Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – B – Schiffshebewerke des Canal du Centre

Ingenieurskunst am alten Kanal

Die vier hydraulischen Schiffshebewerke am historischen Canal du Centre
stehen als einzigartige Industriedenkmäler seit 1998 auf der UNESCO-Welterbeliste. Zusammen mit dem Kanal, Maschinenhäusern, Arbeiterunterkünften, Hebe- und Drehbrücken und einer Schleuse bilden sie ein ausgesprochen gut erhaltenes und vollständiges Beispiel für die Industrielandschaft im späten 19. Jahrhundert. Von den acht hydraulischen Schiffshebewerken, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurden, sind die vier am Canal du Centre weltweit die einzigen, die noch in ihrem funktionstüchtigen Originalzustand und sogar noch in Betrieb sind.

Für den Kohleexport aus dem wallonischen Becken gab es kaum schiffbare Wasserwege, weshalb 1884 mit dem Bau des Canal du Centre begonnen wurde. Die Öffnung für die Schifffahrt erfolgte 1917. Das Problem beim Bau bestand einerseits im großen Höhenunterschied, der auf kurzer Distanz zu überwinden war und andererseits der geringen Wassermenge. Eine Lösung lieferten die von englischen Ingenieuren entwickelten hydraulischen Hebewerke. Auf einer Strecke von 7 km wurde für den Canal du Centre eine weltweit einzigartige Serie von vier Schiffshebewerken gebaut, die jeweils einen Höhenunterschied von 15 bis 16 Metern (insgesamt über 66 m) überbrücken.

Der Kanal, der früher 300-Tonnen-Schiffe aufnahm, wird heute für die Freizeitschifffahrt genutzt.

Ich habe mir die Kohleförderung angesehen und folge jetzt ihrem Weg flussabwärts. Bald kreuze ich den heute sehr idyllischen alten Canal du Centre. Google maps schlug mir vor, zunächst das neue Schiffshebewerk anzufahren, das sich am neuen Kanal befindet und die gesamte Höhendifferenz überwindet. Ich sehe den Koloss bereits hinter den Häusern.

Das neue Schiffshebewerk Strépy-Thieu kann man besichtigen. Zunächst hierher zu kommen, ist eine gute Idee, denn so sehe ich das ganze Ausmaß der am alten Kanal geleisteten Ingenieurskunst und der zu überwindenden Höhendifferenz. Ich habe das Glück, dass ich eine Hebung miterleben kann und bin beeindruckt. Hier ist mein kleines Video.

Neben dem neuen Hebewerk gibt es eine Karte mit den Standorten der historischen. Mit der französischen Bezeichnung ist die Suche auf meinen Karten auch nicht mehr schwer.

Die Gegend ist bergig, am Kanal entlang liegen kleine Orte und ich schlängele mich durch winzige Straßen. Drei der Hebewerke kann ich anfahren, eine Straßensperrung blockiert das vierte. An jedem finde ich Tafeln mit den Details, technischen Daten sowie Beschreibungen zur Funktionsweise.

Die alten Schiffshebewerke sind von historischen Gebäuden umgeben, ich fahre über Kopfsteinpflasterstraßen, quere alte Brücken und freue mich über jeden Standort, den ich entdecke.

Der alte Canal du Centre ist mittlerweile recht zugewachsen und die Kolosse aus Stahl mit ihren roten Gebäuden wirken darin filigran und romantisch.

Resümee

Die historischen Schiffshebewerke und der Canal du Centre stehen im direkten Zusammenhang mit dem Kohlebergbau in der Region. Der Kanal wurde gebaut, um die Kohle exportieren zu können. Die historischen Hebewerke, die sich heute eher idyllisch im Wasser spiegeln, waren vor über 100 Jahren ein technisches Meisterwerk. Das ganze Ausmaß dessen, was hier geleistet wurde, wird bei einem Besuch des modernen Hebewerkes Strépy-Thieu deutlich. Eine Rundfahrt durch die kleinen Orte am Kanal, zu den historischen und dem neuen Schiffshebewerk ist eine Zeitreise und gelungene Ergänzung zum Besuch der bedeutenden Orte des wallonischen Bergbaus. Ich habe viel Spaß gehabt, dieses ungemein interessante und zugleich stimmungsvolle Welterbe aufzuspüren.

Tipp: Die gesamte Benelux-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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