Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – D – Siedlungen der Berliner Moderne

In Berlin kämpfe ich mich durch den sonntäglichen Verkehr zu den Siedlungen der Moderne. Nach dem Fagus-Werk habe ich richtig Lust darauf bekommen. Ich habe mir entsprechend der Fotos und ihrer Lage drei der sechs ausgewählt und komme ja nicht ganz unvorbereitet, denn ich habe in Stuttgart auf dem Killesberg mit dem Haus von Le Corbuisier schon eine Modellsiedlung besucht und vieles über die Lebenssituation der Arbeiterfamilien, die zeitlichen Hintergründe und die Architekten erfahren (go south).

Die Siedlungen der Berliner Moderne stehen seit 2008 auf der UNESCO-Welterbeliste und sind ein herausragendes Zeugnis der Umsetzung der Wohnungsbaupolitik in der Zeit von 1910 – 1933 und insbesondere während der Weimarer Republik, als die Stadt Berlin durch ihren politischen, sozialen, kulturellen und technischen Fortschritt geprägt war. Zum Welterbe zählen sechs Reformsiedlungen, die in dieser Zeit errichtet wurden und von einer innovativen Wohnungspolitik zeugen: die Gartenstadt Falkenberg, die Siedlung Schillerpark, die Hufeisensiedlung, die Wohnstadt Carl Legien, die Weiße Stadt und die Großsiedlung Siemensstadt. Die Baureformbewegung schuf neuartige Ansätze in der Stadtplanung und die Siedlungen spiegeln anschaulich die für die Moderne des frühen 20. Jahrhunderts typische Verbindung von Urbanismus, Architektur, Gartengestaltung und Ästhetik, gepaart mit der Schaffung neuer hygienischer und sozialer Standards, wider. Einige der prominentesten und führenden Architekten der deutschen Moderne wie Bruno Taut, Martin Wagner und Walter Gropius waren an der Gestaltung und am Bau beteiligt und ihre Projekte hatten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Wohnungsbaus weltweit. Die ausgewählten Siedlungen sind trotz der erfolgten  Restaurierungsarbeiten größtenteils authentisch erhalten. Hier gibt es ein Einführungsvideo.

Berlin zieht heute wirklich alle Schubladen aus dem Erinnerungsregal. Ich fahre vorbei am alten Flughafen Tegel und denke an die vielen schönen Urlaube, zu denen wir von hier aus gestartet sind.

Die Welterbestätten befinden sich in verschiedenen Vorstadtbezirken, wo es freie Flächen für den sozialen Wohnungsbau gab. Das Wetter hat sich stabilisiert und ich bin froh, sonntags mit wenig Verkehr kreuz und quer durch die Stadt zu fahren.

Weiße Stadt

Mein erstes Ziel ist die Weiße Stadt im Stadtbezirk Reineckendorf. Mir fallen zuallererst die hübschen Wintergärten auf, über die jede Wohnung verfügt. Die Zwischenflächen sind großzügig und schön bepflanzt. Das Weiß der Häuser wirkt durch kräftige Farbakzente noch strahlender. Die Dreigeschosser sind auch aus jetziger Sicht noch modern und mit viel Licht, hier würde man auch heutzutage gerne einziehen. Was ich vermisse, sind Hinweis- und Erläuterungstafeln, obwohl ich, wie ich meine, die zentralen Gebäude gefunden habe.

Hufeisensiedlung

Die Hufeisensiedlung im Bezirk Neukölln ist größer als gedacht, ich umrunde sie einmal auf der Suche nach einem Parkplatz und ein zweites Mal auf der nach einem Standort für ein Übersichtsfoto. Und auch hier gibt es wieder wunderschöne Wohnungen, mit eingelassenen Balkonen und einem See in der Mitte der großen Innenhofanlage, die durch die hufeiseförmige Anordnung der Häuser entstanden ist. Man spürt es deutlich, auch diese Siedlung wurde für die Menschen, die hier wohnen, gebaut.

Beim Entlanggehen entdecke ich ein Info-Center. Der Verein der Siedlung hat hier ein kleines, aber sehenswertes Museum organisiert und betreibt ein Café . Ich schaue mir die historische Einrichtung und die mit viel Liebe zusammengestellten Fotos und Informationen an.

Dann bekomme ich neben einem Kaffee bei Live-Gitarrenklängen noch eine Reihe weiterführender Links an die Hand (s.u.) und die bemerkenswerte Information, dass Interessierte sich hier auch in einer authentisch eingerichteten Wohnung einmieten und die Berliner Moderne dadurch hautnah erleben und fachkundig geführt durchstreifen können (tautes-heim.de).

Gartenstadt Falkenberg

Meine nächste Station ist die Gartenstadt Falkenberg im Bezirk Treptow-Köpenick. Die sogenannte Tuschkastensiedlung ist mit ihren bunten Häusern ganz nach meinem Geschmack und ich bin zur richtigen Jahreszeit da, die Gärten stehen in voller Blütenpracht. Die jetzigen Bewohner wenden viel Mühe in die Erhaltung und die Pflege ihres schönen Wohn-Denkmals. Am Eingang steht ein Modell der Anlage mit Hinweis auf die Architekten der Siedlung und der Gartenanlage.

Resümee

Die Spurensuche in Berlins Siedlungen der Moderne hat mich zu bemerkenswerten Orten geführt und ich habe tolle Ecken von Berlin kennengelernt. Aus meiner heutigen Erfahrung kann ich nur empfehlen, sich die doch so unterschiedlichen Welterbestandorte in Ruhe anzusehen und über die Ideen zu staunen, die selbst aus heutiger und modern gewohnter Sicht innovativ, witzig, und vor allen Dingen sehr lebenswert sind. Den denkbar besten Einstieg dazu, nicht nur mit Hintergründen und Informationen, sondern mit einem guten Stück Lebensgefühl und einem netten persönlichen Gespräch, findet man im Hufeisen-Café. Hier gibt es mein kleines Video.

Und das sind die Links zu weiteren Informationen und Impressionen, die ich in der Hufeisen-Info bekommen habe:

https://welterbe-siedlungen-berlin.de
https://triennale-der-moderne.de

Bauhaus-Denkmal Bundesschule Bernau

Auf meiner Tour durch Sachsen-Anhalt habe ich das Bauhaus in Dessau besucht und weitere Stätten in Weimar (Link). Zum Welterbe zählt darüber hinaus auch die Bundesschule in Bernau. Ich nutze deshalb die Gelegenheit meines Berlin-Besuchs, um meinen Tag der Moderne mit einem Abstecher nach Bernau abzuschließen.

Die Sonne scheint, ich komme aufs Land und fahre an Hoppegarten vorbei.

Heute Vormittag sahen die gelben Klinker vor dem grauen Himmel malerisch aus, jetzt in Bernau sind es rote Klinker und da machen sich blauer Himmel und weiße Wolken sehr gut. In den Bauten sind verschiedene Schulen untergebracht, das Besucherzentrum hat leider schon eine Weile geschlossen und ich gehe deshalb alleine übers Gelände und fange einen Eindruck ein. Auch hier wieder eine gelungene Mischung von Betongrau, Klinkern, Glas und Stahl. Passend zur Frische der Architektur gehen junge Leute durch die Anlage.

Ich schnuppere noch einen Hauch vom Zeitgeist der Moderne, bevor ich ab morgen auf meiner Reise zunächst nach Osten und dann nach Norden in frühere Epochen und fremde Kulturen eintauchen werde.

Die gesamte Tour go-north 2.0 ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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