Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – PL – Altstadt von Toruń

An meinem ersten Morgen auf der Tour weckt mich die Sonne – bis Toruń sind es von Berlin über fünf Stunden. Zunächst fahre ich gegen den Sonnenschein, dann ziehen Wolken auf und zum Schluss muss ich wegen eines massiven Regenschauers erst mal rechts ran fahren. Ich komme durch weite Landwirtschaftsgebiete, die Ernte hat begonnen. Entlang der Straße werden Kirschen angeboten. Trotz der schönen Landschaft und aller Abwechslung, die Fahrt zieht sich. Die Straßen sind sehr gut, aber die Geschwindigkeiten gering und dafür die Blitzerdichte hoch.

Endlich komme ich über die große Brücke nach Toruń und habe einen fantastischen Blick auf die Stadtsilhouette am anderen Ufer.

Die mittelalterliche Stadt Toruń an der Weichsel in Nordpolen steht als ein bemerkenswert gut erhaltenes Beispiel für ein mittelalterliches europäisches Handels- und Verwaltungszentrum seit 1997 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Stadt wurde in der Zeit gegründet, als die Mönche des Deutschen Ordens das Christentum in Osteuropa verbreiteten und der Handel zwischen den Ländern der Ostsee und Osteuropa durch die Hanse schnell wuchs. Toruń wurde eines ihrer führenden Mitglieder. Das mittelalterliche Stadtzentrum besteht aus drei Teilen, die von einem Ring aus Verteidigungsmauern umgeben sind – den Ruinen der Kreuzritterburg, der Altstadt und der Neustadt. Eine solche Kombination ist selten so gut erhalten und sichtbar. Die Mitte des 13. Jahrhunderts für die Eroberung und Evangelisierung Preußens erbaute Burg wurde größtenteils 1454 während eines Aufstands der Bürger der Stadt gegen den Deutschen Orden zerstört. Die Altstadt erhielt 1233 das Stadtrecht und expandierte schnell zu einem bedeutenden Handelszentrum. Die angrenzende Neustadt entwickelte sich ab 1264 vor allem als Zentrum für Handwerk und Kunsthandwerk. Beide Stadtteile zeugen vom Austausch und der kreativen Adaption künstlerischer Erfahrungen zwischen den Hansestädten. Die Straßenmuster und historischen Gebäude von Toruń liefern ein außergewöhnlich vollständiges Bild der mittelalterlichen Lebensweise. Sowohl die Altstadt, als auch die Neustadt, beherbergen gotische Pfarrkirchen und zahlreiche schöne mittelalterliche Bürgerhäuser aus Backstein, von denen viele ihre ursprünglichen gotischen Fassaden, Trennwände, stuckverzierten Decken, Gewölbekeller und bemalten Dekorationen bewahrt haben. Viele Stadthäuser wurden sowohl zu Wohn- als auch zu Geschäftszwecken genutzt. Ein schönes Beispiel ist das Haus, in dem Nicolaus Copernicus 1473 geboren worden sein soll. Die Stadthäuser enthielten oft Lagerräume und bemerkenswerte gemauerte bis zu fünf Stockwerke hohe Getreidespeicher. In seiner Blütezeit rühmte sich Toruń mit einer Vielzahl architektonischer Meisterwerke, die einen starken Einfluss auf den gesamten Deutschordensstaat und die Nachbarländer ausübten.

Ich gehe zunächst auf die Brücke, um die Stadt im Ganzen zu fotografieren. Toruń ist von hier wie eine Großstadt mit Boulevard am Fluss, Parks und sogar einem gläsernen Aufzug auf die große Brücke.

Die Stadt- bzw. Burgmauer ist noch teilweise erhalten und ich sehe dahinter die Türme verschiedener großer Kirchen. Die Wolken zaubern eine dramatische Kulisse.

Ich betrete die Altstadt durch das Klostertor und durch die Gassen weht der Hauch der Geschichte. Hier ist alles da – Hansehäuser, die mittelalterlichen Burgruinen, Renaissance- und Barockfassaden. Die Häuser sind sehr schön rekonstruiert, einige Ecken imponieren auch mit ihrem verfallenen Backstein-Charme. Wo ich gehe oder hinschaue- kleine Läden und Restaurants, wie man es von Polen her kennt, alles sehr individuell und mit tollen Ideen gemacht.

Dann komme ich an die Hauptstraße und die Plätze vor den beiden großen Kirchen und drehe mich begeistert und staunend im Kreis. Hier ist ein Haus schöner und prächtiger als das andere.

Ich gehe die Fußgängerzone entlang und denke immer, in diese Seitenstraße schaust du noch und drehst dann um, aber nein, dann sehe die nächste und bin wieder fasziniert.

Mittlerweile bin ich schon lange durch die Stadt unterwegs und entdecke viel mehr Schönes und Interessantes, als ich von der Brücke aus angenommen hatte.

Toruń ist eindeutig die Überraschung Nummer zwei auf dieser Tour.

Leider sieht es fast aus, als wolle mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen und ich fange an, mich ein wenig zu beeilen.

Natürlich schaue ich mir auch das vermeintliche Geburtshaus von Nikolaus Kopernikus an, schon allein der wunderschönen Fassade wegen.

Eine jähe Husche beendet meinen Rundgang und ich kann nur noch unter einen Schirm flüchten.

Resümee

Toruń ist eine wunderbar erhaltene, interessante Mittelalterstadt mit vielen Facetten. Ich habe bei meinem Besuch trotz des Regens einen guten Eindruck von dieser bunten und liebenswerten Stadt gewonnen und kann nur empfehlen, sie unbedingt einmal anschauen. Ich glaube, eine historische Stadt nicht nur so zu erhalten, sondern auch mit Leben zu erfüllen, das geht, ich will nicht sagen, nur in Polen, aber in Polen besonders.

Hier gibt es ein kleines Video.

Diesen Gedanken werde ich auf meiner weiteren Rundfahrt noch mehrmals haben, doch jetzt geht es zunächst weiter auf den Spuren der streitbaren Mönche des Deutschen Ordens nach Malbork.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

Die gesamte Tour go-north 2.0 ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet.

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