Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – LT – Kaunas und Nationalpark Trakai (Tentativliste)

Ich bin von Polen aus unterwegs nach Vilnius. Auf meinem Weg dorthin liegen zwei Welterbekandidaten, die ich mir gerne anschauen möchte.

Die Grenze zu Litauen erkenne ich nur an einem Schild neben der Straße, das mir anzeigt, dass ich jetzt im nächsten Land angekommen bin. Als ich an den Stadtrand von Kaunas komme, liegen wieder 200 km hinter mir.

Kaunas 1919-1939: Die von der Moderne inspirierte Hauptstadt – aktuelles UpdateWelterbe seit 2023

Kaunas steht seit 2017 als Moderne Hauptstadt auf der UNESCO-Tentativliste. In den Jahren von 1919 bis 1939 wurde Kaunas die neue Hauptstadt des nach dem 1. Weltkrieg wieder entstandenen Staates Litauen und erlebte während dieser kurzen, aber sehr intensiven Zeit, die wichtigste Phase seiner historischen Entwicklung. Als bescheidene kaiserlich-russische Garnisonsstadt erlangte Kaunas plötzlich eine ungeahnte Bedeutung und sein Status als Hauptstadt erzeugte einen enormen Bauboom in der gesamten Infrastruktur, von Regierungsinstitutionen über Bildungseinrichtungen, Industrie- und Bürogebäuden, Wohnungen, Museen bis hin zur Wasserversorgung, Kanalisation, Straßen und Parks. Die intensivste Bauzeit von 1927 bis 1940 fiel mit enormen Veränderungen in der Architektur zusammen, denn in den 1930er Jahren avancierte die Moderne in kürzester Zeit zum internationalen Stil. Die revolutionären Ideen von Le Corbusier, Walter Gropius, Mies van der Rohe und anderen Weltklasse-Architekten und Architekturschulen fanden an Tausenden von Orten auf der ganzen Welt Anwendung. Auch die städtebauliche und architektonische Entwicklung von Kaunas wurde eine der bedeutendsten Manifestationen der frühen Phase der modernen Bewegung. Bestimmt durch die finanziellen Möglichkeiten einerseits und die Inspirationen der modernen Welt zu sozialer Infrastruktur andererseits wurden für die Entwicklung der neuen Hauptstadt die vorgegebene Größe und natürliche Umgebung kreativ genutzt. Ein Beispiel ist die Auferstehungskirche auf der Spitze des Stadtberges, die Stadtkrone Bruno Tauts.

Ich parke oberhalb von Kaunas an der Cable-Car-Station. Das schlechte Wetter ist vorbei und ich kann mir von hier oben aus einen schönen ersten Überblick verschaffen. Linda hat mir in bewährter Weise ihre Must See auf der Karte markiert und ich freue mich auf die Runde.

Einen aktuellen Routenvorschlag auf den Paths of Modern Art gibt es auch hier.

Die Treppe hinunter und über die Brücke komme ich in die historische Altstadt, deren Gebäude sich im Wasser spiegeln. Am Platz vor dem Rathaus wird gebaut, historische Fotos und Informationen machen die Bauzäune interessant.

Ich besuche die pastellfarbig barock ausgestattete Peter und Paul Kathedrale und werde gleich an die Wies-Kirche in Bayern erinnert.

Die kleine Geschäfts- und Restaurant-Straße rüstet sich gerade für die Nachmittags- und Abendbesucher.

Die alte Burg erhebt sich imposant am Zusammenfluss der beiden Flüsse Memel und Neris.

Vom Turm aus habe ich den ersten Blick auf eines der beeindruckenden Streetart-Objekte, auf die ich bei meinem Rundgang immer wieder treffe.

Eine interessante Ausstellung solcher Kunstobjekte kann ich mir im Innenhof der Klemo Galerija anschauen, einem von Lindas Insider-Tipps.

Im neuen Zentrum komme ich über breite Fußgänger-Boulevards, gesäumt von alten Stadtvillen, modernen Häusern, Geschäften und Restaurants, dazwischen viel Grün, Springbrunnen und Skulpturen. Es macht Spaß, zwischen all den Besuchern hier entlang zu flanieren.

Auf meinem Weg zur zur modernen Kirche Christi Auferstehung oben auf dem Berg komme ich am Kunstmuseum, einem Skulpturengarten und einem Hotel aus den 20ern vorbei. Der Aufstieg auf den Kirchturm fällt leider aus, weil ich vergessen habe, mein Kleingeld einzustecken.

In Lindas Lieblingscafé mit den vielen Bücherregalen gönne ich mir einen großen Eiskaffee und beende zufrieden meinen Rundgang durch Kaunas. Ich kann noch gar nicht sagen, was mir besser gefiel, die kleine historische Altstadt oder die von modern bis futuristisch gestaltete Neustadt.

Nach 364 Stufen hinauf zum Parkplatz starte zum nächsten Punkt der litauischen Welterbe-Tentativliste.

Hier gibt es noch mein kleines Video und einen aktuellen Link.

Historischer Nationalpark Trakai

Der Trakai-Park 25 km westlich der Hauptstadt Vilnius steht schon seit fast 20 Jahren auf der UNESCO-Tentativliste. Der Nationalpark wurde 1991 um die historische Stadt Trakai mit ihren Wäldern, Seen, Sümpfen und Moränenhügeln, Dörfern mit traditioneller Bauernwirtschaft, Burgen und Schlössern, gegründet. Die Landschaft liefert perfekte Bedingungen für eine große Vielfalt an Flora und Fauna, darunter viele seltene und Arten von europaweiter Bedeutung. Das Gebiet spiegelt wichtige historische Ereignisse Litauens wider. Seit Tausenden von Jahren besiedelt, erlangte Trakai im 13. und 14. Jahrhundert besondere Bedeutung, als sich das Großherzugtum Litauen als der letzte heidnische Staat in Europa den Kreuzzugsversuchen, angeführt vom Deutschen Orden, widersetzte.

Fast 100 km sind es bis Trakai und seinem großen See mit dem Schloss auf der Insel. Der Ort ist ein kleines Fischerdorf mit bunten Holzhäusern, das natürlich mittlerweile von seinen Touristen lebt. Wer einen kleinen Hof besitzt, hat einen Parkplatz daraus gemacht.

Ich streife durch den Ort und umrunde dann das Wasserschloss, das eine Abenteuerburg für Familien zu sein scheint. Ich gehe durch den Burggraben und die Torbögen und sehe, dass es sich am gegenüberliegenden Ufer auch noch andere Herrschaften gemütlich gemacht und ihre Schlösser errichtet haben.

Trakai ist sehr idyllisch, für mich heute aber viel zu überlaufen und ich beende meinen Besuch, bevor meine Parkzeit abgelaufen ist und rechtzeitig vor der abendlichen Regenhusche. Ich habe mir einen Nachtplatz etwas außerhalb von Vilnius gesucht und stehe im Wald auf einem Wanderparkplatz an einem 100 km langen Wanderweg, der Vilnius einmal umrundet. Eine durchaus interessante Idee.

Resümee

Kaunas ist eine junge hippe Stadt mit einem Mittelalterkern und macht durch viele Aktionen und Attraktionen auch heute ihrem Anspruch als Stadt der Moderne alle Ehre. Sie ist geprägt von Studenten, Künstlern und multikulturell aufgeschlossenen Menschen. Es macht Spaß und ist anregend, durch den modernen, aber auch den beschaulich historischen Teil der Stadt zu wandeln.

Laut diesem Artikel ist Kaunas eines der angesagten Reiseziele 2022.

Für den Nationalpark Trakai hatte ich an einem Sommerferien-Nachmittag sicher nicht den optimalen Besuchstermin, trotzdem waren Ort und Schloss idyllisch und der Nationalpark ist sicher mehr als eine Wanderung oder Radtour wert.

Ich habe auf meiner bisherigen Tour die Erasmus-Studienorte meiner beiden Töchter in Welterbe-Mission und etwas anderer Sicht angeschaut. Dabei habe ich mich gefreut, einiges von meinem durch mein Projekt gewonnenen neuen Wissen anwenden und Parallelen zu anderen besuchten Orten ziehen zu können.

Die gesamte Tour go-north 2.0 ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die zusammengefassten Länderkarten gibt es hier.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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