Dessau
Meine Tour durch Sachsen-Anhalt bringt mich ein zweites Mal nach Dessau – diesmal jedoch in eine Zeit etwa 150 Jahre später als die des Gartenreiches von Fürst Franz, zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Ich besichtige die Geburtsstätte eines der bedeutendsten Design- und Architekturstile des 20. Jahrhunderts, das Bauhaus.
Die Bauhausbewegung revolutionierte in der Zeit zwischen 1919 und 1933 das architektonische und ästhetische Denken und Handeln. Der Bauhausstil hat die gesamte moderne Architektur geprägt und nachhaltig beeinflusst. So wurden die neuen Materialien wie Stahlbeton, Glas und Stahl verwendet und die Bauweisen damit verändert – Skelettbau und Glasfassaden wurden möglich. Architektur und Design wurden radikal verändert, die gewohnten Repräsentations- durch moderne Zweckgebäude und Bausteinbauweise ersetzt. Die Entwürfe dafür wurden nach funktional-wirtschaftlichen Kriterien (u.a. für Sozialwohnungen) wissenschaftlich fundiert erarbeitet. Genaueres und einige Filme vom diesjährigen digitalen Welterbetag sowie der Stadt Dessau gibt es hier. Das Bauhaus steht seit 1996 auf der UNESCO-Welterbeliste.
Meisterhäuser
Es ist heiß, ich bin zeitig gestartet und statte zunächst den Meisterhäusern einen Besuch ab. Sie stehen hinter dem Georgium an der Straße Richtung Großkühnau, so schließt sich der Kreis zum Wörlitzer Gartenreich. Die Meisterhäuser sind von heutigen Wohnhäusern kaum zu unterscheiden, herausstechend sind die hohen Fensterfronten und die typischen Farben.
Bauhaus
Inzwischen hat das Bauhaus geöffnet und natürlich werde ich es besuchen. Für mich persönlich ist es eine Enttäuschung und mein bisher teuerster Rundgang pro Meter Laufstrecke oder Erlebnis. Außer einer Fotoausstellung zur Neubauarchitektur in der DDR, die für mich nur aus dem Grund interessant ist, weil ich in Halle-Neustadt gewohnt habe, sehe ich die Aula und einige fast leere Seminar- und Werkstatt-Räume . Vielleicht liegt es daran, dass die damals revolutionär neuen Designs des gesamten Gebäudes, der Möbel, Lampen usw. heute völlig normal sind und mir deshalb quasi gar nicht ins Auge stechen. Auch hatte ich hier einige Exponate als Ergebnisse der Wirkungsstätte zu sehen erwartet. Das Ganze ist sicher mehr etwas für Besucher mit besserer Affinität zu den Meistern und ihren Schülern, die hier ihrem Wirken nachspüren können. Ich bin jedenfalls schneller aus dem Gebäude, als ich geplant hatte. Na wenigstens ist es fotogen*.
*Hier gibt es den Rundgang vorab.
Bauhaus-Museum
Nächste Station – das ziemlich neue Bauhaus-Museum**, das die zweitgrößte Sammlung mit Bauhaus-Exponaten weltweit beherbergt. Die Ausstellung ist nicht unumstritten, ich finde sie interessant und gut gemacht. Es beginnt mit einer Ton-Installation aus zeitgenössischen Kommentaren zum Bauhaus. Man spürt deutlich, wie radikal neu und anders als alles Bekannte diese Architektur-, Design- und Kunstideen damals gewesen sind. Die Schule wurde letztendlich 1933 auf Druck der Nazis geschlossen. Einige der Parolen sind bedrückend aktuell.
**Kombitickets – leider Fehlanzeige (wegen Corona, erklärt man mir), also nochmals voller Preis.
Im nächsten Abschnitt der Ausstellung, der “Versuchsstätte Bauhaus”, folgen Modelle der Häuser und eine Möbel-Präsentation, die mir das Gefühl gibt, als würde ich durch IKEA laufen. Viele weitere Exponate zeigen Entwürfe, Fotos, Schriften, Webmuster, Farbstudien – genug zu sehen für einige Stunden.
Arbeitsamt
Zu guter Letzt gehe ich noch zum historischen Arbeitsamt, das nach Entwürfen von Walter Gropius gebaut wurde und das quer durch den schönen Stadtpark unweit des Museums steht. Heute beherbergt es im hinteren Teil das Ordnungsamt der Stadt Dessau.
Es gäbe in Dessau noch einiges zu entdecken. Für weitere Unternehmungen wird es zu heiß, ich verlasse die Stadt in Richtung Schatten. Auf meiner nächsten Rundfahrt habe ich ja auch noch einige Bauhaus-Stationen in Weimar vor mir.
Resümee
Ein Besuch der Bauhaus-Stätten will gedanklich vorbereitet oder geführt sein, denn dieses Welterbe lebt davon, dass das scheinbar Vertraute, das man da vor sich zu sehen meint, vor 100 Jahren entworfen und gebaut wurde und damals bahnbrechend, radikal revolutionär und avantgardistisch war. Und dass es so vertraut ist, zeigt letztendlich nur, wie sehr die Bauhaus-Schule die Architektur, Kunst und Konstruktion und damit die ganze moderne industrielle Bauweise vorbereitet und ermöglicht hat.
Tipp: Es gibt eine Bauhaus-App mit Informationen, Hinweisen und Beschreibungen. Am Eingang der Häuser befindet sich der QR-Code. Der Touristische Stadtplan enthält neben Kurzinformationen zu den Welterbestätten auch Hinweise zu anderen Sehenswürdigkeiten in und um Dessau.
Weimar
Auf meiner Thüringen-Tour besuche ich Weimar, habe meinen Augenmerk aber hauptsächlich der Klassik verschrieben. Weimar ist der Geburtsort des Bauhauses und man kann hier die Schule und einige repräsentative Häuser besichtigen. Das Bauhaus entstand 1919 in Weimar. Henry van de Velde hatte hier bereits 1907 die Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar gegründet. Walter Gropius vereinigte diese mit einer weiteren zu einer neuen Kunstschule. Diese wurde zum direkten Vorläufer des Bauhauses, das dann in van de Veldes Schulgebäuden seine Arbeit aufnahm. 1925 erfolgte der Umzug nach Dessau. Ich komme auf meinem Rundgang durch Weimar an der Bauhaus-Universität vorbei.
Auf meinem Weg zum Haus am Horn stelle ich fest – das Bauhaus lebt in Weimar. Schaut selbst: das sind Aufnahmen aus dem Baugebiet am Horn.
*Die Bauhaus-Stätten u.v.a.m. können kostengünstig mit der Weimar-Card oder der Moderne-Card besucht werden.
Die Bauhausschule in Bernau bei Berlin habe ich auf meiner Tour go-north 2.0 besucht (Link).
Tipp:
Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour durch Sachsen-Anhalt ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.
Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende).
Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa – Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download
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