Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – F – Stadtzentrum von Le Havre

Le Havre, die von Auguste Perret wieder aufgebaute Stadt

Die am Ärmelkanal in der Normandie gelegene Stadt Le Havre steht seit 2005 auf der UNESCO-Welterbeliste. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg schwer bombardiert und ihr zerstörtes Zentrum zwischen 1945 und 1964 nach den Plänen eines Teams von Architekten und Stadtplanern unter der Leitung von Auguste Perret wieder aufgebaut. Dazu gehörte neben den Hauptstraßen, Plätzen und bedeutenden Gebäudegruppen auch die innerstädtische Wohnbebauung. Das Außergewöhnliche in Le Havre ist die Einheit und Integrität, in der die früheren Muster der Stadt und ihre erhaltenen historischen Strukturen mit den neuen Ideen der Stadtplanung und Bautechnologie verbunden wurden. Perrets Projekt entsprach seinem Ideal, ein Gesamtkunstwerk im urbanen Maßstab zu schaffen, ein homogenes Ensemble mit allen Details nach dem gleichen Muster. Der neue Stadtplan folgte zwei Hauptachsen, der breiten Avenue Foch in West-Ost-Richtung und im Winkel von 45° dazu dem Boulevard François Ier. Die Porte Océane bildete anstelle des im Krieg zerstörten Tores den Eingang zur Stadt vom Meer aus und war gleichzeitig Testbauwerk für die verwendete neue Bautechnologie. Das Hôtel de Ville war mit 143 m Länge und einem 70 m hohen Turm mit 18 Stockwerken das monumentalste Bauwerk des gesamten Planes. Le Havre ist damit ein herausragendes Beispiel für Städtebau und Architektur der Nachkriegszeit, basierend auf der konsequenten Nutzung modularer Raster und Vorfertigung sowie der innovativen Nutzung des Potenzials von Beton. Hier gibt es das Einführungsvideo.

Nach dem Sonnenaufgang an der malerisch beleuchteten Seine-Brücke fahre ich in Richtung Le Havre und parke oberhalb des Stadtzentrums. Von hier aus habe ich einen guten Blick über die Stadt.

Ausgerüstet mit meiner Sicherheitsregenjacke, meinem wichtigsten Kleidungsstück zur Zeit, steige ich die Treppen ins Zentrum am Meer hinunter. Es gibt hier auch eine Standseilbahn, die auch noch eine Etage höher bis zum Gipfel des Stadtberges fährt.

Le Havre erscheint zunächst nicht ungewöhnlich, doch als ich durch die Neubauten zum Rathausplatz komme, beeindruckt schon einmal die großzügige Gestaltung mit den Blumen und Wasserspielen.

Rund um den zentralen Platz finde ich viele Details aus der Welterbe-Beschreibung: Geschäftsstraßen und Märkte, eine historische Kirche und das rekonstruierte Bassin du Commerce, Freiräume für Sport und Kultur und zwischen alledem viel Grün.

Die Wohnhäuser sind aus standardisierten Elementen gebaut, trotzdem aber nicht einheitlich, langweilig oder schmucklos. Das hat man, besonders im unmittelbaren Zentrum, durch die Ladenflächen unter den Arkaden erreicht. Die Straßen sind breit und baumbestanden, so dass ein angenehmes Wohnklima entstanden ist.

Die Kirche St.-Josef im gleichen Stil ist ein Hingucker, leider ist sie bei meinem Besuch nicht geöffnet.

Das eigentliche Highlight des Stadtbesuchs ist natürlich ein Bummel über die Mole am Meer. Die Hafenzufahrt ist durch Festungen bewacht, der Uferbereich bunt, modern und so einladend wie die ganze Stadt. (Video)

Resümee

Aus der Sicht unserer mehr oder weniger modernen Plattenbauten erscheint Le Havre auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich. Aber wenn man einerseits die Entstehungsgeschichte und -Zeit betrachtet und andererseits die Größe dieses Projektes, dann wird klar, was hier konzipiert und geleistet wurde. Eine sehenswerte Stadt, gut auch in Verbindung mit verschiedenen Bauhaus-Projekten. Ich hatte die Freude, einige schon besucht zu haben und kann deshalb bei meinem Rundgang durch Le Havre durchaus Parallelen und auch Unterschiede finden.

Nach der Besichtigung der nach ihrer Zerstörung wieder aufgebauten großen und modernen Hafenstadt wende ich mich wieder der Vergangenheit zu und freue mich auf ein reizendes historisches Hafenstädtchen.

Honfleur, das Juwel der Normandie

Ich verlasse Le Havre über die großen Hafenbrücken, genieße die Landschaft und nutze meine Fahrt zum Mont-Saint-Michel, dem nächsten Welterbe auf meiner Runde, um einen der schönsten Orte der Gegend zu besuchen – das Fischer- und Hafenstädtchen Honfleur.

Als Ziel von Landpartien der unternehmungslustigen Hauptstädter hat Honfleur mit seiner besonderen Umgebung, Atmosphäre und Romantik schon seit Langem Besucher und auch viele Künstler angezogen und nicht nur die Meister des Impressionismus inspiriert.

Von meinem Parkplatz hinter dem botanischen Garten nahe dem Strand komme ich an altehrwürdigen Feriendomizilen aus den unterschiedlichsten Epochen vorbei, die auch heute wie damals Gäste jeden Geschmacks und Geldbeutels erwarten.

Honfleur verfügt über sehenswerte historische Bausubstanz. Besonders deutlich wird das rund um den Hafen mit den bunten Booten, der kleinen Kirche, den schmalen Gassen und den Giebelhäusern. Auf den Straßen und Plätzen pulsiert das Leben, ein kleiner Laden ist schöner als der andere und die Gaststätten sind gut besucht. Es gibt, wie kann es anders sein, Crêpes, Muscheln und natürlich Calvados.

Kurz bevor ich den Rückweg antrete, entdecke ich eine Gasse, die zu einem zweiten Markt führt. Hier steht eine sehenswerte Holzkirche mit einem ganz besonderen Innenraum und der Platz ist umgeben von alten Fachwerkhäusern.

Ich mache gefühlt in diesem kleinen Ort mehr Fotos als in Le Havre und kann es nur unbedingt empfehlen, hier einige Stunden oder auch Tage zu verbringen. Heute wie damals zieht das Honfleur die Touristen an und auch mich hat es begeistert. Danke an Linda an dieser Stelle für die großartige Anregung zu diesen Besuch. (Video)

Der Abschied fällt nicht leicht, aber die nächste Welterbestätte ist mein Traumziel dieser Reise.

Die gesamte Tour go-west ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die App Toiletten Scout hat sich größtenteils nicht als hilfreich erwiesen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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