Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Historisches Zentrum von Neapel

Ich bin ganz eindeutig im Süden Italiens angekommen, und das merke ich nicht nur an den Temperaturen. Ich bin zeitig gestartet, um noch vor dem italienischen Verkehr im Zentrum von Neapel zu sein.

Neapels heutiges Stadtgefüge bewahrt eine Auswahl herausragender Elemente seiner langen und ereignisreichen Geschichte, die sich in seinem Straßenmuster, seinem Reichtum an historischen Gebäuden und Parks und letztlich seiner Funktion als wichtige Hafenstadt der Mittelmeerregion dokumentiert. Seit 1995 steht das historische Zentrum von Neapel deshalb auf der UNESCO-Welterbeliste. Neapels Ursprünge gehen auf seine Gründung als Parthenope oder Paläopolis im 9. Jahrhundert v. Chr. zurück, 470 v. Chr. entstand daraus Neapolis (Neustadt). Sie ist damit eine der ältesten Städte Europas. Neapel gehörte zu den führenden Städten und spielte eine Schlüsselrolle in der griechischen und römischen Gesellschaft. Teile der griechischen Stadtmauern, Überreste eines römischen Theaters, Friedhöfe und Katakomben zeugen von dieser Zeit. Im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde Neapel vom Byzantinischen Reich erobert und ein autonomes Herzogtum, das später mit den Normannen, Schwaben und der sizilianischen Herrschaft verbunden wurde. Die Stadt beherbergt viele Kirchen und andere Zeugnisse dieser Epochen, wie z.B. das Castel dell’Ovo. Unter dem Einfluss der französischen Gotik entstanden Klöster, Kirchen und Kathedralen . Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert wurde Neapel von den Aragonesern regiert, die die Verteidigung und das Straßenmuster umgestalteten und mit dem Castel Nuovo im toskanischen Stil eines der wichtigsten Zentren ihres Reiches errichteten. In der Zeit der spanischen Herrschaft wurde u.a. der Königspalast errichtet. Unter der Regierung der Bourbonen entwickelte sich Neapel ab 1734 zusammen mit Paris und London zu einer der wichtigsten Hauptstädte Europas. Das architektonische Erbe aus dieser Zeit drückt sich besonders in der Innenausstattung der königlichen Paläste und der dazugehörigen Adelsresidenzen aus.

Ich finde einen Parkplatz fast direkt am Hafen, also habe ich es nicht weit bis ins historische Zentrum.

Neapel liegt steil über dem Meer, teilweise geht es auf Stufen ins Zentrum hinauf. Die schmalen Gassen kenne ich schon aus anderen Städten, oben vor den Fenstern hängt die Wäsche und die kleinen Läden im Erdgeschoss öffnen gerade. Die Stadt scheint maroder als meine bisherigen Besichtigungen. Die Straßenkehrer sind hier und auch am Wochenende unermüdlich unterwegs, die Müllautos fahren, trotzdem scheinen sie der Situation kaum Herr zu werden.

Das historische Zentrum steht mit seinen vielen Bauwerken aus verschiedenen Epochen auf der Welterbeliste. Ich laufe beispielhaft einige an. Wo immer sich die Gassen zur Plätzen öffnen, sind diese gesäumt von Palästen oder Kirchen. Ein Teil ist verfallen, viele gerade in Rekonstruktion. Wenn man durch die Türen bis in den Innenhof schauen kann, ist es dort oft sehr schön. Bis hierher hat mich Neapel noch nicht für sich gewonnen.

Überall steht Werbung für eine geführte Tour durch die Katakomben, danach steht mir heute Morgen hier im Sonnenschein nicht der Sinn. Die Bäckereien schieben ihre Leckereien-Theken vor den Laden, danach eher. Die Touri-Stände bauen auf, neben mir quälen sich die Autos durch die schmalen Gassen, begleitet von unablässigem Hupen und ich stiefele vorbei an Bauzäunen und teilweise über Berge von Müll.

Natürlich gibt es auch viel schönes und das versuche ich jetzt vor die Kamera zu bekommen.

Die wirkliche Schönheit entdecke ich dann ganz im Verborgenen – ich stehe vor dem Palazzo dello Spagnolo. Der ist im Privatbesitz, aber man darf bis in den Innenhof. Das ist für mich auf jeden Fall die faszinierendste Ecke von Neapel.

Es ist Samstag und Markttag, das erschwert das Durchkommen noch mehr. Es gibt hier im Zentrum eigentlich nur kleine Handwerksläden – Bäckereien, Fleischer, Gemüsehändler und ich fühle mich an meine Kindheit erinnert.

Nach und nach entwickle ich meinen Blick für Neapel und entdecke nun doch noch einige Dinge im Verborgenen, Ornamente, Wandbilder, die mir gefallen.

Neapel strotzt eigentlich von Palästen, viele sind leider von Bauzäunen verdeckt. Und als ich zum Auto komme, ist es völlig zugeparkt, ein Filmteam dreht gerade am Hafen und hat sein gesamtes Equipement hier abgestellt. Das Problem ist schnell gelöst, ihm fällt nur mein angedachter kleiner Hafenbummel zum Opfer. Aber das kann ich gut verschmerzen, denn nächste Welterbe lockt mich an den Rand der Stadt – ich fahre weiter nach Pompeji.

Resümee

Das historische Zentrum von Neapel ist ungeheuer lebendig, quirlig, laut, schmutzig und verfallen – Aber – Es wird ebenso ungeheuer viel geputzt, rekonstruiert und restauriert. Im Verborgenen blüht so manche Schönheit und es gibt sicher viel mehr zu entdecken, als ich in meinem kleinen Rundgang erfassen konnte. Schließlich hat sich die Welterbekommission ja nicht ohne Grund für das historische Zentrum von Neapel entschieden. Meine Lieblingsstadt ist Neapel bei meiner Stippvisite nicht geworden, das soll aber nicht heißen, dass nicht jemand mit fachkundiger Führung, einigen Tagen Zeit und Besuchen in den vielen Museen oder auch in den Katakomben einen ganz anderen Eindruck als ich mit nach Hause nimmt.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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