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Go north – eine Nacht am Nordkapp

Das Nordkapp ist ein Zauberwort und Ziel der Nordland-Fahrer. Auch ich habe davon geträumt, als ich vor 28 Jahren mit dem Wohnmobil in Norwegen war – über den Geiranger-Fjord hinaus hatten wir es damals nicht geschafft. Zugegeben, über Schweden und Finnland bin ich jetzt streckenmäßig schneller unterwegs, 3200 km sind es ohne Umwege trotzdem. Ja und ich weiß, das Nordkap ist nur der Touristen-Nordpunkt, der nördlichste Punkt auf der Insel Magerøya ist einige Kilometer weiter westlich und der wirklich nördlichste Punkt des europäischen Festlandes liegt weiter östlich, es ist der Kinnarodden auf der Nordkinnhalbinsel. Das Nordkapp ist gut erreichbar, denn Magerøya ist seit 1999 durch den 6875 m langen Nordkaptunnel mit dem Festland verbunden. Ich werde mich in die lange Liste der Nordkapp-Besucher einreihen, die 1664 mit dem italienische Priester Francesco Negri begann, Könige und Staatsoberhäupter waren hier und jedes Jahr kommen tausende Reisende aus der ganzen Welt.

Ich habe am Grenzfluss zwischen Schweden und Finnland in einem Ort mit fünf A im Namen übernachtet und meine Rentierbekanntschaften gemacht. Die Nächte sind hell und kalt. Bis hierher habe ich 17 Welterbe besucht, beeindruckende Dinge gesehen und viel Neues erfahren. Auf meiner Strecke zum Nordkapp liegen, quasi aufgereiht, die Meridiansteine des Struve-Bogens. Ich (be)suche sie natürlich, doch darüber berichte ich im Extra-Blog. Bei der Einreise nach Finnland und Norwegen stehen Grenzsoldaten und kontrollieren – das Impfzertifikat. In Finnland gibt es neben der mittlerweile gewohnt tollen Landschaft, leider mit tausenden Mücken, eine Stunde Zeitverschiebung.

Im letzten Teil von Schweden beziehungsweise Finnland habe ich die höchsten Berge des Landes umrundet, jetzt hier in Norwegen kommen die echten Felsen. Der straffe Lauf zum letzten Meridianstein steckt mir noch in den Knochen. Ich fahre strikt nach Norden, immer auf dem Meridian entlang. Etwa hundert Kilometer vor Alta beginnt das Bilderbuch-Norwegen und die grandiose Landschaft zieht mich mit aller Wucht in ihren Bann. Es beginnt mit einem tiefen Canyon mit 9 % Gefälle, später dann zwischen Alta und Hammerfest kommt eine baumlose Hochebene, darin ein Fluss wie aus einem Western. Krasse Steigungen, starke Gefälle, Tunnel Ausblicke auf Fjorde mit Regenbogen darüber wechseln sich ab. Ich möchte ständig anhalten und Fotos machen, mehr, als es Parkmöglichkeiten gibt.

Doch das Nordkapp zieht mit aller Macht, ich will es heute dorthin schaffen und hoffe auf ein Wolkenloch. Der Nordkaptunnel ist lang und tief, ich bekomme Druck auf die Ohren beim ein– und ausfahren. Der Wind rüttelt am Auto, ich fahre trotzdem tapfer weiter und gegen 20:00 Uhr habe ich es geschafft. Das Wetter ist gruselig, keine Sicht, Nebel und starker Wind. Ich richte mich trotzdem hier oben häuslich und einigermaßen warm ein, trinke meinen für diesen Moment mitgebrachten Whisky und hoffe, dass der Sturm nachlässt und die Wolken im Laufe der Nacht aufreißen. Stolz bin ich schon, 4700 km, 18 Welterbe, neun mal getankt, zweimal Brückenmaut und wenige Euro Parkgebühren, das ist die Bilanz bis hierher.

Ich habe gut, wenn auch mit Unterbrechungen, geschlafen. Es ist die ganze Zeit taghell, nur neblig. Früh gegen sechs habe ich nicht die idealen, aber immerhin die besten Bedingungen für ein Foto und ein kleines Video. Es sind 6° und Sturm (das soll aber bei weitem nicht die kälteste Nacht meiner Tour sein), ich liebe meine Island-Strickjacke.

Mein Ausbau bewährt sich. Kaffee, Frühstück ohne das Auto zu verlassen, im Hintergrund läuft mein kleiner Heizer und macht den Innenraum verschlagen warm.

Bis das Museum und das Postamt öffnen, lese ich, bereite die Tour nach Süden vor und schaue nach den Wolken.

Das kleine Museum ist hübsch gemacht, neben Informationen zum Nordkapp laufen eine Video-Ton-Installation und ein Sehnsuchtsfilm über Nordnorwegen. Hier oben scheint die Mitternachtssonne von Ende Mai bis Ende Juli, kein Wunder also, dass es die ganze Nacht hell ist. Ich gehe natürlich in den duty free Mitbringsel shoppen, verschicke einige Postkarten mit Sonderstempel und Dobby bekommt den Aufkleber.

Noch ein Blick zum Himmel und dann beginnt meine Fahrt zurück – ein bisschen wehmütig und doch gespannt – vor mir liegen über 5000 km und weitere 15 Welterbe. Ich hoffe auf gutes Wetter und Parkplätze, wo ich Fotos machen möchte, denn die Landschaft ist einfach phänomenal.

Ich habe meinen nördlichen Sehnsuchtspunkt erreicht, im Sturm auf der Klippe gestanden und möchte diese Nacht um nichts missen.

Tipp: Die gesamte Nord-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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