Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – F – Belfriede von Belgien und Frankreich

Spätestens seit den Sch’tis kennt fast jeder die beeindruckenden Glockentürme mit dem schönen Glockenspiel, die die Plätze der Städte in Flandern und Wallonien zieren und teils provokant neben den Kirchen stehen.

33 belgische und 23 französische Belfriede stehen seit 1999 bzw. 2005 auf der UNESCO-Welterbeliste. Diese Glockentürme wurden zwischen dem 11. und 17. Jahrhundert im römischen, gotischen, Renaissance- oder Barock-Stil erbaut. Sie dominieren meist den Hauptplatz der Orte und repräsentierten den Beginn der städtischen Macht im Mittelalter. Zusammen mit der Markthalle sind sie bedeutende Vertreter der bürgerlichen und öffentlichen Architektur in Europa. Gebaut als praktische Gebäude anstelle der in anderen Ländern üblichen Rathäuser, beherbergten sie die Gemeindeglocken, Urkunden und Schätze und dienten als Tagungsort für Stadtratssitzungen, als Wachturm oder auch Gefängnis. Während der Bergfried das Symbol der Herren und der Glockenturm das Symbol der Kirche ist, symbolisiert der Belfried die Macht der Ratsherren. Im Laufe der Jahrhunderte, indem sie deshalb oftmals zerstört und wieder aufgebaut wurden, verkörperten sie die Macht und den Wohlstand der Städte. Hier gibt es das Einführungsvideo.

Auf meiner Benelux-Tour im letzten Herbst habe ich mir einige Belfriede in Belgien angeschaut, jetzt bin ich unterwegs zu den Glockentürmen in Nordfrankreich.

Karte der Belfriede, die zum UNESCO-Welterbe gehören, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:World_Heritage_belfries_map.svg

Ich habe in den Bergbauorten des Nord-Pas de Calais schon den einen oder anderen Belfried gesehen oder sein Glockenspiel gehört. Mein erstes Ziel der Runde ist die Stadt Douai. Das Wetter hat sich eingetrübt und als ich ankomme, beginnt es ein bisschen zu regnen. Douai erscheint mir gegen die sachlich zweckmäßigen Bergarbeiterorte wie eine Zuckerbäckerstadt. Der Belfried steht hier direkt am Rathaus, das selbst eher aussieht wie ein kleines Schloss, zur Straße hin repräsentativ verziert und rückseitig mit einem Innenhof. Diese Stadt ist die erste echte Überraschung meine Runde.

Lille dagegen ist eine moderne Großstadt mit entsprechendem Verkehr. Ich habe ich mir vorausschauend ein Parkplatz am Ufer des Kanals gegenüber der Zitadelle gesucht.

Auf der Insel ist gerade ein Kirmes aufgebaut und ich sehe die bunten Fahrgeschäfte vor der Silhouette der Altstadt.

Der Regen tropft auf meine Jacke und die Lichter der Geschäfte und Restaurants spiegeln sich in den Pfützen. Lille erscheint mir voller Glockentürme, den ersten entdecke ich gegenüber der Kathedrale, es ist der Campanile Saint Nicolas.

Der zweite steht auf dem wunderschönen Platz neben der Oper, das ist der Beffroi de la Chambre de Commerce.

Zum Welterbe-Belfried muss ich weiter bis zum Rathaus laufen. Dafür ist er wirklich überragend hoch, mit 104 m ist er der höchste der Region. Auch wenn er gestalterisch an die älteren Türme dieser Art angelehnt ist, wurde er komplett aus Beton und Ziegeln errichtet. Der Platz vor dem Rathaus ist von einer Rundbebauung umschlossen, in der Mitte steht ein repräsentatives altes Torhaus. Der Belfried ist so hoch, dass ich ihn eigentlich nur von Ferne aufs Bild bekomme.

Inzwischen ist es dunkel geworden, die Straßen und Plätze sind bunt erleuchtet, die Häuser sehen noch einmal schöner aus und dazwischen pulsiert das französische Leben. (Video)

Natürlich schaue ich mir am nächsten Tag den wohl bekanntesten Belfried von Bergues an. Es ist noch zeitig am Morgen, so dass ich noch nicht hinein bzw. auf den Turm gehen kann, dafür habe ich das Glockenspiel fast für mich alleine. Bergues ist eine (Vauban-)Festungs- und Bergarbeiterstadt, so dass ich auf meiner Runde neben dem schönen Glockenspiel, pünktlich begleitet vom Läuten der Kirchenglocken, noch einen Welterbe-Geschichtskurs bekomme. (Video)

In Bethune spürt man die Geschichte. Der Ort ist eine wunderschöne alte Stadt mit Kopfsteinpflastergassen, Torbögen und einem interessanten bunten Marktplatz, auf dem der wuchtige Belfried throhnt.

Daneben die Kathedrale hat einen Turm, der scheint noch höher zu sein. Und wieder erlebe ich die parallelen Glockenschläge. Bethune ist die zweite Stadt auf der bisherigen Tour, die ich bisher nicht einmal vom Namen kannte und die mich mit ihrem schönen historischen Zentrum überrascht.

Resümee

Die Belfriede in Nordfrankreich zu (be)suchen, ist ein lohnenswertes Erlebnis. So einzigartig, wie die jeweiligen Glockentürme sind, sind die Städte, deren Plätze sie zieren. Durch französische Städte zu flanieren, den Duft aus den Backstuben und Restaurants zu genießen, über die bunten Wochenmärkte zu streifen, ein bisschen französische Lebensart zu schnuppern, das ist zusätzlich zur Geschichte der Orte ein Erlebnis für alle Sinne.

Mein nächstes Ziel ist die Kathedrale von Amiens – und davor auf dem Platz, wie kann es anders sein, steht natürlich auch ein bemerkenswerter Ratsherren-Turm.

(Hier und hier habe ich noch kleine Videos von meinen Besuchen)

Die gesamte Tour go-west ist hier beschrieben und hier gibt es den Überblick über die besuchten Welterbe. Hier gehts zu meinem Welterbe-Projekt und hier zum ursprünglichen Umbau des Dacia-Dokker als Minicamper. Dobbys angepasste Einrichtung und Ausstattung hat sich auch im Novemberwetter bewährt. Alle Details dazu findet ihr hier. Meine Übernachtungsplätze habe ich wieder auf park4night gesucht und unter 5Reisende bewertet. Die App Toiletten Scout hat sich größtenteils nicht als hilfreich erwiesen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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