Welterbe-Projekt

Welterbe (auf)gespürt und (er)fahren – I – Kirche und Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie in Mailand

Da Vincis Abendmahl zu sehen war uns auf der Toscana-Rundreise vor einigen Jahren wegen des großen Besucheransturmes nicht gelungen, dieses Mal scheitere ich an den geringen Besucherzahlen, die durch die coronabedingten Einlassbeschränkungen nur erlaubt sind. Ich hatte meinen Zeitfonds in der Schweiz nicht fest geplant und dazu etwas blauäugig vermutet, dass es jetzt Ende März noch Tickets (zum Normalpreis) geben würde. Dann werde ich eben irgendwann einen dritten Versuch starten, Mailand hat ja noch unendlich mehr zu bieten.

Das Kloster Santa Maria delle Grazie steht seit 1980 auf der UNESCO-Welterbeliste. Der Bau des Refektoriums wurde 1463 von Guiniforte Solari begonnen und Ende des 15. Jahrhunderts von Bramante, einem der großen Meister der Renaissance, überarbeitet und beendet. Bramante vergrößerte die Kirche und fügte halbkreisförmige Apsiden, eine wunderschöne trommelförmige säulengetragene Kuppel, den spektakulären Kreuzgang und das Refektorium hinzu. An dessen Nordwand befindet sich Da Vincis Meisterwerk, das Letzte Abendmahl, das zwischen 1495 und 1497 gemalt wurde. Dieses Werk läutete eine neue Ära in der Kunst ein. Das Gemälde stellt den Moment unmittelbar nachdem Christus gesagt hatte: „Einer von euch wird mich verraten“, dar. Da Vinci lehnte die klassische Komposition ab und positionierte Jesus inmitten der Apostel, die in vier Gruppen von drei Figuren auf beiden Seiten von Christus angeordnet sind. Die zwölf Apostel reagieren unterschiedlich, ihre Bewegungen und Gedanken sind in Leonardos Werk großartig eingefangen. Das Genie des Künstlers zeigt sich besonders in der Verwendung von Licht und Schatten und der starken Perspektive. Da Vinci arbeitete in Tempera auf einer zweischichtigen Putzfläche, die keine Farbe aufnahm. Bereits 1568 traten erstmals Probleme dieser Maltechnik auf. Im zweiten Weltkrieg wurden Teile des Klosters schwer zerstört, aber es gelang, das wertvolle Wandbild zu retten. Hier gibt es dazu ein Video.

Das letzte Abendmahl, das Leonardo da Vinci vor 500 Jahren im Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie geschaffen hat, ist eines der größten Meisterwerke der Malerei. Sein einzigartiger Wert, der im Laufe der Jahrhunderte einen immensen Einfluss auf die bildende Kunst hatte, ist untrennbar mit dem architektonischen Komplex des Klosters verbunden, in dem es geschaffen wurde.

Über den Autobahnring, vorbei an den modernen gläsernen Hochhausfronten und durch den Stadtverkehr von Mailand finde ich den gefühlt letzten Parkplatz nahe des Klosters.

Es nieselt, der Platz vor dem Kloster ist fast menschenleer.

Die Klosterkirche ist geschlossen und ich finde kein Schild oder jemanden, der über die Öffnungszeiten Auskunft geben könnte. Da Vincis Meisterwerk ist durch einen eigenen Museumskomplex geschützt und streng bewacht und, obwohl heute kaum Menschen hier zu sehen sind, sind die Tickets ausverkauft. So etwas kann bei spontanen Besuchen passieren und ich setze deshalb meinen Ehrgeiz daran, wenigstens in die Kirche oder das Kloster zu kommen.

Ich umrunde die alten Mauern der beeindruckenden Anlage und gehe ein Stück Richtung Stadtzentrum.

Am Seiteneingang des Klosters treffe ich schließlich einen Mann der Kirche, der mir sagen kann, dass diese in einer Stunde öffnen wird. Die Blicke durch die Mauer in den Klostergarten machen Vorfreude.

Die Straßen sind gesäumt von großen Palästen und ich kann durch einige Eingänge und in die Höfe schauen, die mit Skulpturen, Marmor und Stuck reich verziert sind.

Gegenüber des Klosters entdecke ich durch Zufall die Villa Casa degli Atellani, in der die Kloster-Baumeister und auch Da Vinci während ihres Aufenthaltes in Mailand gewohnt hatten. Im Garten der Villa befindet sich Leonardos Weingarten.

Die Kirche ist wie erwartet weitläufig, sehr schön bemalt und reich ausgestaltet. Es gibt einen Plan und ausreichend Erläuterungen und ich finde sogar einen Hinweis, dass das Kloster an ausgewählten Tagen besichtigt werden kann.

Zu meiner großen Freude finde ich auch eine kleine Tür, die in den Klostergarten führt. Als ich durch den Kreuzgang gehe und mich umdrehe, sehe ich plötzlich die Kathedrale durch die Bögen- jetzt bin ich vollends zufrieden mit der Stimmung und meinem Besuch und habe auch mein Foto des Tages.

Ich füge an dieser Stelle Fotos der beiden Gemälde im Refektorium an, die im Internet gemeinfrei zur Verfügung stehen (Da Vinci – Abendmahl und Giovanni Donato Montorfano – Kreuzigung):

Resümee

Ich würde selbst gerne einmal vor Da Vincis Abendmahl stehen und den Plan habe ich auch nicht aufgegeben. Trotzdem war mein heutiger Besuch im Kloster stimmig und interessant. Ich habe erfahren, dass das Kloster jeweils am ersten und dritten Samstag im Monat im Rahmen einer Führung besichtigt werden kann. Und für das Gemälde von Leonardo Da Vinci benötigt man unbedingt ein vorgebuchtes Ticket. Aber – in Mailand gibt es viel zu sehen, und das Kloster Santa Maria delle Grazie sollte auf der Besuchsliste auf keinen Fall fehlen.

Aus Mailand komme ich schneller als gedacht, ich fahre entgegen des Berufsverkehrs durch die wunderschöne Landschaft rund um den Fluss Po. Leider ist es regnerisch und die Wolken hängen tief, so dass die vielen schönen Blicke keine Fotos hergeben – ich sehe große römische Bogenbrücken, imposante Kirchen mit grünen Kupferdächern und Orte mit Kathedralen im Stil der Mailänder Klosterkirche.

Mein Zielort Ivrea überrascht mich dann gleich am Eingang mit einem Übernachtungsplatz am Fluss und Aussicht auf die Silhouette der Altstadt.

Tipp:

Mein Welterbeprojekt habe ich hier vorgestellt und die gesamte Tour in den Süden ist hier beschrieben. Alles über den Ausbau meines Minicampers ist hier nachzulesen, die Komplettierungen mit Solar und Bordbatterie habe ich hier dokumentiert. Während ich wochenlang unterwegs war, habe ich einige Veränderungen geplant – die aktuelle Einrichtung ist hier zu sehen und weitere nützliche Ausstattungen stehen hier.

Die Übernachtungsplatzsuche mit der App park4night habe ich getestet, besitze wegen der Schweiz die Offline-Version und kann sie empfehlen. Jeden besuchten Platz habe ich auch bewertet (5Reisende). Nützlich ist es auf jeden Fall, unterwegs auch eine App für öffentliche Toiletten zu haben (z.B. für weltweite Suche Toiletten Scout).

Hier geht es zu den Geschichte(n)-Orte in Europa Impressionen, Karten und Vorschläge für eure Tour zum Download

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