Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – E – Alhambra, Generalife und Albaycín de Granada

Auf meinen Touren war ich bisher ganz offensichtlich verwöhnt und habe mich, da ich immer außerhalb der Saison im Frühling oder Herbst unterwegs bin, auch noch nie um ein Ticket sorgen müssen. In und um Granada habe ich dafür jedoch drei, wenngleich interessante und erlebnisreiche Tage, verbracht, um dieses am Ende zu erhaschen und die Alhambra zu sehen.

Die Alhambra und der Albaycín, gelegen auf zwei benachbarten, durch den Fluss Darro getrennten Hügeln, bilden den mittelalterlichen Teil Granadas. Die Festung und Residenz Alhambra wird ergänzt durch die prächtigen Gärten des Generalife, der ehemaligen Landresidenz der Emire, die diesen Teil Spaniens im 13. und 14. Jahrhundert regierten. Die Alhambra ist die einzige erhaltene Pfalzstadt der islamischen Zeit und das beste Beispiel für nasridische Kunst und Architektur. Der Generalife-Garten und seine Gemüsefarmen sind eines der wenigen bewahrten mittelalterlichen Gebiete landwirtschaftlicher Produktion und bedeutsam durch ihre ausgeklügelte Bewässerungstechnik, die letztlich auch die Paläste versorgte. Der Albaycín (auch Albaicín) ist als Wohnviertel eine reiche Fundgrube maurischer Volks- und traditioneller andalusischer Architektur. Hier existieren die nasridischen Gebäude und die Bauwerke christlicher Tradition aus der spanischen Renaissance und dem Barock in außergewöhnlicher harmonischer Mischung nebeneinander. Alhambra und Generalife stehen seit 1984 auf der UNESCO-Welterbeliste, was 1994 um den Albaycín erweitert wurde. Hier geht es zum Einführungsvideo.

Ich fahre die reichlich 100 km durch spektakuläre Berge von Baeza nach Granada und parke am Mirador, wo ich zunächst einen Blick über die Neustadt werfen kann.


Auf meinem Weg zur Alhambra lerne ich, dass Granada noch weitere steile Hügel besitzt, ich parke ganz offensichtlich auf einem benachbarten. Man läuft eigentlich nur Treppen und die Häuser stehen in Etagen. Dann sehe ich zumindest die Hinweisschilder für die großen Parkplätze. Am Ticketschalter kommt es noch dicker, nicht nur für heute, nein, für die ganze nächste Woche sind alle Karten ausverkauft. Es ist Ende Oktober und ich muss erst einmal schlucken und meinen Plan überdenken.

Für heute kann ich nichts mehr ausrichten, als ein wenig um die Palastgebäude und durch die Parks zu gehen. Hier plätschert überall Wasser, es gibt Brunnen und kleine Wasserfälle. Ich komme durch orientalische Bögen und kann etwas von dem Zauber erahnen, der sich hinter den dicken Mauern verbirgt.

Über eine alte Brücke gehe ich am Fluss entlang und einige schmale Gassen den gegenüberliegenden Hügel hinauf. Ich bekomme aber weder einen richtig guten Blick auf die Alhambra, noch einen Zugang zu dieser Stadt und fühle mich außen vor.

Nebenher checkt meine Hintergrundbereitschaft die geführten Alhambra-Touren, die natürlich ein Vielfaches des normalen Eintrittspreises kosten und trotzdem auch nicht sofort verfügbar sind. Um den Tag noch zu retten, beschließe ich, erst einmal ans Meer zu fahren und dort in Ruhe zu planen. Ich bin nur 60 km von der Küste entfernt, das Wetter ist toll. Also fahre ich durch die Sierra Nevada, ein beeindruckendes Gebirge mit spektakulären Schluchten, Brücken und türkisen Stauseen an die Costa Tropical, die ihrem Namen alle Ehre macht.  Ich habe mir einen kleinen Parkplatz direkt am Strand gesucht und muss zum Ende des Tages sagen, es gibt Schlimmeres, als unter Palmen am Meer einen Tag lang die Herbstsonne zu genießen.

Meine Suche nach einer Eintrittsmöglichkeit zum akzeptablen Preis ist dann trotzdem wenig erfolgreich und ich bin schon fast geneigt, meine Tour fortzusetzen und später von einem meiner nächsten Ziele wieder zurück zu fahren. Getyourguide bietet geführte Abend-Spaziergänge durch den Albaycín an und ich beschließe, mir heute diesen Teil des Welterbes anzuschauen. Die beste Idee, wie sich im Nachgang noch zeigen wird.

Albaycín

Nach der üblichen nervigen Parkplatzsuche treffe ich am Rand der Neustadt die fröhliche Estefania und gemeinsam steigen wir durch die schmalen steilen Gassen des Albaycín, vorbei an orientalischen Ständen, immer weiter den Berg hinauf. Aus den Restaurants dringt der Duft aus 1001er Nacht. Ich komme mir vor wie in den Souks.

Weiter oben kommen wir an Herrschaftshäusern, Schulgebäuden und schönen Gärten vorbei. Inmitten der maurischen Bebauung steht auch immer wieder eine Kirche, Estefania erzählt über die wechselvolle Geschichte dieses Stadtteils und vom Zusammenleben seiner Bewohner. Vorbei geht es an der Stadtmauer und wir sehen die alten Zisternen für die Wasserversorgung des Stadtteils.

Ein echter Multi-Kulti-Platz ist der Plaza Larga, wo alle Religionen und Bräuche förmlich aufeinandertreffen.

Wir steigen immer höher und kommen zu den Aussichtspunkten auf die Alhambra, echte Highlights dieses Rundganges. Den schönsten Blick hat man vom Mirador de San Nicolás und wir stehen mit vielen anderen Besuchern und Einheimischen und bestaunen den Anblick der Paläste in der langsam sinkenden Sonne.


Zum Abschluss der Runde kommen wir in einen anderen wichtigen Teil der Geschichte Granadas, zu den Höhlenhäusern und dem Flamenco, der hier in diesen Gassen gegen den Frust der schlechten Lebensbedingungen geboren wurde. Im Sacromonte finden in den seit Generationen familiengeführten Restaurants authentische Flamenco-Shows statt, ein absoluter Tipp meiner Reiseführerin.

Einen zweiten Tipp hat sie neben einen Hamam, das sie mir am Wege zeigt, dann noch für mich parat – nämlich dass täglich um Mitternacht auf der Homepage der Alhambra (Link) die zurückgegebenen Tickets freigeschaltet würden.

Bevor ich am Auto bin, sage ich das gleich meiner Basis zu Hause durch und schon fünf Minuten später ruft mich Linda an, dass sie just im Moment beim Einloggen ein Ticket für morgen hat kaufen können. Welch ein schöner Abschluss dieser gelungenen Runde. (Video)

Generalife

So sehr, wie ich mich über mein Ticket gefreut habe, so aufgeregt stehe ich pünktlich zur Öffnungszeit am Eingang. Das Ticket gilt für den ganzen Tag, alleine für die Nasriden-Paläste gibt es ein Zeitfenster, für mich ist das unter Mittag. Das große Gelände ist gut ausgeschildert und alles bestens erläutert und mit Entfernungszeiten versehen, so dass man auch ohne (Audio)Guide gut zurechtkommt. (Video)

Zu Beginn gönne ich mir einen ausgedehnten Spaziergang durch die Gärten des Generalife, folge dem Bewässerungskanal des Sultans und bewundere die hier auf dem trockenen Hügel geschaffene Oase. Das Gelände ist riesig, ich kann mir nur einen Bruchteil anschauen. Überall um mich herum blühen Blumen und Sträucher. Im Palast des Generalife plätschern Springbrunnen und ich kann die fantastischen Verzierungen in der blühenden Pracht und dem Spiel mit dem Wasser bewundern.

Alhambra

Ich habe ausreichend Zeit und gehe weiter zum Palacio de Carlos V, der Kaiserresidenz im Renaissancestil. Sie hat einen imposanten Innenhof und beherbergt ein Bildermuseum. Ein durchaus interessanter Bau, wenngleich er für mich nicht zu den beeindruckendsten zählt.

Von der alten Festung Alcazaba hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt und den Hügel des Albaycín gegenüber und ich kann genau die Stellen ausmachen, an denen ich gestern Abend gestanden habe, die Miradors und Sacromonte. Die Festung besitzt einige gewaltige Wehrtürme, die man besteigen kann und immer neue Blickwinkel auf die Stadt bekommt. Sogar hier im ältesten Teil der Anlage gibt es Gärten und Springbrunnen.

Die Nasriden-Paläste sind unzweifelhaft das absolute Highlight der Alhambra. Verzierungen wie aus einem Guss und dermaßen filigran, dass ich gar nicht weiß, in welche Wand, Decke, Fensternische oder Bogen ich mich zuerst verlieren soll.

Die abgezählten Besucher, die sich mit mir die Stunde teilen dürfen, stehen ebenso sprachlos vor den spiegelnden Wasserbecken oder zwischen den Säulen des Löwenpalastes. Man kann es nicht beschreiben, diese Paläste muss man selbst gesehen haben. Hier erlebt man die Märchen aus 1001er Nacht quasi live und fühlt sich in ihren Zauber aus den Kindertagen versetzt. .

Natürlich gibt es auf dem großen Gelände noch viel mehr zu entdecken, wie Grundmauern von Palästen, Museum, Kirche, historisches Hamam. Ich streife noch eine Weile auf den Wegen entlang und lasse meinen Besuch in Ruhe ausklingen.

Mein Kopf ist voll mit Eindrücken und Bildern und ich fahre sehr zufrieden wieder durch die Sierra Nevada weiter auf meiner Tour Richtung Osten. (Video)

Resümee

Granada ist eines der Highlights Spaniens und man sollte diese Stadt unbedingt gesehen haben und dafür auch ausreichend Zeit einplanen. Die Tickets für die Alhambra rechtzeitig zu reservieren ist absolut erforderlich. Ich würde einen geführten Spaziergang durch den Albaycín als Einstimmung und Überblick unbedingt empfehlen. Auch die Umgebung, die Sierra Nevada bis zur Costa Tropical, ist fantastisch und lohnt einige Urlaubstage.

Zur Vorbereitung möchte ich noch auf diesen Artikel und die dort verlinkte sehr interessante Doku verweisen.

Die gesamte Tour go-west ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die App Toiletten Scout hat sich größtenteils nicht als hilfreich erwiesen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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