Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Frühchristliche Denkmäler von Ravenna

Ravenna hatten wir auf unserer Toskana-Runde einen Kurzbesuch abgestattet und ich war zugegebenermaßen nicht sonderlich beeindruckt. Jetzt komme ich aus San Marino und nach meinem heutigen Besuch werde ich meine Meinung grundlegend geändert haben.

Die einzigartige Sammlung von frühchristlichen Mosaiken und Denkmälern in Ravenna steht seit 1996 auf der UNESCO-Welterbeliste. Die darin einbezogenen acht Gebäude – das Mausoleum der Galla Placidia, das neonische Baptisterium, die Basilika Sant’Apollinare Nuovo, das arianische Baptisterium, die erzbischöfliche Kapelle, das Mausoleum des Theoderich, die Kirche San Vitale und die Basilika Sant’Apollinare in Classe, wurden im 5. und 6. Jahrhundert n.Chr. erbaut. Im 5. Jahrhundert war Ravenna Sitz des Römischen Reiches und dann bis ins 8. Jahrhundert zunächst ostgotische und danach byzantinische Hauptstadt. Die Mosaike zeigen eine künstlerisch wunderbare Mischung aus griechisch-römischer Tradition, christlicher Ikonographie und orientalischen und westlichen Stilen. Die mit wertvollem Marmor, Stuck und Mosaiken geschmückten religiösen Denkmäler spiegeln die wichtigsten historischen, politischen und religiösen Ereignisse wider, die in Ravenna stattfanden. Die frühchristlichen Bauten Ravennas sind einzigartige Zeugnisse der künstlerischen Kontakte und Entwicklungen in einer höchst bedeutsamen Epoche der kulturellen Entwicklung in Europa und ein Inbegriff der religiösen Grabkunst und -architektur des 5. und 6. Jahrhunderts. Die Mosaike gehören zu den am besten erhaltenen Beispielen dieser Kunstform in Europa und haben durch die Vermischung westlicher und östlicher Motive und Techniken eine zusätzliche Bedeutung erlangt. Hier ist das Einführungsvideo.

Kaum habe ich die Märchenwelt von San Marino verlassen, holt mich die italienische Straßenwirklichkeit ein. Ich fahre zur Küste nach Ravenna. Parkplätze gibt es kurz außerhalb des Zentrums ausreichend und kostenlos, da werde ich in Ruhe bummeln.  Bald stehe ich in der kleinen Straße und vor dem Café, wo ich mit Linda gesessen habe. Ravenna gibt sich großstädtisch, vorfrühlingshaft und unaufgeregt.

Im Ticket Office bekomme ich, wegen der Corona-Maßnahmen, ein Zeitfenster von einer reichlichen Stunde, um die fünf Mausoleen und Kapellen zu besuchen und werde, mit einem Stadtplan* ausgestattet, auf die Runde geschickt.

Durch die Zugangsbeschränkungen habe ich auf meiner Runde den unheimlichen Vorteil, dass ich alle Stätten nur mit wenigen Besuchern teilen muss und in Ruhe genießen kann.

Meine erste Station ist das Mausoleum di Galla Placidia, von außen klein und unscheinbar, wie es da so im Garten der Basilika steht. Ich trete ein und bin sprachlos. Ich sehe hier Mosaike aus einer Zeit etwa 600 Jahre vor denen, die ich in Palermo bewundert habe, und bin gleichermaßen überwältigt.

Die Basilika di San Vitale, mein nächstes Ziel, steht dem Mausoleum nicht nach an Farbenpracht und Fülle. Ich habe ja schon in anderen Welterben Mosaike gesehen, aber diese hier sind unvergleichlich. (Video)

Ich laufe weiter durch die frühlingsnachmittägliche Altstadt von Ravenna. Zwischen den Welterbe-Stätten gibt es noch ausreichend schöne Gebäude zu sehen, die Stadt ist äußerst sauber und überhaupt nicht hektisch. Ich fühle mich auf meinem Rundgang wohl und Ravenna an sich, ganz abgesehen von den Mosaiken, gefällt mir ausnehmend viel besser als beim ersten Besuch.

Die Basilika di Sant’Apollinare Nuovo ist auf ihren 35 Meter-Länggsseiten mit Prozessionszügen geschmückt, interessanterweise auf der einen Seite mit 26 männlichen Heiligen, auf der anderen mit 22 jungfräulichen Märtyrerinnen. (Video)

Der nächste interessante Besuch gilt dem Rundbau des Baptisteriums Neoniano. Hier setze ich mich eine Weile in die Kühle und Stille und lasse die Stimmung auf mich wirken. (Video)

Meine letzte Station ist das Museum mit der Capella di Sant’Andrea. Die Ausstellung ist sehr interessant und zeigt noch einmal geschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge.

Die Capella di Sant’Andrea befindet sich in einem Flügel des Museums und ich habe Gelegenheit, mich mit einem Feuerwerk von Farben , Gold und Bildern von den schönen Mosaiken von Ravenna zu verabschieden. (Video)

Resümee

Ravenna ist eine der Überraschungen meiner Italien-Welterberunde. Die Stadt ist auf die Besucher vorbereitet, blank geputzt, unaufgeregt, gut ausgeschildert und steht ihren Gästen mit supernetter Betreuung an den Sehenswürdigkeiten und Rat und Tat zur Seite. Die einzigartige Fülle an völlig unterschiedlichen und mit fantastischen Mosaiken ausgeschmückten Bauwerken ist einzigartig und man sollte sie gesehen haben. (Video)

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* Das Mausoleum der Galla Placidia – klein, innen üppig, inspirierende Mosaiken vor dunkelblauem Hintergrund, weströmische Bautradition

Baptisterium – neonianisch, eingelegter Marmor, Stuck, mehrfarbige Mosaiken in der Kuppel, schönstes und vollständigst erhaltenes Beispiel eines frühchristlichen Baptisteriums, Blütezeit der Gotenherrschaft, Ikonen zur Taufe Christi in den Prinzipien des arianischen Glaubens

Basilika Sant’Apollinare Nuovo – pfälzische Kapelle während Herrschaft von Theoderich , Mosaiken im traditionellen römischen Stil mit byzantinischen Einfluss

Mausoleum von Theoderich – aus großen istrischen Steinblöcken um einen zentralen Raum herum, einziges erhaltenes Beispiel eines Grabes eines Barbarenkönigs

Kapelle des Erzbischofs – einziges orthodoxses Denkmal während der Herrschaft Theoderichs

Basilika von San Vitale – aus der Zeit von Justinian, eine der höchsten Schöpfungen der byzantinischen Architektur in Italien mit Elementen westlicher und östlicher Tradition.

5 km außerhalb Ravenna – Basilika Sant’Apollinare in Classe, mit zylindrischem Glockenturm und reichem Marmor und Mosaiken

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Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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