Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Arabisch-normannisches Palermo und die Kathedralen von Cefalù und Monreale

In meinem Bergdorf hat ein heftiger Sturm gewütet und am Morgen ist der Himmel noch wolkenverhangen. Ich begebe mich auf die steile Abfahrt Richtung Palermo und komme wieder durch ein Blütenmeer.


Das seit 2015 auf der UNESCO-Liste stehende Welterbe des arabisch-normannischen Palermo umfasst neun bürgerliche und religiöse Bauwerke aus der Zeit des normannischen Königreichs Sizilien (1130-1194): den Königspalast und die Pfalzkapelle, den Zisa-Palast, die Kathedralen von Palermo, Monreale und Cefalù, die Kirchen San Giovanni degli Eremiti, Santa Maria dell’Ammiraglio und San Cataldo sowie die Admiralsbrücke. Zusammen bilden sie ein hervorragendes Beispiel für die soziokulturelle Vermischung von westlichen, islamischen und byzantinischen Kulturen auf der Insel. Daraus entstanden neue architektonische und künstlerische Konzepte von Raum, Struktur und Dekoration, die sich im gesamten Mittelmeerraum verbreiteten. Am eindrücklichsten sind sicher die farbintensiven goldenen Mosaike. Das Welterbe zeugt vom fruchtbaren Zusammenleben von Menschen muslimischer, byzantinischer, lateinischer, jüdischer, lombardischer und französischer Herkunft und Religion.

Kathedrale von Monreale


Ich bin dem Irrtum erlegen, dass hier in Italien Karfreitag auch ein Feiertag sei. Weit gefehlt, gleich am Anfang meiner Fahrt kriecht ein Bauer mit seiner Raupe einen fast senkrechten Berg hoch, dann kommen die LKWs , der Verkehr ist dicht und die Straße nach Palermo ist eine einzige Baustelle. Zum Glück hält sich keiner an die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, sonst würde ich erst nachmittags in Palermo ankommen. Irgendwo sehe ich im Vorbeifahren ein kleines braunes Schild zu einem der arabisch-normannischen Denkmäler, aber ich quäle mich zuerst wieder aus der Stadt und den Berg hoch nach Monreale.

Jetzt scheint die Sonne und Monreale ist der typische Gebirgsort, den ich so schon kenne, schmale Gassen, steile Kopfsteinpflasterstraßen und oben am großen Platz die Kathedrale. Auf dem Markt wird für Ostern aufgebaut.

Meine Runde beginne ich mit dem Kreuzgang. Ich habe ja schon einige Klöster besucht, aber dieser Kreuzgang ist von noch nie gesehener Schönheit – Gold, Ornamente, verzierte Säulen und Bögen.

In der Kathedrale selbst muss man die Besucher gar nicht auffordern, still zu sein, sie sind es ob dieser goldenen Pracht von alleine. So etwas haben wir wahrscheinlich alle noch nicht gesehen. An jeder Wand werden neue Geschichten erzählt man kann die Kirche entlang gehen wir in einem Bilderbuch. An einer Säule befindet sich das Krönungsmosaik des normannischen Königs Wilhelm II von Sizilien, der auch hier begraben ist. (Video)

Palermos Straßenleben


Es ist mittlerweile unter Mittag, der Verkehr scheint etwas nachgelassen zu haben und ich starte einen Versuch, bis in die Innenstadt zu kommen. Parkplätze in Palermo sind absolute Mangelware und ich flüchte mich aufs Gelände der Universität, dort stehen einige Womos und ich stelle mich frech daneben. Die Mitarbeiterin der Security winkt, das sei schon so in Ordnung. Also auf in den Fußgängerwahnsinn.

Ich gehe durch die schmalen Gassen, teilweise sind sie noch schmaler und höher, als ich von den anderen Hafenstädten schon kenne. Aber es gibt einen auch für mich als Fremde bemerkenswerten Unterschied – hier unten pulsiert nicht nur das Leben, hier findet es an jeder Ecke statt. Marode Mauern sind mit Graffitis verschönt, davor stehen Stühle und Tische, kleine Läden und Imbissstände bieten Getränke und Panini an. Ich bin sofort mittendrin und eingenommen von diesem ganz besonderen Straßenfeeling.

Zwischen all dem stehen Kirchen und Paläste. An den meisten sieht man nicht nur den Zahn der Zeit, sondern auch noch die Spuren des alten Glanzes oder ihrer einstigen Bestimmung.

Königspalast von Palermo

Der Palazzo Reale macht seinem Namen als Königspalast alle Ehre. Ich möchte gerne in die Cappella Palatina gehen und kaufe ein Kombi-Ticket für den Palast. Hier ist es mit Corona besonders streng – Impfpass zeigen, Maske auf, Taschen durchleuchten und dann wird alles noch eingesprüht.

Als kleines Zusatzbonbon gibt es gerade eine Fotoausstellung von Steve McCurry. Die Runde beginnt im Palast. Vom Wandelgang aus geht es in die Cappella Palatina, die sich direkt im oberen Geschoss des Palastgebäudes befindet.

Die Cappella Palatina ist wieder voller Gold und wunderschöner Mosaike, etwas anders im Stil, sehr beeindruckend. Ich erinnere mich an die Kathedrale von Amalfi, die ja auch unter arabisch-normannischem Einfluss erbaut wurde. (Video)

Der Rundgang hier in Palermo war wesentlich länger, aber auch wesentlich erfolgreicher als ursprünglich gedacht und ich bin von dieser Stadt absolut positiv überrascht und froh, mich hier in den Verkehr gewagt zu haben.

Kathedrale von Cefalù



Die Kathedrale von Cefalu steht malerisch über der Stadt und vor dem Hausberg. Ich komme von oben und habe von hier wahrscheinlich den schönsten Blick.

Cefalu scheint viele Besucher anzuziehen. Eine kleine historische Altstadt, dazu noch die Lage am Meer. Ich parke etwas außerhalb und spaziere durch die Gassen. Dann stehe ich vor der Kathedrale am großen Platz.

Sie ist innen bei weitem nicht so vollständig golden wie die anderen des heutigen Tages, aber trotzdem wieder beeindruckend. Eigentlich könnte man wohl noch Teile des Klosters und den Kirchenschatz besichtigen, das hätte ich gerne gemacht. Doch jetzt beginnen die Vorbereitungen für den Karfreitagsgottesdienst.

Auf dem Domplatz sind die Tische gedeckt und die Gäste lassen sich zum Abendbrot nieder, in den Gassen der Stadt beginnt das abendliche Leben.

Resümee

Palermo ist eine sehr bemerkenswerte Stadt. Trotz des Verkehrschaos entbehrt sie nicht einer gewissen, ganz speziellen, Stadt-Romantik. Und dazu beherbergt sie die wunderschönen Kirchen und Paläste mit den mit Gold verzierten Mosaiken, die ich in dieser Fülle und Farbigkeit noch nie gesehen habe. Es lohnt sich auf jeden Fall, in den Vorort Monreale zu fahren, die dortige Kathedrale ist die schönste von allen. Das Küstenstädtchen Cefalù ist ebenfalls schon alleine wegen seiner hübschen Lage und seiner Altstadt einen Besuch wert. Und wenn man durch diese goldenen Bilderbücher geht, kann man sich noch einmal vergegenwärtigen, dass dies alles nur durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Kulturen entstehen konnte. (Video)

Mein Schlafplatz ist in einem kleinen Ort am Meer und ich erlebe eine eindrückliche Osterprozession entlang der Straße. Ein schöner Abschluss für diesen eindrucksvollen Tag.

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