Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Historisches Zentrum von San Gimignano

Ich habe, aus Florenz kommend, am Rand der kleinen Mittelalterstadt übernachtet. Ihre prägnante Silhouette ist oben auf dem Berg schon von weithin sichtbar.


Das historische Zentrum von San Gimignano steht seit 1990 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Stadt war im Mittelalter ein wichtiger Punkt auf dem Pilgerweg nach Rom. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert bauten reiche Adelsfamilien und Kaufleute befestigte Turmhäuser als Symbole ihres Reichtums und ihrer Macht. Die Stadt wuchs dabei um zwei Hauptplätze: die dreieckige Piazza della Cisterna, die mit einem schönen Brunnen in der Mitte geschmückt ist, und die Piazza Duomo aus dem späten 13. Jahrhundert mit seinen umgebenden Palästen. Nach 1353 erlebte die Stadt aufgrund von Hungersnöten und Krankheiten einen drastischen Bevölkerungsrückgang und Niedergang und blieb deshalb ohne nenneswerte Stadterneuerung in ihrer historischen mittelalterlichen Struktur bestehen. Von den ursprünglich wahrscheinlich 72 Turmhäusern sind 14 erhalten geblieben, doch San Gimignano hat bis heute seine feudale Atmosphäre, seine architektonische Homogenität und seine ursprüngliche städtebauliche Struktur bewahrt. Die Gebäude innerhalb der Doppelmauer der Stadt sind ein bemerkenswertes Beispiel mittelalterlicher Architektur mit Einflüssen des florentinischen, sienesischen und pisanischen Stils aus dem 12. bis 14. Jahrhundert. Mehrere Meisterwerke der italienischen Kunst aus dem 14. und 15. Jahrhundert befinden sich in der Kathedrale sowie in anderen prominenten religiösen und öffentlichen Gebäuden. Hier gibt es ein Einführungsvideo.

Am Morgen zaubert die Sonne ein Farbenspiel über die Weinberge und ich freue mich schon auf meine Fahrt durch das Val d’Orcia.

Der Ort ist klein, liegt aber auf einem steilen Berg, da habe ich gleich meinen Frühsport. Die Stadt ist umgeben von einer Stadtmauer, an der die Häuser kleben. Ich trete durch ein Stadttor und schon stehe ich im Mittelalter, nur, dass heute Autos vor den alten Gemäuern parken, ich höre Staubsauger und die Bettdecken werden aus dem Fenster geschüttelt. (Video)

Ich liebe es, zu so früher Stunde quasi alleine durch die Orte zu bummeln. Und dieser ist wirklich sehenswert, nicht nur die Türme, sondern das gesamte Ensemble sind quasi im Originalzustand.

San Gimignano hat eine lustige Geschichte. Im Mittelalter bestand es aus zwei Ortsteilen, die wollten sich gegenseitig übertreffen. Heute würde man sich große Autos anschaffen, damals wurden Türme gebaut, immer höher und größer. Im Nachbarort Siena, den ich später besuchen werde, haben die Ortsteile mit unterschiedlichen Flaggen Wettkämpfe mit Pferderennen um den Marktplatz ausgetragen. (Video)

Die Kirche hat zwar noch geschlossen, aber die herrliche Stimmung bei meinem frühen Besuch macht das allemal wett. An jeder Ecke entdecke ich neue Durchblicke, Türme, Bögen und Malereien. Die ganze Stadt ist ein Freilichtmuseum.

San Gimignano ist eine der größten Überraschungen auf meiner bisherigenTour. Man ist auch hier auf Touristen eingestellt, mir kommt es aber nicht so vordergründig vor. Es gibt hier ein Stadtmuseum, natürlich die Kirchen, ein Mittelalter-Kriminalmuseum, Restaurants und kleine Läden.

Die Stadtmauer scheint vollständig erhalten zu sein, ich komme noch an weiteren Stadttoren vorbei, durch die sich die Autos durchquälen müssen. Zwischen oder unter den Häusern gibt es schmale Gassen und Arkaden. Dann gehe ich auf der Stadtmauer entlang und werfe einen Blick auf die Weinberge. Zum Schluss habe ich mein eigenes Versprechen, nicht so viele Fotos zu machen, gebrochen und werde noch einmal schwach und trage aus der kleinen Osteria noch zwei Flaschen Wein zum Auto.

Als ich den Berg hinunter durch das Stadttor gehe, kommen mir bereits die ersten Touristen entgegen. Ich bedanke mich im Stillen bei den Altvorderen, dass sie diese verrückten Türme gebaut haben, sonst wäre dieses Städtchen vielleicht nicht auf die Welterbeliste und ich auch nicht hierher gekommen. (Video)

Resümee

Einmal Mittelalter live bitte – das gibt es in San Gimignano. Sobald man durch das Stadttor getreten ist, kann man sich dem Reiz dieses Ortes nicht entziehen. Und dabei sind die Geschlechtertürme nur ein Puzzleteil in den vielen interessanten Details, die es hier zu sehen und zu erleben gibt. Für mich war San Gimignano eine Überraschung und ich denke, ein Besuch sollte auf keiner Tour durch die Toskana fehlen.

Ich verstaue meinen Wein im Auto und meine Entdeckungsreise führt mich nach Siena, bevor ich in die über Jahrhunderte durch Weinberge und Zypressen geprägte Landschaft des Val d’Orcia komme.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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