Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – PL – Deutschordensschloss Malbork

Ich fahre von Toruń aus, immer wieder begleitet von Regengüssen, durch ländliche Gegenden und Wälder. In den Dörfern und auf den Weiden gibt es immer mehr Störche. Am späteren Nachmittag komme ich in Malbork an und parke unweit der Burg, die schon von Weitem durch ihre Größe beeindruckt. Leider ist heute das Museum geschlossen, aber die Burganlage kann angeschaut werden. Für ein kleines Eintrittsgeld bekomme ich einen Audioguide, der GPS-gesteuert immer mit seinen Erläuterungen beginnt, wenn ich an der richtigen Stelle der Anlage angekommen bin.

Das Schloss Malbork (Marienburg) steht seit 1992 auf der UNESCO-Welterbeliste. Ursprünglich eine Klosteranlage des Deutschen Ordens aus dem 13. Jahrhundert, wurde es ab 1309 erheblich erweitert und verschönert und zum Sitz des Großmeisters von Venedig ausgebaut. Das prächtige Schloss des Hochmeisters ist das vollständigste und aufwändigste Beispiel einer gotischen Backsteinburganlage im charakteristischen und einzigartigen Stil des Deutschen Ordens. Die Burg ist gleichzeitig die wichtigste materielle Manifestation der Kreuzzüge in Osteuropa zur Zwangsbekehrung der baltischen Völker und Kolonisierung ihrer Gebiete. Diese Kreuzzüge spielten die eine wichtige Rolle in der Geschichte Europas und verkörperten das spätmittelalterliche Christentum, das sich zwischen den Extremen von Heiligkeit und Gewalt bewegte. Die spektakuläre Festung wurde perfekt geplant und unter Verwendung des reichen Repertoires mittelalterlicher Bauweisen errichtet. In späteren Jahrhunderten verfiel die Anlage, wurde jedoch im 19. und frühen 20. Jahrhundert sorgfältig restauriert, wobei viele vergessene mittelalterliche Kunst- und Handwerkstechniken wiederentdeckt und an diesem Objekt auch einige der heute allgemein genutzten Konservierungstechniken entwickelt wurden. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde Malbork anhand der ausführlichen Dokumentation der früheren Restauratoren wieder aufgebaut. Marienburg eine wichtige Quelle der Faszination für die europäische mittelalterliche Geschichte und ihre materiellen Überreste, aber leider auch der Tendenz, Geschichte und Denkmäler als Instrumente im Dienste politischer Ideologien zu nutzen. Hier gibt es ein Einführungsvideo.

Nach einem Blick auf die Marienstatue, die den ersten Eindruck der Burg beherrscht, trete ich über die Brücke durch die gewaltigen Tore in der äußeren Befestigungsmauer. Malbork ist das größtes Backsteinschloss der Welt und die Maria ist acht Meter hoch, erfahre ich.

Ich komme durch mehrere Befestigungsringe und Innenhöfe. Hier stehen die Statuen der Hochmeister und Ordensritter – die deutschen Linien, aus denen sie stammen, klingen mir alle bekannt im Ohr. Den Orden gibt es immer noch, mit seinem Sitz in Wien und heute charitativen Aufgaben gewidmet.

Ich erfahre einiges über die schon vor 200 Jahren begonnenen Restaurierungs-arbeiten, um dieses Objekt für die Nachwelt zu erhalten. Um das Ausmaß des Schlosses zu erfassen, rechnet mir mein Audioduide vor: Die Fundamente der Schlossmauern sind dreieinhalb Meter dick und an einer Mauer hätten 32 Maurer, die gleichzeitig arbeiteten, pro Jahr zwei Meter an Höhe geschafft.

Dann stehe ich in der Mittelburg, gehe durch den beeindruckenden Kreuzgang und bewundere den reich verzierten Eingang zur Kirche.

Ich komme durch die Grabeskapelle. Der Hochmeister verbrachte seine Freizeit in seinem Rosengarten, in dem ich ebenfalls, begleitet von Musik aus meinem Audioguide, verweile.

Im Danzker, einem etwas abseits gelegenen Turm, befanden sich die Toiletten der Burg. Die Brücke zur Hauptburg konnte abgebrannt werden, so dass der Danzker gleichzeitig als Notrückzugsort für die Brüder fungierte. Ich mache mir beim Weitergehen so meine Gedanken über die Kreuzritter und ihre Mission, die durch drei mächtigen Burggräben hintereinander und unüberwindbare Mauern geschützt werden mussten.

Mit meinem Audioguide bin ich schon fast zwei Stunden nur durch die Außenanlagen von Malbork unterwegs. Die Burganlage ist schöner als jede Playmobil-Burg, die man mit viel Phantasie aufbauen kann. Ich blende das Mittelalter aus und genieße die heutige Romantik der Burg und ihre unzweifelhafte Vollkommenheit.

Resümee

Schloss Malbork ist groß – und großartig. Und das sage ich, die weder für Ritter und schon gar nicht für Kreuzritter zu begeistern ist. Geführt von einem Audioguide, der viele Hintergründe, Einblicke und Details zu berichten weiß, ist ein Besuch ein Erlebnis und Ausflug ins Mittelalter und zugleich eine Hommage an all die, die daran gearbeitet haben und arbeiten, dieses beeindruckende Zeugnis der europäischen Geschichte für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.

Hier gibt es noch ein kleines Video.

Mit vielen Gedanken, die ich erst einmal verarbeiten muss, fahre ich noch ein Stück in Richtung Gdansk und übernachte an der Weichsel. Heute habe ich zwei überraschende Welterbe besucht und kann noch gar nicht sagen, welches von beiden mich mehr beeindruckt hat.

Die gesamte Tour go-north 2.0 ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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