Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Villa Romana del Casale

Ich habe schon einige Schätze in Sizilien besucht, den Vulkan Ätna, römische und griechische Zeugnisse in Syracus und Pantalica und die barocke goldene Stadt Noto.

Heute fahre ich in eine prächtige spätrömische Villa ins Innere von Sizilien. Die Villa stammt vom Anfang des 4. Jahrhunderts, einer Epoche, in der Sizilien nach einer Zeit der wirtschaftlichen Stagnation und politischen Bedeutungslosigkeit als auf der Handelsroute nach Afrika liegend wieder größere Beachtung fand. Reiche und einflussreiche Römer ließen hier ihre Landsitze erbauen und residierten von dort aus. Zwar ist nicht ganz geklärt, wer die Villa und wann genau erbauen ließ, aber ein Kunstwerk hat er uns hinterlassen. Dass es noch erhalten ist, verdankt es Zufällen in seiner wechselvollen Geschichte, die von der Nutzung durch die Byzantiner über die Überbauung durch die Araber bis zur Zerstörung durch die Normannen reicht. Ein Erdrutsch im 12. Jahrhundert hat die Reste der Villa verschüttet. Sie wurde im 18. Jahrhundert dann wiederentdeckt und mit dem Interesse an antiken Schätzen begannen die Ausgrabungen. Systematische Freilegungen und der Schutz der Villa sind der Kommune zu verdanken, die das Areal Stück für Stück erwarb.

Der Sturm hat die ganze Nacht am Auto gerüttelt und am Fährterminal nach Malta erfahre ich, dass die heutige Verbindung wegen des Wetters gestrichen ist. So mache ich mich auf zu der römischen Luxusvilla, die sich ein Stück landeinwärts befindet in der Nähe der Stadt Piazza Armerina.

Die Villa Romana del Casale steht seit 1997 als Beispiel einer luxuriösen römischen Villa und damit als ein wichtiges Denkmal des spätrömische Siziliens auf der UNESCO-Welterbeliste. Sie wurde Anfang des 4. Jahrhunderts von einem Caesar oder Statthalter erbaut und bildete das Zentrum eines großen Landguts. Die ländliche Wirtschaft des Weströmischen Reiches basierte auf derartigen Gütern. Die Villa ist eine der luxuriösesten ihrer Art. Die Mosaike, die fast jeden Raum schmücken, erzählen Geschichten. Sie sind die schönsten und aufgrund ihrer künstlerischen Qualität und Erfindungsgabe sowie ihres Umfangs außergewöhnlichsten Mosaike, die aus der Römerzeit erhalten sind. Hier ist das Einführungsvideo.

Ich durchfahren den kleinen Ort Scicli, eine der Sandstein-Barockstädte. Die Landschaft ist hier eher karg und südlich, Olivenbäume biegen sich hinter Trockenmauern im Sturm. Bunte Blumen stehen zwischen dem Rasen. Den schönsten Blick habe ich vom Berg über der Stadt, auf den Serpentine ist leider kein Halten möglich. Die nächste Barockstadt folgt auf dem Fuß, 10 km weiter liegt Modica am Berg. Von der hohen Brücke, die das Tal überspannt, werfe ich einen Blick auf das Stadtzentrum. Wo sich der Blick von meiner Straße Richtung Meer öffnet, reißt der Sturm das Auto hin und her und ich bin nun froh, dass es mit der Überfahrt nach Malta nicht geklappt hat. Eine Weinkelterei am Wege bietet Wein aus dem Val di Noto an. Jetzt kommen auch die ersten Weinstöcke, später kilometerweit Felder mit Gewächshäusern, die dem Sturm gut standhalten. Der Wind treibt schwarze Wolken über den Himmel, auf den Wiesen blühen gelbe Blumen und die Bäume stehen in voller Blüte. Jetzt sehe ich zum ersten Mal eine große Plantage voller Kaktusfeigen, das sieht schon beeindruckend aus. Weiter geht es über Land und ich frage mich, was die reichen Römer in diese abgelegene Gegend verschlagen hat.

Schließlich biege ich auf den Parkplatz der Villa Romana ein und die Sonne zeigt sich zwischen den Wolken. Umtriebige Händler säumen den Weg bis zum Eingang.

Die ehemaligen Räume der riesigen Villa sind überdacht und die Mosaike geschützt. Ich hatte mich auf meinen Besuch vorbereitet und sehe ja nicht zum ersten Mal Bodenmosaike, aber was ich hier bei meinem Rundgang zu sehen bekomme, toppt alles bisher Gesehene.

Die Mosaike erzählen Geschichten wie ein Bilderbuch und sind unbeschreiblich schön und detailiert. Es gibt Beschreibungen und Bilder, wie die Räume mit den Wandmalereien in ihrer ursprünglichen Bestimmung ausgesehen haben.

Die Räume sind mit Mosaiken verschiedener Werkstätten ausgelegt, viele von den insgesamt 3.500 m² sind zu bestaunen. Im Außengelände kann man Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten sehen.

Man geht auf Stegen durch die Räume, der Rundgang ist lang. Ich stehe hier mit den anderen Besuchern und wir bewundern die bunten Tiere, die schönen Kostüme und verfolgen staunend die Geschichten, die hier erzählt werden. Sogar Sportübungen sind zu sehen.

Alle Figuren sind wie gemalt und so lebendig, obwohl sie doch aus kleinen Steinchen zusammengesetzt sind.

Resümee

Die Villa Romana del Casale hat meine Erwartungen mehr als übertroffen. Nicht nur die Farben und die Kunstferigkeit der Mosike verzaubern, sondern auch die Geschichten, die jedem Raum ein Thema geben. Ein wunderbarer Blick in längst vergangene Zeiten, der hier jahrhundertelang verschüttet war und nun alle zum Staunen bringt. Ein Besuch in der Villa Romana ist auf jeden Fall ein Highlight einer Sizilien-Rundreise. (Video)

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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