Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – B – Antwerpen und die Plantin-Moretus-Druckerei

Bücher, Bilder und bedeutende Bauwerke

Antwerpen besitzt drei UNESCO-Welterbe – den Plantin-Moretus-Druckereikomplex und das Maison Guiette als herausragendes Werk der Moderne von Le Corbusier sowie seinen Belfried im historischen Stadtkern, der seinerseits auf der Tentativliste steht.

Maison Guiette – architektonisches Werk von Le Corbusier

Im Jahr 2016 wurde das architektonische Werk von Le Corbusier als herausragender Beitrag zur „Modernen Bewegung“ auf die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Neben Bauten in Japan, Indien, Argentinien, Deutschland, Frankreich und der Schweiz gehört das Maison Guiette in Antwerpen zu diesem internationalen Welterbe. Le Corbusier war ein kreatives Genie. Seine Entwürfe erfanden eine neue Architektursprache, um den sozialen und menschlichen Bedürfnissen der modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Sie waren innovativ, erprobten neue Konzepte für Architekturtechniken und verbreiteten die Ideen der Moderne über die ganze Welt. Das Werk von Le Corbusier ist vielgestaltig, er entwarf über einen Zeitraum von fünfzig Jahren Villen, aber auch Kirchen und kollektive Wohnmodelle. Eine Fotogalerie gibt es hier.

Schon an der Autobahn weit vor Antwerpen stehen die Welterbe-Plakate. Ich parke zunächst im Außenbezirk unweit des Maison Guiette.

Das Maison Guiette ist eher klein und unscheinbar, so dass ich erst einmal daran vorbeilaufe. Es ist eingerüstet und es gibt es weder einen Hinweis auf seine Bedeutung, noch eine Beschreibung der Baumaßnahmen, die offenbar auch gerade ruhen. Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass mir auch mein letztes Welterbe der Moderne auf dieser Runde verborgen bleibt.

Historischer Stadtkern

Der Verkehr in Antwerpen ist ziemlich dicht, ich finde schließlich etwas weiter an der Schelde einen Parkplatz.

Bis zum Museum sind es zwei Kilometer und die Sonne scheint. Ich gehe am Fluss Schelde entlang, ein roter Neubau (Museum aan de Stroom) spiegelt sich im Wasser.

Ich komme durch eine alte Festung und vorbei an einer imposanten Wasserburg.

Dann weist ein Schild Richtung Großer Markt und ich folge ihm.

Wenig später stehe ich auf dem Platz und frage die anderen 4 Reisenden in der Whatsappgruppe sofort – Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat den schönsten Großen Platz im ganzen Land?

Der historische Stadtkern von Antwerpen steht seit 2002 auf der Tentativliste. An der Ostseite an die Schelde angrenzend, hat er die Form eines unregelmäßigen Halbovals, in dem die Anordnung der alten Straßen und Bebauungen noch sichtbar ist. Anstelle der Festung am Fluss aus dem 9. Jahrhundert wurde im 13. Jahrhundert dort eine steinerne Burg gebaut. Aus dem Dorf mit Kirche und Wassergraben entwickelte sich schließlich eine Stadt mit Umfassungsmauer. Der Grand Place stammt von 1220.

Ich habe nicht den optimalen Zeitpunkt erwischt, um die Altstadt zu besichtigen. Das Wetter hat zwar Fotografierwolken an den Himmel gezaubert, aber auf dem Markt werden gerade für ein Festival eine große Tribüne und Stände aufgebaut. Die Liebfrauenkathedrale ist eine Baustelle und der Belfried eingerüstet. Ich bummele trotzdem durch die Gassen, finde schöne Fassaden und Details, gute Stimmung liegt in der Luft und Antwerpen gefällt mir.

Einer der großen Söhne Stadt ist Peter Paul Rubens und ich schaue mir die Barockkirche St.-Carolus-Borromäus an, an deren Außen- und Innengestaltung er maßgeblich mitgewirkt hat.

Plantin-Moretus-Museumskomplex

Auf meinem Weg zum Museum bekomme ich einen riesigen Schreck, denn ich stehe zunächst vor dem alten, geschlossenen Eingang – der zum Museum ist um die Ecke.

Der Plantin-Moretus-Haus- und Werkstätten Komplex steht seit 2005 auf der UNESCO-Welterbeliste. Antwerpen war neben Paris und Venedig eine der drei führenden Städte des frühen europäischen Buchdrucks. Christophe Plantin (1520-1589) war der Gründer und Betreiber des produktivsten Druck- und Verlagshauses Europas in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1555 gab er sein erstes Buch heraus und schon bald verlegte er die Werke bedeutender Schriftsteller und Wissenschaftler aus der ganzen Welt. Sein Schwiegersohn Jan Moretus (1543-1610) übernahm die Druckerei. Das Familienunternehmen bestand über 300 Jahre und vieles ist original erhalten geblieben. Das Wohnhaus und die älteste erhaltene Druckerei aus der Renaissance und dem Barock haben einen herausragenden architektonischen und historischen Wert. Sie beherbergen umfassende Zeugnisse über Leben und Werk im ausgehenden 16. Jahrhundert. Das bis 1867 in Betrieb befindliche Firmengebäude enthält eine große Sammlung alter Druckgeräte, eine umfangreiche Bibliothek, wertvolle Archive und Kunstwerke sowie authentische Zeugnisse über die Erfindung und Verbreitung der Typografie. Hier ist das Einführungsvideo.

Ich bekomme am Eingang zum Museum einen Plan mit den Highlights der Ausstellung und den wichtigsten Erläuterungen. Wer mehr lesen möchte, kann sich einen kostenlosen umfangreichen Museumsführer ausleihen.

In den Wohnräumen lerne ich zunächst den Unternehmer und Menschen Plantin kennen.

Im nächsten Teil geht es zur Drucktechnik, von der Herstellung der Lettern über Beispiele für Drucksätze in verschiedenen Stilen und Sprachen, detailgetreue Abbildungen von Pflanzen, Insekten, Tieren und Landkarten bis hin zu den schönsten Büchern aus dem Schatz des Museums. Ausgestellt sind Atlanten, Notenschriften, Bücher in verschiedene Sprachen und daneben liegen Kopien unter einer Lupe, damit man die Details der Handwerkskunst bestaunen kann.

Es gibt viele Erläuterungen, Filme und immer mal, das finde ich besonders interessant, anschauliche Vergleiche zu heutigen Parallelen, z.B. zur Internetnutzung oder Geschichten als Comics.

Ich gehe durch die stimmungsvollen historischen Räume, schwelge zwischen hohen Regalen mit ledergebundenen alten Büchern, lese über gesellschaftliche Hintergründe, sehe Bilder von Berühmtheiten, die hier ihre Werke drucken ließen. In diesem Museum kann man Stunden zubringen und dabei viel Interessantes über die wunderbare Geschichte der Bücher erfahren. Hier ist mein kleines Video aus der Druckerei.

Resümee

Meine letzte Stadt auf der Belgien-Rundfahrt hat mich genauso überrascht wie die erste. Der historische Stadtkern mit der alten Burg, dem Grand Place und den schmalen Gassen lädt zum Bummeln und Staunen ein. Interessanterweise ziert der Antwerpener Belfried nicht den Grand Place oder das Rathaus, sondern die Liebfrauen-Kathedrale. In der Stadt gibt es neben dem Rubens-Haus auch viele Zeugnisse seines Wirkens. Das Plantin-Moretus-Museum ist in meinen Augen ein Must See für jeden, der Bücher liebt, denn es vermittelt hervorragend präsentiert nicht nur das Lebenswerk der Buchdruckerfamilien Plantin und Moretus, sondern gibt in historisch authentischen Räumen Einblick in die Entwicklung des Buchdrucks, präsentiert eine der ältesten Druckereien und wunderbare historische Bücher. Ein inhaltlich spannendes Museum mit einer Ausstellung für die Augen und für die Seele.

Tipp: Linda und Laura haben Antwerpen an einem schönen Herbstwochenende besucht, hier ist ihr Bericht.

Hinweis: Antwerpen besitzt eine Umweltzone und man muss sein Fahrzeug registrieren, um empfindliche Bußgelder zu vermeiden: https://www.adac.de/reise-freizeit/reiseplanung/reiseziele/belgien/uebersicht/umweltzonen/

Tipp: Die gesamte Benelux-Tour ist hier beschrieben, die besuchten Ziele in diesem Blog. Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die aktuellen Komplettierungen habe ich hier beschrieben. Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet und kann sie empfehlen.

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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