Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – F – Mont-Saint-Michel und seine Bucht

Frankreichs erstes, sicher bekanntestes und spirituellstes Welterbe steht seit 1979 auf der UNESCO-Welterbeliste. Der Mont-Saint-Michel, das „Wunder des Westens“, Heiligtum, Kultstätte, mittelalterlicher Wallfahrtsort und ehemaliger Sitz einer intellektuellen Benediktiner-Abtei, ist nicht nur eine der wichtigsten christlichen Stätten, sondern eine technische und künstlerische Meisterleistung und eines der umfangreichsten, schwierigsten und kostspieligsten Bauprojekte des gesamten Mittelalters. An der Grenze der Normandie zur Bretagne auf einer felsigen Insel inmitten ausgedehnter Sandbänke mit mächtigen Gezeiten gelegen, wurde die Benediktiner-Abtei 966 auf einem seit 708 dem Erzengel Michel geweihten Heiligtum errichtet. Ihr älterer Teil ist die kleine vorromanische Kirche Notre-Dame-sous-terre aus Granitmauerwerk. Das eigentliche Wunder des Berges wurde von den Meistern der Gotik erschaffen, die in den hohen Mauern, den offenen Räumen und luftigen Zinnen die scharfe Silhouette des Felsens aufnahmen. In dem ab 1204 begonnenen Neubau des Klostergebäudes befinden sich die berühmten Säle und im obersten Stockwerk neben dem riesigen Refektorium der Kreuzgang mit seiner Öffnung zum Meer.

Ich komme trotz eines heftigen Unwetters unterwegs noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang im Dörfchen Beauvoir oberhalb des Mont-Saint-Michel an.

Bei meinem ersten Besuch vor etwa 30 Jahren konnten die wenigen Autos bis zum Klosterberg fahren, jetzt sind am Ende des Dammes große Parkplätze, mit sehr moderaten Preisen und Bus-Shuttle, angelegt.

Ich wandere auf dem Dammweg nach vorn und mein Herz schlägt vor Freude schneller, denn der Wunderberg hat mich schon wieder gefangen.


In der Nacht ist es sternenklar, ich habe mich warm angezogen und starte, als es am Horizont orange wird.

Dafür werde ich mit einem dramatisch schönen Sonnenaufgang belohnt, der Himmel ändert sein Farbenspiel und nach und nach beginnen die Fenster des Dorfes auf dem Berg wie Gold zu glänzen.

An der Kathedrale wird gebaut und heute treffen hier die Epochen aufeinander – ein Hubschrauber bringt die Baumaterialien über das Meer auf den Felsen.

Die Natur entfaltet ihre ganze Magie, denn bevor der Regen beginnt, krönt ein Regenbogen den Sonnenaufgang.

Der Berg ist Festung, Dorf, Kloster und Heiligtum zugleich. Ich trete über die Zugbrücke ein und stehe im Mittelalter.

Die Läden und Gaststätten bereiten sich auf ihre Besucher vor, die Waren werden auf Karren oder den Schultern den Berg hinauf befördert. In der kleinen Kirche beginnt gerade der Gottesdienst.

Kurz darauf fängt es an zu regnen, das Wasser schießt durch die Gassen und über die Treppen hinunter. Von draußen drückt die Flut mit Macht und rasanter Geschwindigkeit in die Bucht und ich habe Muße, von meinem Unterstand aus das Schauspiel zu beobachten.

Die Abtei öffnet und ich bin einer der ersten Besucher und kann sie noch mit fast unverstelltem Blick genießen. Fotos an den Mauern im Eingangsbereich erinnern an das Klosterleben.

Das Highlight ist der zum Meer offene Kreuzgang.

Teile des Klosters werden rekonstruiert und ich sehe, was der Hubschrauber vorhin transportiert hat. Die Runde führt durch das Refektorium, eine Reihe von Kapellen und eine romanische Krypta. Es ist interessant, die Entwicklung der Baustile und -Techniken so unmittelbar nebeneinander zu erleben. Immer wieder öffnet sich der Blick auf die Bucht.

Als ich aus dem Tor trete, ist der ganze Parkplatz überschwemmt. Die Flut scheint heute besonders hoch zu sein, denn einige Schilder treiben im Wasser. Dafür fährt ein Spezial-Flut-Shuttle, ein Bus, der nicht wenden muss, sondern vorn und hinten ein Fahrerhaus hat.

Resümee

Der Mont-Saint-Michel ist immer eine Reise wert, egal, zu welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter. Gerade in der Nachsaison und am frühen Morgen oder Abend, wenn man in Ruhe die Stimmung genießen kann, ist es hier besonders schön. Der heilige Klosterberg hat seine unheimliche Anziehungskraft und Magie über die Jahrhunderte nicht verloren und ist auch heute noch ein Wunder. (Video)

Meine Route führt mich weiter durch die Bretagne. Obwohl es so viele Jahre her ist, seit ich hier war, sind mir die Orte und Gegebenheiten im Gedächtnis geblieben. Mein geplanter Abzweig zur Rosa-Granit-Küste fällt leider dem Regen zum Opfer. Das Unwetter ist hier vor einigen Stunden durchgezogen und die Straßen sind teilweise mit Schlamm überschwemmt. Aber es gibt hier noch Einiges zu sehen. Die Orte im Finistère sind für ihre steinernen Monumente, die Calvaires, bekannt und ich werde in den nächsten Tagen einige von ihnen besuchen (Link).

Calvaires

Die sogenannten Kalvarienberge, bemerkenswerte Monumente aus Granit- Skulpturen, stehen meist neben den Dorfkirchen und stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

Sie sind sind nur hier in der Bretagne zu finden und alle, wenngleich auf sehr unterschiedliche Weise, biblischen Geschichten gewidmet.

Fundstellen der nebenstehenden Karte: https://www.routes-touristiques.com/tourisme/visiter-nos-regions/bretagne/finistere/route-des-circuits-des-enclos-paroissiaux-du-finistere.html oder http://www.villa-vacances-bretagne.fr/component/content/article/86-actualites/138-enclos-paroissiaux-finistere.html?Itemid=437

Calvaire von  Plougastel-Daoulas

Calvaire von Guéhenno

Es lohnt, mit offenen Augen durch die Dörfer und die kleinen Städte in der Bretagne zu fahren – ihre Kirchen und Calvaires sind in jedem Fall einmalig und sehenswert. (Video)

Das nächste Ziel auf meiner Welterbe-Runde ist ein Werk des Militär-Baumeisters Sébastien Le Prestre de Vauban – der Verteidigungsturm in Camaret-sur-Mer. Dieses Hafenstädtchen hält noch einige Überraschungen bereit, wovon ich im nächsten Kapitel berichten werde.

Die gesamte Tour go-west ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die App Toiletten Scout hat sich größtenteils nicht als hilfreich erwiesen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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