Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Die Dolomiten und die Felszeichnungen im Valcamonica


Ich habe gestern die Hügel des Prosecco besucht und mein italienisches Weinlager im Dobby vervollkommnet. Im strömenden Regen bin ich dann über Serpentinen und durch Tunnel gefahren. Am Morgen kann ich Hoffnung schöpfen, die Sonne geht auf und die Nebel steigen aus dem Tal, wo zur Schneeschmelze ein breiter Fluss fließt, jetzt ist es bloß ein Bach. Ich bin jetzt sieben Wochen unterwegs und fühle mich mit dem Leben im Auto immer noch wohl.

Auf dem Plan für heute steht eine Fahrt durch die Dolomiten zu den Felszeichnungen im Valcamonica.

Durch die Dolomiten

Die Dolomiten stehen seit 2009 auf der UNESCO-Welterbeliste. Das Gebiet umfasst eine Bergkette in den norditalienischen Alpen mit 18 Gipfeln, die sich über 3.000 Meter erheben und über 140.000 ha bedecken. Sie gelten als eine der schönsten Berglandschaften der Welt und besitzen eine Vielzahl spektakulärer Berge, die sich als Zinnen, Spitzen und Türme mit Felsvorsprüngen, Klippen und Plateaus im Kontrast stehen. Einige der Felsklippen erheben sich über 1.500 m und gehören zu den höchsten Kalksteinwänden der Welt. Zwischen den kahlen, blass gefärbten Felsflächen und den darunter liegenden Wäldern und Wiesen entsteht eine große Farbvielfalt. Weitläufige Panoramen wechseln sich mit einzelnen Berggipfeln und dazwischenliegenden Schluchten ab. Die Dolomiten haben dadurch eine unverwechselbare Kulisse. Für die erdwissenschaftliche Forschung gibt es in den Dolomiten eine außergewöhnliche Menge und Konzentration sehr unterschiedlicher Kalksteinformationen, deren hervorragend freigelegte Geologie einen Einblick in die Erholung des Meereslebens in der Trias-Zeit nach dem größten Aussterbeereignis in der Geschichte des Lebens auf der Erde gibt. Nicht zuletzt bildeten die Wälder der Dolomiten mit ihrem Holzvorkommen die Grundlage für die Gründung und den Bau der Stadt Venedig auf Pfählen und die Konstruktion der Segelschiffe für ihre Entwicklung als Seemacht. Davon berichtet dieser Einführungsfilm.

Zu den Dolomiten gehören sieben Bergformationen und ich versuche auf meiner Fahrt, die eine oder andere möglichst nahe zu umrunden und viele Eindrücke zu sammeln.

Heute kommt mal wieder meine Cockpit-Fotoapparat-Halterung mit Fernauslöser zum Einsatz. So kann ich einige Fotos unterwegs machen, ohne auf eine Parkmöglichkeit warten zu müssen. Hier ist es zu, schön um es einfach vorbeiziehen zu lassen.

Die Landschaft ist vielgestaltig, ich fahre durch grüne Täler und zwischen hohen Bergen. An einem Spiegel-Bergsee finde ich sogar einen Parkplatz.

Oben auf den Bergen liegt noch Schnee, hier unten blühen die Bäume in voller Pracht und natürlich gibt es zwischendurch Weinberge. Immer wieder sehe ich Stapel von Baumstämmen am Straßenrand und Holztransporte.

Die Farbe und Form der Felsen ändert sich. Die Sonne scheint, doch die Luft ist kalt und mein Picknick nehme ich im Auto ein. Dann kommt eine Straße hoch auf den Pass mit wunderschönen Ausblicken. Hier oben ist ein Wintersportort, die Seilbahn fährt noch und auf dem Parkplatz liegt der letzte Schnee. (Video)

Bis nach Valcamonica sind es reichlich 200 km und ich fahre einige Stunden durch die traumhafte und abwechslungsreiche Landschaft.

Die Felszeichnungen im Valcamonica


Valcamonica, das erste UNESCO-Welterbe Italiens aus dem Jahr 1979, besitzt eine der weltweit größten Sammlungen prähistorischer Petroglyphen – mehr als 140.000 Symbole und Figuren, die über einen Zeitraum von 8.000 Jahren in den Felsen geritzt wurden. Auf beiden Seiten des Flusstals gibt es Fundstätten, die Themen aus Landwirtschaft, Jagd, Krieg und Magie darstellen. Die Felszeichnungen von Valcamonica besitzen als archäologische Überreste ein hohes Maß an Authentizität in Form, Ikonographie und Material. Sie werden kontinuierlich überwacht und restauriert. Im Gebiet gibt es ein spezielles Netzwerk von Parks mit Felsgravuren. Hier ist ein Einführungsvideo.

Nachdem es steil bergab gegangen ist, komme ich in ein recht liebliches Tal. Die Felszeichnungen sind entlang des Tales verteilt und ich habe mir den Ort Capo di Ponte mit dem prähistorischen Nationalmuseum als Ziel gesucht, er liegt am Ende des Tals.

Capo di Ponte ist voller Bilder der Felszeichnungen und Hinweise auf den UNESCO-Titel, doch erst mit einiger Mühe kann ich das Museum finden. Es ist geschlossen, öffnet irgendwie einmal im Monat. Auch mein zweiter Anlauf zur Touri-Info ist nicht von Erfolg gekrönt. Ich begebe mich also nach einem gezeichneten Stadtplan den Berg hinauf und an der kleinen Kirche vorbei, auf die Spurensuche.



Die Silhouette der Berge ist dolomitisch, doch der Weg zu den Felszeichnungen nicht zu finden. Endlich entdecke ich in einem privaten Garten einen großen Stein und gegenüber zweigt dann auch der Weg ab.

Entlang des recht romantischen Weges liegen große moosbewachsene Steine und mit norwegengeschultem Blick (Link) erkenne ich ein paar Striche. Mein Ehrgeiz ist geweckt und ich gehe immer weiter, folge einem Pfeil den Berg hinauf. Überall liegen noch die vertrockneten Blätter vom Herbst und Winter und die Suche wird langsam frustrierend.

Ich könnte mir vorstellen, dass die schönsten Exponate im Museum ausgestellt sind. Das eine oder andere Strichlein kann ich aber dann doch noch entdecken. Eigentlich sind fast alle großen Steine voll mit blassen Bildern, aber der Sonnenschein und der Schatten von den Bäumen macht es mir noch schwerer, sie zu finden und ein Foto zu machen. Beschilderung oder Erläuterung sind ebenfalls Fehlanzeige, ein Pfeil weist weiter den Trampelpfad steil bergauf. Alleine meine Schrittuhr freut sich.

Trotzdem, die uralten Spuren der Bewohner vor vielen Tausend Jahren hier im Wald zu finden, spornt an. Ich untersuche akribisch jeden verdächtigen Stein und kann, dank meiner Schweden- und Norwegen-Erfahrung, doch noch das eine oder andere Motiv finden und eine Bedeutung reingeheimnissen, Welterbeerfahrung zahlt sich langsam aus. Dann entdecke ich den Baum aus dem Video und bin ganz stolz und neu motiviert. Ich bin hier schon mehr als eine Stunde im Wald unterwegs und der Weg nimmt kein Ende, doch die Neugier treibt mich weiter. Am Ende kommt doch noch per Zufall die Überraschung, denn plötzlich stehe ich vor den erläuterten Steinen.

Die Zeichnungen sind zwar auch mit den Hinweisen recht schwer zu entdecken, aber hier gibt es eine Vielzahl von Bildern und Motiven und ich mache neben den beiden auf den Fotos am Anfang den einen oder anderen wirklich schönen Fund.

Jetzt bin ich sehr zufrieden mit meiner Entdeckung und meinem Rundgang. Vielleicht bin ich schlichtweg zum falschen Eingang reingegangen oder zu zeitig in den Wald auf den Berg abgebogen, ich kann es nicht sagen. Eine tolle Spurensuche war es am Ende und eigentlich mag ich es ja auch nicht unbedingt auf dem Präsentierteller. In der Nähe gibt es noch ein kleines historisches Dörfchen, die Welterbestätte ist (an der richtigen Stelle) wirklich liebevoll präsentiert. (Video)

Ich habe heute mein letztes Welterbe in Italien besucht, morgen werde ich mir die rhätische Bahn von Tirano nach St. Moritz anschauen.


Heute fahre ich im Flusstal zwei Orte zurück und stehe wunderschön zwischen den schneebedeckten Bergen auf einem kleinen Picknickplatz am Fluss.

Am Morgen geht die Sonne recht spektakulär hinter den Bergen auf.

Ich stehe hier im Tal, wo vor tausenden von Jahren schon Menschen gelebt haben und durch die Bilder auf den Felsen gestern ist das hier irgendwie gegenwärtiger als sonst. Das ist schon ein ganz eigenartiges Gefühl.

Resümee

Die Dolomiten sind schon beim durchfahren traumhaft schön, abwechslungsreich, bunt und einzigartig. Es lohnt sich, wenigstens einige Stopps einzulegen oder besser, hier einen Wander- oder auch Kletterurlaub zu machen. Angebote dafür gibt es in jedem der Nationalparks. In den Teilen der Dolomiten, durch die ich gefahren bin, waren die Berglandschaften lieblicher als die Alpen. Das mag außer an den hellen Kalksteinwänder sicher auch an der Sonne und der italienischen Mentalität, den Weinbergen und natürlich in meinem Fall, dem Frühling, liegen. Für mich waren die Dolomiten ein wunderbarer Teil meiner italienischen Welterberunde.

Mit dem Welterbe der Felszeichnungen im Valcamonica habe mich schwergetan. Schade, dass das Museum in Capo di Ponte so selten und die Info nur kurz geöffnet hat. Ich habe zunächst nicht den richtigen Einstieg gefunden bzw. gewählt. Vielleicht bin ich auch nur verwöhnt von den als Museum angelegten Welterben in Norwegen und Schweden. Hier hat man, sicher auch bedingt durch das riesige Gelände, eine andere Art der Präsentation gewählt und mehr auf das gute Auge und die Neugier der Besucher gesetzt. Und wenn man den Pfad der Steine erst einmal gefunden hat, dann wird man mit einer beispiellosen Fülle und Vielfalt von Zeichnungen belohnt. Dazu gibt es sehr gute Erläuterungen, Aussichtspunkte, Picknicktische und zuletzt das kleine Dörfchen. Eingebettet in die wunderbare Landschaft kann ich eine Wanderung in die Vergangenheit des Valcamonica unbedingt empfehlen.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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