Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – SI – Die Arbeiten von Jože Plečnik in Ljubljana

Die Entwicklung von Ljubljana von einer Provinzstadt in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie zur symbolischen Hauptstadt Sloweniens basierte im Wesentlichen auf den Arbeiten des Architekten Jože Plečnik (1872–1957). Er vollzog diesen Wandel in der Zeit zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg mit seiner persönlichen, zutiefst menschlichen Vision für die Stadt. Seine Entwürfe verknüpften den bereits bestehenden städtischen, natürlichen und kulturellen Kontext mit den Bedürfnissen der aufstrebenden modernen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts. Jože Plečnik schuf dafür öffentliche Räume wie Plätze, Parks, Promenaden und Brücken über den Fluss der Stadt sowie kommunale Einrichtungen, wie die Nationalbibliothek, Kirchen, Märkte und eine Friedhofsanlage. Die Arbeiten von Jože Plečnik in Ljubljana stehen seit 2021 auf der UNESCO-Welterbeliste, weil seine unverwechselbare Architektursprache, sein äußerst kontextbezogener städtebaulicher Ansatz sowie die Planung dieses Gesamtprojektes nach der Vision nur eines einzelnen Architekten, in begrenzter Zeit, auf dem begrenzten Raum einer bestehenden Stadt und mit relativ begrenzten Ressourcen einen absoluten Ausnahmefall darstellen und sich damit von den anderen modernistischen Projekten dieser Zeit abheben.

Bis Ljubljana sind es mehr als eine Tagesreise, auch schon ohne den immer wieder unvermeidlichen Stau auf den deutschen Autobahnen. Ich starte bei Regen gen Süden und plane einige Stopps ein oder mache sie spontan an fotogenen Orten. Nach einer stürmischen Nacht am Chiemsee, der schon in der Herbstruhe liegt, durchquere ich Österreich auf kurzem Wege und Landstraßen, komme durch die wunderbaren Berge der Obertauern und die Landwirtschaftsgebiete von Kärnten. In den Regenpausen werde ich mit einigen tollen Blicken belohnt.

Hinter Klagenfurt fahre ich über einen Pass und die Grenze zu Slowenien und bin damit endlich im ersten Land meiner Südtour angekommen. Eineinhalb Stunden sind es bis zu meinem Welterbeziel, der Hauptstadt Ljubljana. Ich fahre im dicken Berufsverkehr quer durch diese weiträumige, moderne und recht bunte Stadt. Als ich auf meinen Parkplatz unweit des Zentrums einbiege, sehe ich eine schwarze Wolkenwand aufziehen. Das folgende Gewitter ist so heftig, dass ich zunächst das Auto gar nicht verlassen kann.

Endlich lässt es etwas nach, ich ziehe meine Regenjacke über und werde mit einem Doppelregenbogen belohnt.

Ich habe zwar wie immer über das Welterbe nachgelesen und mir eine Tour zusammengestellt, weiß aber trotzdem noch nicht so recht, was mich an den verschiedenen Plätzen in der Stadt erwarten wird. In Anbetracht des schlechten Wetters beginne ich mit dem am weitesten entfernten Ziel, dem alten Friedhof Žale.

Ich quere den Fluss und bemerke wie heute schon mehrfach – es wird überall sichtbar Herbst.

Als ich am Friedhof Žale ankomme, spiegelt sich der Triumphbogen am Eingang in den großen Pfützen.

Ich trete hindurch und bin sofort im Zauber dieses Ortes gefangen. Alles ist hier weiß, grün oder gelb, kleine Kapellen und Tempel sind verschiedenen Themen gewidmet, dazwischen stehen imposante alte Bäume. Mich umgibt eine angenehme positive Stimmung, dem kann sich auch der Himmel nicht entziehen und schickt einen Sonnenstrahl. Solch einen Friedhof habe ich noch nicht gesehen. Jeder Schritt der reichlich drei Kilometer von meinem Parkplatz bis hierher hat sich gelohnt und ich trage den Žale gedanklich ganz oben auf die Must-See-Liste ein.

Es ist mehr Zeit vergangen, als ich dafür gedacht hatte und ich bin recht gespannt auf die nächsten Werke von Jože Plečnik.

Vor allen Dingen hoffe ich aber, dass das Wetter noch bis zum Ende meiner Runde hält. Mein nächstes Ziel ist die Kirche des Heiligen Franz von Assisi. Ich laufe wieder eine erhebliche Strecke, doch dann sehe ich ihren charakteristischen Turm aus Beton mit grüner Verzierung zwischen den Häusern auftauchen. Leider ist ein ganzer Blick auf die Kirche durch die Umgebungsbebauung schlecht möglich. Als ich davorstehe, bemerke ich etwas verstimmt, dass die Tür verschlossen ist. Doch beim Umrunden des Gebäudes zeigt sich ein Hintereingang und schon trete ich ein in ein Kunstwerk der Moderne. Hier ist wieder jedes Detail, jeder Leuchter und jedes Möbel wie aus einem Guss. Großartig, modern und trotzdem unheimlich erhaben.

Auf meinem weiteren Weg durchquere ich das eigentliche Stadtzentrum, das mir mit seiner bunten Mischung aus alten und modernen Bauten, dem vielen Grün dazwischen und vor allen Dingen seiner sehr fröhlichen und einladenden Stimmung auf den Plätzen und Boulevards gefällt.

Die Slowenische Nationalbibliothek hat schon geschlossen, ist aber auch von außen ein sehr eigenwilliger und vor allen Dingen imposanter Bau.

Unweit der Bibliothek befindet sich Plečniks Trnovo-Brücke über einen Zufluss der Ljubljanka. Die Glocken der Kirche auf der anderen Uferseite beginnen zu läuten, als ich auf der Brücke stehe und bereiten mir einen stimmungsvollen Abschluss meiner Runde durch diese sehenswerte Stadt. Hier ist mein kleines Video.

Meine Parkzeit läuft schneller, als ich eigentlich meinen Rundgang beenden möchte. Ich gönne mir einen letzten Blick auf die Uferpromenade der Ljubljanka, wo jetzt Livemusik erklingt und sehe noch am Ende die untergehende Sonne im Kanal an meinem Parkplatz spiegeln.

Ich übernachte in einem der kleinen Vororte der Hauptstadt, der malerisch im Laibacher Moor liegt. Hier besuche ich am frühen Morgen ein ebenfalls einmaliges und eigenwilliges Bauwerk, die kleine Pfarrkirche St. Michael. Auch hier ist es dem Architekten gelungen, eine sagenhafte Leichtigkeit und Fröhlichkeit in sein Bauwerk zu bringen. Ich starte damit gutgelaunt zur weiteren Erkundung der Umgebung von Ljubljana.

Ljubljana, mein erstes Ziel in Slowenien, hat mich trotz des miesen Wetters sehr positiv überrascht. Die slowenische Hauptstadt ist unbedingt einen Besuch wert. Sie hat wesentlich mehr zu bieten als die Welterbe-Bauwerke des Architekten Jože Plečnik, die aber schon für sich Stätten sind, die man unbedingt gesehen haben sollte. Deren positive Stimmung zieht sich über die gesamte Stadt, die mit schönen Gassen und Plätzen, der malerischen Uferpromenade, Restaurants und Kultur zum Verweilen und Entspannen einlädt. Hierfür reichen die zeitbegrenzten zentrumsnahem Parkplätze bei Weitem nicht aus und ich würde empfehlen, entweder in Ljubljana oder einem der kleinen Vororte im landschaftlich schönen Umland zu übernachten. Hier ist auch alles für Radurlauber vorbereitet und ich möchte an dieser Stelle auch eine Tour zu den prähistorischen Pfahlbauten, die man unweit von Ljubljana besichtigen kann, empfehlen.

Ein Hinweis noch – die Welterbestätten sind nur sehr verhalten ausgeschildert, es empfiehlt sich also, sie sich vorab auf Google-Maps zu markieren.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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