Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – CH – Stiftsbezirk Sankt Gallen

Ich komme am späten Nachmittag in Sankt Gallen an und habe eine Weile zu tun, oberhalb des historischen Zentrums einen Parkplatz zu finden. So beschränkt sich mein erster Rundgang auf einen Überblick der Besichtigungsmöglichkeiten und Öffnungszeiten sowie der schönen Fotopunkte. Ich übernachte etwas auswärts, höher am Berg liegt noch Schnee.

Das Kloster St. Gallen steht seit 1983 auf der UNESCO-Welterbeliste. Der große karolingische Klosterkomplex war seit dem 8. Jahrhundert bis zu seiner Säkularisation 1805 eines der bedeutendsten Kulturzentren Europas. Das Benediktinerkloster veranschaulicht 1200 Jahre klösterliche Baugeschichte über nahezu alle wichtigen Bauepochen seit dem Hochmittelalter. Trotz der stilistischen Vielfalt fügt sich das klösterliche Ensemble als Gesamtheit in die wunderbare bunte historische Altstadt ein. Der heutige Dom ist einer der letzten monumentalen Bauten barocker Abteikirchen im Westen und die hochbarocke Bibliothek eines der schönsten Beispiele ihrer Epoche. Hier gibt es das Video über die Bücher in ihrer Sammlung, die neben der architektonischen Substanz von unschätzbaren kulturellen Wert sind. Im Kloster werden irische Handschriften des 7. und 8. Jahrhunderts, Handschriften der Sankt Galler Schule des 9. und 11. Jahrhunderts, Dokumente zur Entstehungsgeschichte der Alemannischen Schweiz sowie der weltweit einzige im Originalzustand erhaltene Manuskriptplan aus der Karolingerzeit, der ein klösterliches Organisationskonzept des Benediktinerordens beinhaltet.

So gehe ich dann am zeitigen Sonntagmorgen im Glockengeläut und strahlenden Sonnenschein den Berg hinab zum Stiftsbezirk, der sich in seiner ganzen Schönheit präsentiert. (Video)

Ich bummele durch die Stadt über den Markt und durch die winzigen Gässchen, bis die Kirchen und die Stiftsbibliothek öffnen. Es sind noch wenige Leute unterwegs, ich liebe es, um diese Zeit unterwegs zu sein. Hier ist mein kleines Video.

Mein erster Besuch gilt der Stiftskirche. Welch ein Prunk! Es wird gerade ein Gottesdienst vorbereitet und ich beeile mich, meine Fotos zu bekommen.

Die Stiftsbibliothek öffnet, ich trete noch alleine als erste Besucherin ein und mir verschlägt es den Atem. Obwohl ich die Anna Amalia-Bibliothek in Weimar besucht habe, ist diese hier noch prunkvoller. Zwischen den Schränken mit den dicken wertvollen Büchern schwebt förmlich der Hauch der Geschichte. Im Halbdunkel sehe ich einen Globus, der von Mercator gefertigt worden ist, ursprünglich in Schwerin stand und aus Geldmangel verkauft werden musste – in meinem Kopf schließen sich Kreise. Ehrfürchtig gehe ich zwischen den Buchreihen entlang und mir wird wieder einmal bewusst, wie groß die Rolle der Klöster mit ihren Schriftstuben und Archiven für die Bewahrung unwiderbringlicher geistiger und geschichtlicher Schätze war.

Die Bibliothek zeigt wechselnde Sonderausstellungen handgeschriebener Bücher zu ausgewählten Themen, gerade geht es um Notker, den Deutschen. Verständlicherweise sind keine Fotos in den Räumen erlaubt, dafür gibt es eine Selfie-Wand, Plakate und Filme.

Der Gewölbekeller beherbergt eine interaktive Multimedia.Ausstellung über die Geschichte des Klosters und seines Gründers Gallus (Link zum Video) , bis hin zu den bedeutendsten Werke in der Bibliothek. Die Urkundenrollen des Klosters zeigen, woher es seinen Reichtum bezog – durch Schenkungen im Gegentausch gegen das Seelenheil. Davon habe ich ja in der Kathedrale genug zu sehen bekommen.

Das bedeutendste Dokument der Ausstellung im Gewölbekeller ist der Klosterplan – entworfen und gezeichnet von Gozbert um 800 auf der Insel Reichenau. Nach dem Video wird das Originalpergament für 20 Sekunden gezeigt und ich bin zum wiederholten Male an diesem Tag echt beeindruckt.

Ein unheimlich interessanter Vormittag geht zu Ende. Ich steige die steilen Treppen zu meinem Auto hinauf und starte einmal quer durch die halbe Schweiz zu den Orten der Uhrenherstellung.

Resümee

Der Stiftsbezirk von Sankt Gallen bildet den Mittelpunkt der wunderschönen historischen Altstadt. Er beherbergt kulturelle Schätze von unermesslichem künstlerischem und geschichtlichem Wert. Man kann sich viele Stunden in der sagenhaften Bibliothek und den interessant gestalteten Museen verlieren, die Kirchen besuchen oder durch die Altstadt bummeln. Zu ausgewählten Zeiten werden auch Führungen durch die Bibliothek oder auch das Rathaus angeboten. Für mich war Sankt Gallen eine der interessantesten Städte meiner Welterbetour durch die Schweiz. (Video)

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

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