die letzteren fanden staatliche Unterstützung, weil sie schwierigeres Klientel aufnahmen. Die Gesellschaft der Wohltätigkeit war mit ihren Ideen und ihrem sozialen Engagement ihrer Zeit um 100 Jahre voraus. Ihr Experiment der Aufklärung basierte auf dem Konzept der produktiven Arbeit mit dem Ziel, arme Menschen in fleißige Bürger und unbebaute Böden in produktives Land zu verwandeln. Neben der Landwirtschaft waren Bildung, medizinische Versorgung und Gemeinschaftseinrichtungen fester Bestandteil der Siedlungen. Über einen Zeitraum von sieben Jahren wurden in den Kolonien fast 80 Quadratkilometer Brachland, das als nicht besiedelungsfähig galt, zurückgewonnen. Auf ihrem Höhepunkt Mitte des 19. Jahrhunderts lebten über 11.000 Menschen in den Kolonien in den Niederlanden. In Belgien erreichte ihre Zahl 1910 mit 6.000 ihren Höchststand. Die Kolonien der Barmherzigkeit erregten beträchtliche internationale Aufmerksamkeit. Mehr als ein Jahrhundert lang übten sie Einfluss auf verschiedene Formen der Betreuung in Westeuropa und darüber hinaus aus.

Wilhelminaoord

Ich erreiche die Siedlungen der Barmherzigkeit am Nachmittag. Zunächst komme ich nach Wilhelminaoord und muss etwas suchen. Die Siedlungen sind erst seit wenigen Wochen Welterbe und ihn Wilhelminaoord werde ich noch etwas komisch angeschaut, als ich ein Häuschen fotografiere. Auch die Kirche ist nur sonntags für zwei Stunden geöffnet.

Frederiksoord

Also fahre ich weiter. Frederiksoord überrascht mich dann aber doch positiv. Obwohl ich nicht mehr ins Museum kann, weil die netten Damen am Eingang meinen, meine Zeit würde nicht mehr für den Film und Ausstellung reichen und ich solle doch besser morgen wiederkommen, geben sie mir eine Broschüre und eine Eintrittskarte mit dem Eintrittscode für ein Museumshäuschen und die Schule. Das Museum wäre bestimmt sehr interessant und anschaulich gewesen – hier ist der Link auf die Ausstellung und einen Trailer des Films.

Ich beginne meinen Rundgang. Der ganze Ort ist ein Freilicht-Museum. Viele der Häuser haben Schilder davor und Fotos, wie sie früher ausgesehen haben und was sie beherbergten. Frederiksoord war ja der Sitz der Gesellschaft der Wohltätigkeit.

Gerade als es anfängt, ganz fürchterlich zu regnen, habe ich das Museumshäuschen erreicht und kann darin Unterschlupf finden. Ich fotografiere die Einrichtung, mache mir meine Gedanken, wie die Leute damals hier gelebt haben und wartet den Regenguss ab.

Jetzt sind alle Wege unter Wasser und auch mein Auto ist nicht erreichbar.

So laufe ich zur Schule, wo mich der zweite Regenguss überrascht. Da kann ich mich dann freuen, wieder mal, trocken, auf der Schulbank sitzen zu dürfen.

Resümee

Das neue niederländische Welterbe entführt in eine Welt vor 200 Jahren und zeugt von Problemen und Ideen, die gar nicht so fern sind. Ich habe mich gefreut, zum neuen Status gratulieren zu dürfen. Ein Besuch in Frederiksoord lohnt sich auf jeden Fall. Schon beim Spaziergang durch den wirklich gut darauf vorbereiteten Ort kann man Vieles entdecken. Das Museumshäuschen und die Schule sind erlebenswert und das Museum liefert sicher viele interessante Hintergrundinformationen und mit seinem Film jede Menge Zeitcolorit.

Ich muss jetzt aber weiter, denn ich bin mit Laura zum Wochenendtreff im Nationalpark De Hoge Veluwe verabredet. Am Wegesrand mache ich noch einige schöne Entdeckungen, wie ein hübsches altes Städtchen und ein Pumpwerk.

Ich übernachte an einer Schleuse in der Nähe der wiederauferstandenen Insel Schokland.

Tipp: Die gesamte Benelux-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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